Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So wahr uns Gott helfe

So wahr uns Gott helfe

Titel: So wahr uns Gott helfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
Ansonsten muss ich Sie darauf hinweisen, dass er Ihnen nicht zur Verfügung steht. Er wird mit Ihnen weder darüber noch über sonst etwas sprechen.«
    Bosch schüttelte den Kopf.
    »Mir ist klar, dass jeder Versuch, mit ihm zu reden, reine Zeitverschwendung wäre. Er verschanzt sich hinter seinem Rechtsvertreter. Und an der anwaltlichen Schweigepflicht würde ich mir nur die Zähne ausbeißen. Aber Sie sollten das als Warnung auffassen.«
    »Inwiefern?«
    »Ganz einfach. Sein Anwalt ist ermordet worden, nicht er. Denken Sie darüber nach. Und achten Sie auf dieses unangenehme Prickeln im Nacken. Auf diesen kalten Schauer, der ihnen verrät, dass Sie besser auf der Hut sind. Weil Sie in akuter Lebensgefahr schweben.«
    Ich erwiderte sein Lächeln.
    »Ach, davon kriegt man das? Ich dachte immer, das Gefühl bekäme man, wenn man merkt, dass einen jemand verscheißern will.«
    »Ich erzähle Ihnen nur die Wahrheit.«
    »Sie spielen schon seit zwei Tagen ein Spiel mit mir, tischen mir irgendwelchen Unsinn über Schmiergeldzahlungen und das FBI auf. Versuchen die ganze Zeit, mich an der Nase herumzuführen. Aber das war Zeitverschwendung. Deshalb bitte ich Sie jetzt zu gehen, Detective. Ich habe nämlich zu tun.«
    Ich erhob mich und wies in Richtung Tür. Bosch stand ebenfalls auf, machte jedoch keine Anstalten, den Raum zu verlassen.
    »Das glauben Sie doch selbst nicht, Haller. Sie begehen einen Riesenfehler.«
    »Danke für den Tipp.«
    Endlich wandte sich Bosch zum Gehen. Doch dann hielt er inne, kam noch einmal zum Schreibtisch zurück und zog dabei etwas aus der Innentasche seines Jacketts.
    Es war ein Foto. Er legte es auf den Schreibtisch.
    »Kennen Sie diesen Mann?«, fragte Bosch.
    Ich betrachtete das Foto. Es war ein grobkörniges Standbild aus einem Video. Es zeigte einen Mann, der durch den Eingang eines Bürohauses ins Freie trat.
    »Das ist doch der Eingang des Legal Center hier, oder?«
    »Erkennen Sie ihn?«
    Die Aufnahme war aus einiger Entfernung gemacht und stark vergrößert worden, weshalb sie ziemlich unscharf war. Der Mann auf dem Foto sah aus, als sei er lateinamerikanischer Abstammung. Er hatte dunkle Haut, dunkles Haar und einen Pancho-Villa-Schnurrbart, wie Cisco mal einen gehabt hatte. Er trug einen Panamahut, eine Lederjacke und darunter ein Hemd mit offenem Kragen. Als ich das Foto genauer studierte, wurde mir klar, warum sie ausgerechnet dieses Standbild aus dem Überwachungsvideo ausgewählt hatten. Beim Öffnen der Tür war die Jacke des Mannes verrutscht, und in seinem Hosenbund steckte etwas, das wie eine Pistole aussah.
    »Ist das eine Schusswaffe? Ist er der Mörder?«
    »Können Sie eigentlich auch mal eine Frage beantworten, ohne eine Gegenfrage zu stellen? Kennen Sie diesen Mann? Das ist alles, was ich wissen will.«
    »Nein, ich kenne ihn nicht, Detective. Zufrieden?«
    »Das ist schon wieder eine Frage.«
    »Entschuldigung.«
    »Sie haben den Mann wirklich noch nie gesehen?«
    »Beschwören könnte ich es nicht. Aber es ist ja auch nicht gerade ein tolles Foto. Woher haben Sie es?«
    »Von einer Überwachungskamera am Broadway, Ecke Second. Sie schwenkt über die Straße, weshalb wir nur ein paar Sekunden von dem Kerl haben. Mehr können wir leider nicht bieten.«
    Ich wusste, dass die Stadtverwaltung in den letzten paar Jahren entlang der Hauptverkehrsadern stillschweigend Kameras installiert hatte. Straßen wie der Hollywood Boulevard wurden optisch komplett überwacht. Auch der Broadway kam für so eine Maßnahme in Frage. Tagsüber wimmelte es hier von Passanten und Autos. Und es war die Straße, auf der am häufigsten Demonstrationen veranstaltet wurden.
    »Na ja, jedenfalls besser als nichts. Glauben Sie, die Haare und der Schnurrbart sind eine Verkleidung?«
    »Lassen Sie mich die Fragen stellen. Könnte dieser Mann einer Ihrer neuen Mandanten sein?«
    »Keine Ahnung. Ich habe mich noch nicht mit allen getroffen. Wenn Sie mir das Foto hierlassen, zeige ich es Wren Williams. Sie weiß besser als ich, ob es ein Mandant ist.«
    Bosch griff nach dem Foto und nahm es wieder an sich.
    »Ich habe nur dieses eine. Wann kommt sie zur Arbeit?«
    »Etwa in einer Stunde.«
    »Dann komme ich später nochmal her. In der Zwischenzeit, Herr Anwalt, passen Sie gut auf sich auf.«
    Er formte eine Fingerpistole, richtete sie auf mich und verließ dann das Büro. Ich saß da, starrte auf die Tür und dachte über seine Worte nach. Halb erwartete ich, er käme noch einmal zurück und würde

Weitere Kostenlose Bücher