Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So wahr uns Gott helfe

So wahr uns Gott helfe

Titel: So wahr uns Gott helfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
oder nicht?«
    »Haben sie, ja. Aber Surfen ist doch sowieso eine Sache, bei der man von Tag zu Tag oder Welle zu Welle plant, oder nicht?«
    Er nickte, und ich achtete auf seine Augen. Sie wanderten immer wieder zum Spiegel und blickten zu mir nach hinten.
    »Sie wollen mich doch schon die ganze Zeit was fragen, Patrick, oder?«
    »Äh, ja, ich hätte da eine Frage. Sie wissen ja, dass Vincent meinen Fisch bei sich an der Wand hängen hat.«
    »Ja.«
    »Na ja, und deshalb dachte ich, äh, ob er vielleicht auch noch irgendwo ein paar von meinen Boards rumstehen hat.«
    Ich schlug die Akte wieder auf und blätterte zur Aufstellung des Insolvenzverwalters. Darin waren zwölf Surfbretter und die für sie erzielten Preise aufgeführt.
    »Sie haben ihm zwölf Bretter überlassen, richtig?«
    »Ja, alle, die ich hatte.«
    »Und er hat sie seinem Insolvenzverwalter weitergegeben.«
    »Wem?«
    »Jemandem, den er immer eingeschaltet hat, wenn er von seinen Mandanten in Naturalien ausbezahlt wurde. Sie wissen schon, hauptsächlich Schmuck, Häuser, Autos. Die hat der Insolvenzverwalter dann für ihn verkauft, damit er sie als Honorar verbuchen konnte. Der Aufstellung zufolge hat der Insolvenzverwalter alle zwölf Bretter verkauft und Vincent nach Abzug seiner zwanzig Prozent Provision viertausendachthundert Dollar überwiesen.«
    Patrick nickte, erwiderte aber nichts. Ich beobachtete ihn eine Weile und sah dann wieder auf die Liste des Insolvenzverwalters. Ich erinnerte mich, dass Patrick bei unserem ersten Telefonat gesagt hatte, die zwei Longboards seien am wertvollsten gewesen. Auf der Liste standen zwei Bretter, deren Länge mit drei Meter angegeben war. Beide waren von One World in Sarasota, Florida, angefertigt worden. Eines war für eintausendzweihundert Dollar an einen Sammler gegangen, das andere für vierhundert Dollar bei eBay versteigert worden. Die hohe Preisdifferenz deutete darauf hin, dass der eBay-Verkauf fingiert war. Wahrscheinlich hatte der Insolvenzverwalter das Brett zu einem günstigen Preis an sich selbst verkauft. Und anschließend hatte er es mit Gewinn weiterverkauft oder für sich behalten. Jeder hat so seine Tricks drauf. Ich eingeschlossen. Wenn er das Board noch nicht weiterverkauft hatte, rechnete ich mir noch eine Chance aus.
    »Wie wär’s, wenn ich eins der Longboards zurückbekäme?«, fragte ich Patrick.
    »Das wäre natürlich absolut super! War wirklich blöd von mir, dass ich nicht wenigstens eins behalten habe.«
    »Versprechen will ich mal noch nichts. Aber ich werde sehen, ob sich da was machen lässt.«
    Ich beschloss, Cisco darauf anzusetzen. Wenn er bei dem Insolvenzverwalter anrückte und ihm ein paar Fragen stellte, wäre der Mann vermutlich entgegenkommender.
    Den Rest der Fahrt schwiegen Patrick und ich. Zwanzig Minuten später bogen wir in die Einfahrt von Walter Elliots Strandhaus. Es war im maurischen Stil erbaut, weißer Stein mit dunkelbraunen Läden. Der Mittelteil der Fassade ragte turmartig in den blauen Himmel. Auf dem Kopfsteinpflaster vor dem Eingang stand ein silberfarbener Mittelklasse-Mercedes. Wir parkten daneben.
    »Soll ich hier warten?«, fragte Patrick.
    »Ja. Ich schätze, es wird nicht allzu lange dauern.«
    »Ich kenne dieses Haus. Es ist auf der Rückseite total verglast. Ich habe hier ein paarmal zu surfen versucht, aber man kommt von hier nicht raus, und das Meer ist zu unruhig.«
    »Entriegeln Sie bitte den Kofferraum.«
    Ich stieg aus und ging nach hinten, um meine Digitalkamera zu holen. Ich schaltete sie ein, um mich zu vergewissern, dass der Akku geladen war, und fotografierte probeweise die Fassade des Hauses. Die Kamera funktionierte, und es konnte losgehen.
    Ich marschierte auf den Eingang zu, und noch bevor ich klingeln konnte, öffnete sich die Tür. Mrs. Albrecht stand vor mir, so bezaubernd, wie ich sie am Tag zuvor gesehen hatte.
ACHTZEHN
    A ls mir Walter Elliot erklärt hatte, jemand ließe mich in das Strandhaus, hatte ich nicht damit gerechnet, dass er eigens seine Chefsekretärin nach Malibu schicken würde.
    »Mrs. Albrecht, guten Tag.«
    »Guten Tag, Mr. Haller. Ich bin auch eben erst angekommen und habe schon befürchtet, ich hätte Sie verpasst.«
    »Nein, nein. Ich bin eben im Moment eingetroffen.«
    »Treten Sie doch bitte ein.«
    Unter dem Turm erstreckte sich der große, zweigeschossige Eingangsbereich des Hauses. Ich blickte nach oben und bemerkte einen schweren schmiedeeisernen Leuchter an der Decke. Er war voller

Weitere Kostenlose Bücher