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So weit der Wind uns trägt

So weit der Wind uns trägt

Titel: So weit der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Weil du wahrscheinlich rasend bist vor Eifersucht auf Cristiano. Weil du nicht aufgibst, bis du mich weichgekocht hast. Weil du …«
    »Weil ich dich liebe?«
    Marisa hielt die Luft an.
    Dona Aldora verließ die Baracke.
    Und Ricardo spürte, wie seine Ohren ganz heiß und rot wurden. Hatte er das wirklich gerade gesagt?
    »Du gibst es also zu? Du meinst, Liebe würde solche Spitzeleien rechtfertigen?«
    »Nein.«
Bitte, lieber Gott, mach, dass mir etwas Geistreiches einfällt!
»Ich meine: Ja, ich gebe zu, dass ich dich liebe.« Da, nun hatte er es wieder gesagt. Es war schon viel leichter. »Und nein: Ich habe niemanden zu deiner Beobachtung oder Bewachung angeheuert. Ich finde es sogar ziemlich beleidigend, dass du so etwas von mir glauben kannst.«
    »Ach, dann bist jetzt du derjenige, den man bemitleiden muss? Okay, Ricardo da Costa. Dann bemitleide dich mal. Ich werde nichts dergleichen tun.« Sie knallte den Hörer auf.
    Ricardo saß wie betäubt am Telefon. Durch das Fenster sah er, wie Dona Aldora sich draußen mit einem Schüler unterhielt. Er war ihr sehr dankbar für ihre Rücksichtnahme. Und er war froh, dass gerade jetzt sein abenteuerlustigster Schüler da war. Diesmal würde er dessen Wunsch nach ein paar richtig aufregenden Stunts nachgeben.
    Marisa dagegen hatte nichts, was sie abgelenkt hätte. Sie war aufs Äußerste erregt. Sie spürte ihren Puls im Hals. Sie heulte, ob vor Wut oder vor Freude über seine Liebeserklärung, wusste sie selber nicht so genau. Sie ging ans Fenster, sah nach unten und entdeckte dort wieder den Wagen. Und wenn es nun wirklich ein Zufall war? Wenn es ein Nachbar war, der im Auto heimlich eine Zigarette rauchte, weil er das zu Hause nicht durfte? Wenn jemand anders aus ihrem Haus beschattet wurde, vielleicht der Studienrat aus der vierten Etage? Nein, so war es nicht. Sie hatte auch bei anderen Gelegenheiten deutlich gespürt, dass ihr jemand folgte. Sogar in ihrer Mittagspause hatte sie sich schon beobachtet gefühlt. Dieser Typ da unten war auf sie und sonst niemanden angesetzt, so viel stand fest. Sie öffnete das Fenster, nahm die Messinggießkanne, die sie schon lange hatte loswerden wollen, und warf sie aufs Wagendach, wo sie mit großem Geschepper landete. Schnell schloss sie wieder das Fenster. Das hatte gut getan. Schade nur, dass sie die Delle im Auto und das Gesicht des Mannes nicht hatte sehen können.
     
    Alberto Baião merkte sofort, dass sein Fluglehrer heute in einer außergewöhnlichen Stimmung war. Der Sohn seiner alten Flamme, wer hätte gedacht, dass der ihm mal das Fliegen beibringen würde? Und wer hätte gedacht, dass in seiner unmittelbaren Nachbarschaft einmal ein Flugplatz entstehen würde? Alberto fand diese Entwicklung überaus erfreulich. Seine Frau beschwerte sich zwar über gelegentlichen Fluglärm, doch er selber fand diesen nicht halb so schlimm wie etwa den Güllegeruch oder andere Belästigungen, denen man auf dem Land ausgesetzt war. Alberto würde fliegen lernen, und dann würde er sich selber ein kleines Flugzeug kaufen. Ausflüge nach Lissabon oder an die See wären dann nicht mehr mit einer mehrstündigen Autofahrt verbunden. Die Fliegerei machte ihn freier. Sie rückte ihr abgelegenes Landgut in die Nähe von Orten, an denen das wahre Leben stattfand.
    Alberto stieg links in die einmotorige Cessna ein, Ricardo nahm rechts von ihm Platz. Den Außencheck hatten sie hinter sich, nun musste vom Cockpit aus die Checkliste abgearbeitet werden. Vor dem Anlassen: Alle Türen geschlossen. Radio und elektrische Schalter auf Aus. Kraftstoffhahn auf. Trimmung auf Start. Gemischregler: voll reich. Vergaservorwärmung: kalt. Hauptschalter ein. Zündung: Start. Das war einer der schönsten Momente, wenn der Propeller sich in Bewegung setzte und das kleine Flugzeug erzitterte und bebte.
    Anschließend wurden, während sie noch an Ort und Stelle standen, weitere Punkte der Checkliste abgehakt. Alberto Baião hätte gar nicht mehr auf das Handbuch schauen müssen – er kannte die Liste auswendig. Aber sein pingeliger Lehrer bestand darauf, dass sie Schritt für Schritt die Liste durchgingen. Öldruck überprüfen, Drehzahl bei 1000 rpm, Funkgeräte ein, Überwachungsinstrumente kontrollieren. Dann, während des Rollens zur Piste, Bugradlenkung, Bremsen, Kreiselinstrumente sowie die Landeklappen überprüfen. Schließlich, vor dem Start, bei einer Motordrehzahl von 1700 rpm die Triebwerksüberwachungsinstrumente, das Amperemeter, die Soganzeige

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