So wahr uns Gott helfe
gestellt hatte, war mir klar, dass sie den eigentlichen Grund für seinen Besuch darstellte. Bis zu diesem Punkt war alles nur Vorgeplänkel gewesen.
»Wie bitte? Stammt das vom FBI?«
»Ich habe keinen Kontakt zum FBI.«
»Von was reden Sie dann eigentlich?«
»Von Schmiergeldzahlungen.«
»An wen?«
»Das wüsste ich gern von Ihnen.«
Ich schüttelte den Kopf und lächelte.
»Also, wie bereits gesagt, an der Buchführung gibt es nichts auszusetzen. Es …«
»Würden Sie es in Ihren Büchern vermerken, wenn Sie jemandem einhunderttausend Dollar Schmiergeld zahlen?«
Ich dachte an Jerry Vincent und den Tauschhandel, den er mir im Fall Barnett Woodson angeboten hatte. Damals hatte ich abgelehnt und ihm am Schluss sogar noch einen Freispruch um die Ohren gehauen. Das hatte zwar Vincents Leben von Grund auf verändert, wofür er mir wahrscheinlich noch aus dem Grab heraus dankte, aber womöglich nichts an seinen zwielichtigen Praktiken.
»Stimmt«, gab ich zu. »Das würde ich wohl lieber bleibenlassen. Also, was verschweigen Sie mir?«
»Was ich Ihnen jetzt erzähle, ist streng vertraulich. Aber ich bin auf Ihre Hilfe angewiesen, und ich denke, Sie müssen eine Sache wissen, um mir helfen zu können.«
»Okay.«
»Dann sagen Sie es.«
»Was soll ich sagen?«
»Dass Sie diese Information vertraulich behandeln.«
»Ich dachte, das hätte ich bereits getan. Aber trotzdem. Ich werde sie vertraulich behandeln.«
»Auch Ihre Mitarbeiter dürfen nichts davon erfahren. Nur Sie.«
»Einverstanden. Nur ich. Und jetzt reden Sie endlich.«
»Sie haben Einblick in Vincents Geschäftskonten, ich in seine Privatkonten. Sie haben erwähnt, er hätte sich das Geld von Elliot sehr rasch ausbezahlt. Er …«
»Dass es von Elliot stammt, habe ich nicht gesagt. Das waren Sie.«
»Egal. Jedenfalls hat er vor fünf Monaten hunderttausend Dollar auf ein privates Anlagekonto überwiesen, und eine Woche später hat er seinen Finanzberater angerufen und es sich wieder ausbezahlen lassen.«
»Wollen Sie damit sagen, er hat sich hunderttausend Dollar in bar auszahlen lassen?«
»Genau das habe ich gerade gesagt.«
»Was hat er mit dem Geld gemacht?«
»Keine Ahnung. Aber man kann nicht einfach zu einem Finanzberater gehen und sich hunderttausend in bar abholen. So eine Summe muss man vorher anfordern. Es hat ein paar Tage gedauert, bis der Betrag vollständig war, dann ist er hingefahren, um das Geld abzuholen. Sein Finanzberater hat ihm eine Menge Fragen gestellt, um einen Zusammenhang mit einem strafrechtlich relevanten Tatbestand auszuschließen, etwa einer Lösegeldzahlung in einem Entführungsfall oder Ähnlichem. Aber Vincent hat ihm erklärt, es gehe alles mit rechten Dingen zu und er brauchte das Geld, um ein Boot zu kaufen, auf das er einen gewaltigen Rabatt erhielte, wenn er es bar bezahlte.«
»Und wo ist das Boot?«
»Es existiert kein Boot. Das Ganze war ein Vorwand.«
»Sind Sie sicher?«
»Wir haben alle größeren Transaktionen im Staat überprüft und überall in Marina del Rey und San Pedro Erkundigungen eingezogen. Keine Spur von einem Boot. Wir haben sein Haus zweimal durchsucht und seine Kreditkartenkäufe durchgesehen. Keine Quittungen oder Belege für Ausgaben in Zusammenhang mit einem Boot. Keine Fotos, keine Schlüssel, keine Angelruten. Keine Zulassung seitens der Küstenwache, die bei einem Boot dieser Größe erforderlich wäre. Er hat definitiv kein Boot gekauft.«
»Vielleicht in Mexiko?«
Bosch schüttelte den Kopf.
»Der Mann hat L. A. neun Monate lang nicht mehr verlassen. Er ist weder nach Mexiko noch sonst wohin gefahren. Ich sage Ihnen, er hat kein Boot gekauft. Wir hätten es gefunden. Stattdessen hat er etwas anderes gekauft. Und Ihr Mandant Walter Elliot weiß wahrscheinlich, was.«
Folgte man der unbestreitbaren Logik dieser Ausführungen, führte sie direkt zu Walter Elliots Haustür. Allerdings hatte ich nicht vor, dort anzuklopfen und einzutreten, während mir Bosch über die Schulter sah.
»Ich glaube, da täuschen Sie sich, Detective.«
»Das glaube ich nicht, Herr Anwalt.«
»Wie auch immer. Jedenfalls kann ich Ihnen in diesem Punkt nicht weiterhelfen. Ich habe keine Ahnung, worum es hier gehen könnte, und ich habe in den Büchern und sonstigen Unterlagen nichts bemerkt, was auf einen derartigen Vorgang hindeutet. Wenn Sie diese angebliche Schmiergeldzahlung mit meinem Mandanten in Verbindung bringen können, dann nehmen Sie ihn fest und klagen ihn deswegen an.
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