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So weit die Wolken ziehen

So weit die Wolken ziehen

Titel: So weit die Wolken ziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Fährmann
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von Ihrem ungehörigen Verhalten, der Abmarsch kann in jedem Fall erst in der Abenddämmerung erfolgen. Stellen Sie sich die lange Kolonne unserer Mädchen vor! Zu jeder Tageszeit können feindliche Tiefflieger durch das Tal kommen. Nur im Schutz der Dunkelheit besteht die Hoffnung, dass die Schülerinnen und Sie selbst hier ungesehen wegkommen.«
    »Verzeihung, daran habe ich nicht gedacht«, gab Frau Wisnarek kleinlaut zu.
    Herr Aumann wandte sich wieder den anderen zu. »Also, die Zeugnisse bis übermorgen.« Dann stand er auf und verließ den Raum.
    »Ich wollte ihm eigentlich noch mitteilen«, sagte Heidrun Czech zu Dr. Scholten, »dass ich von meiner vorgesetzten Stelle den Befehl erhalten habe, die Stellung hier aufzugeben und mich in Wiener Neustadt zu melden.«
    »Werden Sie das denn tun?«, fragte Dr. Scholten.
    »Wohl nicht. Aber ich werde mich zu meinen Eltern nach Wiener Neustadt durchschlagen.«
    »Ich wünsche Ihnen viel Glück, Frau Czech«, sagte Dr. Scholten. »Dass Sie sich abgemeldet haben, werde ich erst morgen an den Direktor weitergeben. Er kommt sonst noch auf die Idee, dagegen Widerspruch bei der Gauleitung in Wien einzulegen.«
    »Danke. Und auch für Sie alles Gute.«
    »Kannst du verstehen, warum Aumann darauf bestanden hat, einigen Schülerinnen den Vermerk ins Zeugnis schreiben zu lassen, ihre Versetzung sei gefährdet?«, fragte Schwester Nora Dr. Scholten am Abend.
    »Er will sein mit Erlassen, Vorschriften und Anordnungen wohlgeordnetes Haus nicht aufgeben und merkt gar nicht, dass es schon einzustürzen beginnt.«
    »Hoffentlich trifft die Waldameise bald ein, Otto. Die Spannung im Quellenhof wird unerträglich.«
    »Nora, ich habe mich entschlossen, am Karsamstag auf jeden Fall zum Abmarsch zu blasen, ganz gleich, ob mit oder ohne Losungswort.«
    »Endlich«, sagte Schwester Nora nur.
    »Es gibt allerdings eine Sache, die mir Kopfzerbrechen macht. Aumann hat mir das Kassenbuch gezeigt. Seit drei Wochen ist kein Pfennig Geld mehr aus Wien angewiesen worden. Der Bestand beträgt nur 32,80 Reichsmark.«
    Schwester Nora zuckte mit den Schultern. »Trotzdem, bevor wir hier bis zum Einmarsch der Russen warten, brechen wir lieber auf.«

Sechster Teil
    Am Karfreitag luden die Patres die Schule zu einem Abendgottesdienst ein. Viele Schülerinnen und auch Lehrerinnen, von denen die Patres es eigentlich nicht erwartet hätten, kamen zur Wallfahrtskirche. Alle wussten, dass es ein Abschied für lange Zeit war, vielleicht auch für immer. Pater Lukas erzählte die Geschichte von Tobias, der aus Ninive auf eine weite und gefährliche Reise gehen sollte. Sein Vater gab ihm einen Begleiter mit. Er war ein Engel Gottes, aber niemand wusste das. Der Engel hielt seine Hand schützend über den jungen Mann und stand ihm bei auf seinem Weg. Erst als Tobias wohlbehalten wieder nach Ninive zurückgekehrt war, gab sich der Begleiter zu erkennen. Pater Lukas sagte, das sei eine Trost- und Hoffnungsgeschichte für alle, die so viele Monate in Maria Quell gewesen seien und die nun auch einen weiten und gefährlichen Rückweg antreten müssten. Gewiss werde es ihnen wie Tobias ergehen, Gott werde ihnen Engel als Begleiter senden. Zaghaft klang das Lied Mein Hirt ist Gott der Herr … durch den Kirchenraum. Zum Schluss breiteten Pater Martin und Pater Lukas ihre Arme aus und sprachen den Segen: »Der Segen Gottes sei mit euch. Er schenke euch eine sichere Heimkehr.«
    Auf dem Rückweg zum Quellenhof blieben alle still.
    Später fragte Ruth ihre Schwester: »Irmgard, spürst du etwas von dem Segen von Pater Lukas und Pater Martin?«
    »Du kannst vielleicht Fragen stellen«, sagte Irmgard.
    Dr. Scholten ging noch am Abend zum Kloster hinauf und wollte den Patres dafür danken, dass sie oft für die Mädchen und auch für ihn Zeit gefunden hatten und so geduldige Zuhörer gewesen waren.
    »Die Zukunft liegt in Finsternis und macht das Herz uns schwer«, zitierte Dr. Scholten. Dann sagte er: »Was meinen Sie, Pater Martin, was mache ich mit dem da?« Er zeigte auf das Parteiabzeichen an seinem Jackenaufschlag. »Sie wissen ja …«
    Der Pater winkte ab. »Werfen Sie das Ding dahin, wo es hingehört.«
    Dr. Scholten schaute ihn unsicher an.
    »Wir haben draußen hinter dem Kloster einen Misthaufen. Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen, wo Sie ihn finden.«
    Er ging voraus durch einen langen Flur. Das Mondlicht schimmerte durch die Scheiben. Er schloss eine Außentür auf und deutete auf das Wirtschaftsgebäude. Dr.

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