So wahr uns Gott helfe
gestern Nacht in die Mangel genommen haben, war der Ermittler, Bruce Carlin.«
»Wer hat Ihnen das erzählt?«
»Sie gerade. Eine klassische Dreiecksbeziehung. Genau das, wo man zuallererst nachsieht.«
»Ah, der schlaue Herr Anwalt. Aber wie gesagt, es hat sich als Sackgasse erwiesen. Wir haben uns eine ganze Nacht um die Ohren geschlagen, und am Morgen waren wir wieder genauso weit wie zuvor. Aber jetzt würde ich von Ihnen gern was über das Geld hören.«
Er hatte den Knaller prompt zurückgeworfen.
»Welches Geld?«
»Das Geld auf den Geschäftskonten. Aber wahrscheinlich werden Sie mir jetzt erzählen, das fällt unter die Geheimhaltungspflicht.«
»Vermutlich müsste ich in dem Punkt wirklich die Meinung der Richterin einholen. Aber zum Glück erübrigt sich das. Meine Assistentin ist in Sachen Buchhaltung absolut unschlagbar. Sie hat sich die Bücher bereits vorgenommen und mir versichert, dass sie ordentlich geführt sind. Jeder Cent, den Vincent eingenommen hat, ist belegt.«
Bosch zeigte keine Reaktion, deshalb fuhr ich fort:
»Hören Sie, Detective. Wenn Anwälte in Schwierigkeiten geraten, ist es meistens wegen des Geldes. Die liebe Buchführung. In dem Bereich gibt es keine Grauzonen. Hier steckt die Anwaltskammer mit Vorliebe ihre Nase rein. Ich habe die korrekteste Buchführung der ganzen Branche, weil ich ihnen keine Chance geben will, mir was am Zeug zu flicken. Und deshalb wäre es mir und meiner Assistentin Lorna sofort aufgefallen, wenn an Vincents Büchern irgendetwas nicht koscher wäre. Jerry hat sich höchstens ein bisschen zu schnell selbst ausbezahlt, aber daran ist rechtlich gesehen nichts auszusetzen.«
Ich bemerkte, wie Boschs Augen aufleuchteten.
»Was ist?«
»Was soll das heißen: Er hat sich ein bisschen zu schnell selbst ausbezahlt?«
»Okay, lassen Sie mich ganz von vorn anfangen. Die Sache funktioniert folgendermaßen. Man gewinnt einen Mandanten und kassiert von ihm einen Vorschuss. Dieses Geld wandert auf das Treuhandkonto. Es gehört zwar nach wie vor dem Mandanten, aber man hält die Hand darauf, denn man will sichergehen, dass man am Ende das Honorar wirklich erhält. So weit alles klar?«
»Verstehe. Sie können Ihren Mandanten nicht trauen, weil sie Kriminelle sind. Deshalb kassieren Sie das Geld im Voraus und legen es auf ein Treuhandkonto. Und davon bezahlen Sie sich dann, wenn Sie Ihren Job machen.«
»Mehr oder weniger. Jedenfalls liegt das Geld auf dem Treuhandkonto. Und wenn man Gerichtstermine hat, sich auf den Prozess vorbereitet und so weiter, bucht man die entsprechenden Honorare auf das Geschäftskonto um. Und von diesem Geschäftskonto zahlt man dann seine eigenen Rechnungen. Miete, Sekretärin, Ermittler, Fahrzeugkosten und so weiter und so fort. Und sich selbst bezahlt man auch.«
»Okay, und inwiefern hat sich Vincent nun zu schnell ausbezahlt?«
»Also, damit will ich nicht behaupten, dass er das wirklich getan hat. Das handhabt jeder nach eigenem Ermessen. Allerdings geht aus seinen Büchern hervor, dass nie allzu viel Geld auf dem Geschäftskonto war. Er hatte einen dicken Fisch an Land gezogen, von dem er einen hohen Vorschuss bekommen hatte, aber dieses Geld wanderte ziemlich schnell vom Treuhand- auf das Spesenkonto. Und nach Begleichung der Kosten ging das, was noch übrig war, sofort als Gehalt an Jerry.«
Boschs Körpersprache verriet mir, dass ich etwas angeschnitten hatte, das ihm wichtig erschien. Er hatte sich kaum merklich vorgebeugt und Schultern und Hals angespannt.
»Walter Elliot«, sagte er. »War das der dicke Fisch?«
»Das darf ich Ihnen leider nicht sagen, aber es ist wohl nicht schwer zu erraten.«
Bosch nickte, und ich konnte sehen, wie es in ihm arbeitete. Ich wartete, aber er schwieg.
»Inwiefern hilft Ihnen das, Detective?«, fragte ich schließlich.
»Darf ich Ihnen leider nicht sagen, aber ich schätze, auch das ist nicht schwer zu erraten.«
Ich nickte. Er hatte es mir prompt heimgezahlt.
»Schauen Sie, wir haben beide Regeln, an die wir uns halten müssen«, sagte ich. »Wir sind wie zwei Seiten derselben Münze. Ich tue lediglich meinen Job. Und wenn es sonst nichts gibt, womit ich Ihnen helfen kann, würde ich mich jetzt gern wieder an die Arbeit machen.«
Bosch musterte mich und schien eine Entscheidung zu treffen.
»Wen hat Jerry Vincent im Fall Elliot geschmiert?«, fragte er schließlich.
Die Frage kam völlig unerwartet. Ich hatte nicht mit ihr gerechnet, aber wenige Augenblicke nachdem er sie
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