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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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her.«
    Der bedauernswerte alte Gärtner schlurfte heran. Je näher er der hoch aufgerichteten Gestalt meines Patenonkels kam, desto kleiner schien er zu werden. M. Bernard zog sein Jackett aus und gab es Ducky.
    Â»Zieh deine Jacke und dein Hemd aus, Willie«, befahl M. Bernard. »Beug dich über das Geländer. Garvey, die Peitsche.«
    Garvey trat vor und reichte seinem Herrn die Peitsche.
    Willie, der immer sauber angezogen war, sah mager und verletzlich aus, wie er so dastand, nackt von der Taille an aufwärts.
    Ich lief zu M. Bernard und ergriff seinen Arm. »Bitte«, flehte ich, »tun Sie es nicht. Vielleicht hat wirklich niemand den Mann gewarnt. Vielleicht ist er aus eigenen Stücken gegangen.«
    Â»Geh ins Haus, Sophia«, erwiderte M. Bernard in eisigem Ton und schüttelte mich ab, »wenn du nicht still zusehen kannst.« Und so leise, dass außer mir niemand es hören konnte, zischte er: »Und erdreiste dich nie mehr, mir zu sagen, wie ich mit meinen eigenen Leuten umgehen soll.«
    Ich zog mich ins Frühstückszimmer zurück und verachtete mich für meine Feigheit. Warum konnte ich nicht zugeben, dass ich es war, die Joe gewarnt hatte? Ich brachte es einfach nicht über mich. Zur Strafe lehnte ich meine Wange an den Türrahmen und schaute zu, wie M. Bernard die Peitsche auf Willies bloßen Rücken niedersausen ließ. Ich zuckte bei jedem Schlag zusammen, als träfe er mein eigenes Fleisch. Wieder und wieder und wieder. Willies unterdrückte Schmerzenslaute würde ich mein Lebtag nicht vergessen.
    Jeder Hieb bedeutete einen Todesstoß für meine Vernarrtheit in meinen Patenonkel. Irgendwann hatte M. Bernard genug und hörte schwer atmend auf. Ich schleppte mich hinauf in mein Zimmer.
    Nach einer Weile kam Talitha herein. »Master sagen, Sie kommen auf die Veranda.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich kann ihm nicht gegenübertreten nach dem, was er gerade getan hat.«
    Â»Doch, Sie können. Sie müssen.« Sie zupfte den Saum meines Kleides zurecht.
    Â»Wie konnte er Willie das antun?«
    Â»Einfach. Er hat ’nen starken Arm, der Master.« Während sie mit schnellen Strichen mein Haar bürstete, fuhr sie fort: »’s ist gut, dass Peg Leg Joe ’n Vorsprung hat. ’s ist gut, dass ihn jemand gewarnt hat. Sie hätten ihn gehängt.«
    Â»Ja, aber wird Willie es überleben?«
    Â»Er wurd schon öfter geschlagen. Er hält mehr aus, als man meint.« Sie zögerte und rieb sich die Handgelenke, bevor sie fortfuhr: »Sie könn’ uns am besten helfen, wenn Sie dem Master schmeicheln und ihn sanft stimmen, damit er nich mehr wütend is.«
    Ich ließ mir ihre Worte durch den Kopf gehen, nickte dann langsam und stand auf. Als sie das Zimmer verlassen wollte, hielt ich sie auf. »Talitha?«
    Sie drehte sich um und wartete.
    Â»Charles ist immer nett zu Ihnen, nicht wahr?«, fragte ich.
    Sie runzelte die Stirn. Nach kurzem Zögern nickte sie.
    Ich wickelte eine Locke um meinen Finger und wickelte sie wieder ab. »Ich bin sicher, Sie können sagen, was Sie wollen, und er mag Sie immer noch.«
    Â»Ja.«
    Â»Sie haben großes Glück.«
    Mitgefühl huschte über ihre sonst so verschlossene Miene. Ich schenkte ihr ein freudloses Lächeln und ging zu M. Bernard, der auf der Veranda auf und ab ging.
    Ich entschuldigte mich für meine Einmischung.
    Er zuckte mit den Schultern. »Du verstehst nicht, wie man diese Leute behandeln muss. Man muss sie immer unter Kontrolle halten. Es sind zu viele. Hast du von dem Massaker im Jahr 1791 beim Sklavenaufstand in Haiti gehört? Die gesamte Familie meines Großonkels – mit allen seinen sechs Kindern – wurde dort abgeschlachtet. Als Zeichen ihres Aufstands trugen die Neger eine Pike mit der Leiche eines aufgespießten weißen Säuglings.«
    In unserem Land könnte so etwas nie passieren. Nicht unter den Leuten, die ich kannte, ob schwarz oder weiß.
    M. de Cressac rieb die Hände aneinander, als wolle er sie reinwaschen. »Ich habe keine andere Wahl, als meine Leute in Schach zu halten. Hast du etwa gedacht, das Auspeitschen macht mir Spaß?«
    Ich schüttelte den Kopf, obwohl ich mir nicht sicher war. Wenn er es nicht hätte tun wollen, warum hatte er die Strafe dann selbst vollstreckt? Warum hatte er Garvey nicht die Peitsche schwingen lassen?
    Ein unangenehmes Schweigen

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