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So wahr uns Gott helfe

So wahr uns Gott helfe

Titel: So wahr uns Gott helfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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angehen, immer schön Schritt für Schritt. Ich versuche, ihr zu zeigen, dass wir wieder eine Familie sein können.«
    Sie schwieg und starrte auf ihren Teller hinab.
    »Alles klar, Schatz?«
    »Alles klar.«
    »Hast du dir schon überlegt, was du unternehmen willst?«
    »Am liebsten würde ich zu dir nach Hause fahren und Fernsehen schauen.«
    »Gut. Das ist mir auch am liebsten.«
    Wir packten ihre Schulsachen zusammen, und ich legte Geld auf die Rechnung. Während der Fahrt über den Hügel erwähnte sie, ihre Mutter habe ihr erzählt, ich hätte einen wichtigen neuen Job. Das überraschte und freute mich.
    »Na ja, es ist kein wirklich neuer Job. Ich mache weiter das, was ich immer schon gemacht habe. Aber ich habe viele neue Fälle, darunter einen sehr wichtigen. Ist es das, was Mami dir erzählt hat?«
    »Sie hat gemeint, du hast einen großen Fall, alle sind neidisch, und du machst deine Sache richtig gut.«
    »Das hat sie gesagt?«
    »Ja.«
    Ich schwieg eine Weile und dachte über die Bemerkungen meiner Tochter nach. Vielleicht hatte ich doch noch nicht alles versaut. In mancher Hinsicht respektierte mich Maggie offensichtlich immer noch. Vielleicht hatte es etwas zu bedeuten.
    »Ähm …«
    Ich betrachtete meine Tochter im Rückspiegel. Draußen war es inzwischen dunkel, trotzdem starrte sie aus dem Fenster und vermied meinen Blick. Kinder sind manchmal so leicht zu durchschauen. Wenn Erwachsene das nur auch wären!
    »Was ist, Hay?«
    »Ach, ich habe nur gerade überlegt, warum du nicht auch das machen kannst, was Mami macht.«
    »Wie meinst du das?«
    »Na ja, böse Leute ins Gefängnis bringen. Sie hat gesagt, bei diesem wichtigen Fall von dir geht es um einen Mann, der zwei Menschen umgebracht hat. Es ist, als ob du immer den Bösen helfen würdest.«
    Ich schwieg eine Weile, bis ich die richtigen Worte fand.
    »Der Mann, den ich verteidige, wird beschuldigt, zwei Menschen umgebracht zu haben, Hayley. Aber bisher hat noch niemand bewiesen, dass er etwas Unrechtes getan hat. Und so lange gilt er als unschuldig.«
    Sie erwiderte nichts, aber ihre Zweifel waren deutlich spürbar. So viel zur Unschuld von Kindern.
    »Hayley, was ich tue, ist genauso wichtig wie das, was Mami tut. Wenn in unserem Land jemand eines Verbrechens beschuldigt wird, hat er das Recht, sich zu verteidigen. Was wäre zum Beispiel, wenn dir in der Schule fälschlicherweise vorgeworfen würde, du hättest abgeschrieben? Würdest du dann nicht gern alles erklären und dich verteidigen?«
    »Doch, schon.«
    »Das will ich doch meinen. Und genauso ist es im Gericht. Wenn du eines Verbrechens beschuldigt wirst, kannst du dir einen Anwalt wie mich nehmen, damit er dir hilft, alles zu erklären und dich zu verteidigen. Die Gesetze sind sehr kompliziert, und es ist sehr schwierig für jemanden, sich selbst zu verteidigen, wenn er die ganzen Regeln mit den Beweisen und allem anderen nicht kennt. Deshalb helfe ich ihnen. Das bedeutet aber nicht, dass ich gut finde, was diese Leute getan haben. Falls sie es überhaupt getan haben. Aber es ist ein Bestandteil unseres Rechtssystems. Ein wichtiger Bestandteil.«
    Diese Erklärung klang selbst in meinen eigenen Ohren halbherzig. Rein verstandesmäßig glaubte ich jedes Wort davon. Aber auf der Vater-Tochter-Ebene fühlte ich mich wie einer meiner Mandanten, der sich im Zeugenstand wand. Wie konnte ich ihr etwas überzeugend vermitteln, wenn ich selbst gewisse Zweifel daran hegte?
    »Hast du schon mal unschuldigen Leuten geholfen?«, fragte meine Tochter.
    Diesmal vermied ich ihren Blick im Spiegel.
    »Einigen, ja.«
    Es war das Beste, was ich guten Gewissens sagen konnte.
    »Mami hat eine Menge schlechte Menschen ins Gefängnis geschickt.«
    Ich nickte.
    »Ja, das hat sie. Und ich hab immer gedacht, wir würden uns mit unserer Arbeit großartig ergänzen. Aber inzwischen …«
    Es war nicht nötig, den Gedanken zu Ende zu führen. Ich schaltete das Radio an und drückte die Taste für den Disney-Musikkanal.
    Das Letzte, was ich auf der Fahrt nach Hause dachte, war, dass Erwachsene vielleicht doch genauso leicht zu durchschauen waren wie ihre Kinder.
EINUNDZWANZIG
    N achdem ich meine Tochter am Donnerstagmorgen in die Schule gebracht hatte, fuhr ich direkt zu Jerry Vincents Kanzlei. Es war noch früh, und es herrschte wenig Verkehr. Als ich in das Parkhaus neben dem Legal Center rollte, hatte ich es fast für mich allein. Die meisten Anwälte kamen erst gegen neun zur Arbeit, wenn die Gerichte

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