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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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Mittelscheitel und kunstvoll geflochtenem Dutt oder den Locken und den ausladenden Kleidern aus Seide, Spitze und Taft.
    Ich tanzte selbst auch ziemlich viel, genau wie meine Geschwister. Die Runden, die wir zu Hause in unserem Wohnzimmer gedreht hatten, waren eine gute Vorbereitung gewesen. Meine Perlenohrringe hüpften und in meinen perlenbestickten Tanzschuhen sprang ich leichtfüßig umher. Ich überwand meine Schüchternheit und redete mit den Herren, die mich aufforderten. In ihrem melodischen Südstaatenakzent neckten sie mich, weil ich ein Yankee war, und erkundigten sich, wie mir das Leben hier gefiel. Ich beantwortete ihre Fragen lebhaft und es war nicht gelogen, wenn ich ihnen versicherte, ich fände Mississippi wunderschön.
    Bernard schaute oft zu mir herüber. Wenn ich mit älteren Herren über das Parkett segelte, war seine Miene wohlwollend; doch wenn ich mit jüngeren Herren tanzte, machte mein Verlobter ein finsteres Gesicht. Offenbar traf der Spruch »Was dem einen recht ist, ist dem anderen billig« auf uns nicht zu. Er durfte flirten, so viel er wollte, doch wenn ich es tat, runzelte er die Stirn. Ich versuchte ihn dankbar anzulächeln, wenn unsere Blicke sich trafen. Er musste bei Laune gehalten werden.
    Ich zog mich in eine stille Ecke zurück, um Atem zu schöpfen, und fächelte mir mit dem Fächer aus Schwanendaunen, der mit einem Band an meinem Handgelenk festgebunden war, Luft zu.
    Durch einen mit Girlanden geschmückten Wandschirm beobachtete ich Junius, der sich bei einem Tisch mit Erfris chungen angeregt mit einem entsetzlich aussehenden Man n unterhielt. Er hatte gehofft, berufliche Kontakte knüpfen zu können, also war das schon mal gut. Harry flirtete mit einer hübschen Blonden mit einem verschmitzten Lächeln. Anne tanzte bereits den zweiten Tanz mit einem kräftigen jungen Mann. Wäre es nicht einfach herrlich, wenn die beiden heute Abend Bekanntschaften schließen würden, die eine Zukunft hatten? Das Auf und Ab der wolkig zarten Volants erschien mir wie Ebbe und Flut. Das Geräusch der vielen Stimmen glich dem Meeresrauschen. Meine Lider wurden schwer.
    Und dann sah ich Gideon. Mein Verlobungsring schnitt mir ins Fleisch, als ich verzweifelt die Hände rang. Er musste irgendwann hereingeschlüpft sein und unterhielt sich jetzt mit einer älteren Frau in silbernem Satin. Sein liebes Gesicht zu sehen, war wie ein Fausthieb. Natürlich hatte ich es nicht wirklich vergessen. Er war hier – und es war zu spät.
    Die Musik verstummte und Bernard betrat das Podium der Musiker. »Verehrte Gäste, ich habe Ihnen eine Mitteilung zu machen«, rief er und seine Stimme übertönte die anderen. »Wo ist meine Sophia?« Er ließ den Blick über die Menge schweifen.
    Geh hinauf. Du musst gehen.
    Halb benommen verließ ich mein Versteck und bahnte mir einen Weg zu ihm. »Ah, da ist sie ja.« Er streckte die Hand aus und ich legte meine eiskalten Finger hinein. »Meine Damen und Herren, darf ich Ihnen meine Verlobte und zukünftige Herrin von Wyndriven Abbey vorstellen, Miss Sophia Petheram.« Es folgte eine Lobeshymne auf mich, die ich genauso wenig hörte wie das Gemurmel der Menge. Ich sah nur Gideon.
    Er überragte alle anderen – er war ja so groß. Seine Augen hingen an meinen, schockiert und fragend. Ein stechender Schmerz durchfuhr mich, als mir wieder bewusst wurde, wie sehr ich ihn liebte. Ich nickte kaum merklich. Er stand stocksteif in seiner Qual.
    Zwischen Händeschütteln, Glückwünschen und kurzen Gesprächen sah ich, wie Gideon den Saal verließ. Er ging in Richtung Wintergarten.
    Sobald ich konnte, entschuldigte ich mich und erklärte Bernard flüsternd, dass ich mir die Nase pudern müsste. Ich wand mich innerlich dabei, aber ich brauchte einen Grund, um den Saal zu verlassen, den er nicht hinterfragen würde. (Oder zumindest einen, von dem ich glaubte, dass er ihn nicht hinterfragen würde.) Er lächelte süffisant und ließ mich dann gehen.
    Gideon hockte auf dem Brunnenrand und starrte ins Wasser. Goldfische flitzten hin und her, doch sein Blick folgte ihren leuchtenden Körpern nicht. Er hob den Kopf, als ich eintrat, schaute aber nur kurz in meine Richtung, bevor er den Blick wieder senkte. »Ist das alles ein schrecklicher Traum?«, fragte er.
    Â»Ich wünschte, wir würden beide daraus erwachen.« Ich schluckte.

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