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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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fügte ich hinzu: »Aber es ist nicht mehr allzu lange bis dahin und ich freue mich sehr, sie über Weihnachten hier zu haben. Sie bleiben doch ein paar Wochen, nicht wahr?«
    Â»Da sie von so weit her kommen, nehme ich das schon an.«
    Â»Sie werden Ihre Freude an ihnen haben.«
    Â»Ja, das hoffe ich. Achte aber bitte darauf, dass du mich während ihres Aufenthalts hier nicht vernachlässigst.« Er legte die Karten in das Kästchen zurück und gab mir damit zu verstehen, dass unser Spiel zu Ende war. »Und ich würde gerne noch etwas tun. Es würde aber gewiss besser aufgenommen, wenn es von dir käme.«
    Â»Was meinen Sie?«
    Â»Ich möchte deiner Familie gern Geld zukommen lassen, will aber Junius’ Stolz nicht verletzen. Er ist schließlich der Hauptverdiener. Glaubst du, wir könnten ihnen unter irgendeinem Vorwand – sagen wir, ein paar Hundert Dollar schicken, ohne sie in Verlegenheit zu bringen?«
    Ich schlang die Arme um M. Bernards Hals.
    Eines Morgens, nicht lange nach seiner Rückkehr, kam mein Patenonkel zu mir, ergriff meine Hand und führte mich hinunter zum See. Mit seinem Gehstock zeigte er auf etwas, das an der kleinen Mole festgemacht war. Das Ruderboot, das da schaukelte, sah mehr nach einem Kinderspielzeug aus als nach einem richtigen Boot und war gerade groß genug, dass zwei Erwachsene auf den polierten Bänken Platz nehmen konnten, wenn einer der Erwachsenen klein war. Der geschnitzte Kopf und der geschwungene Hals eines Schwans bildeten die Verlängerung des vergoldeten Bugs.
    Â»Unser hiesiges Federvieh wird sich wahrscheinlich weigern, es zu ziehen, aber ich dachte mir, es gefällt dir dennoch. Ich habe Bass losgeschickt, damit er die Küste nach einem so hübschen Spielzeug für meine Sophia absucht.«
    Vergnügt beobachtete er, wie ich zu dem Boot lief und mit der Hand über die glatte Seitenwand strich. »Man muss schon sehr gewitzt sein, um so etwas zu finden! Ich habe nur im Scherz von dem Boot gesprochen, weil ich nicht im Traum daran gedacht habe, dass es so etwas tatsächlich gibt. Aber Sie haben es Wirklichkeit werden lassen.«
    Er stützte mich um die Taille, bis ich saß. Dann stieg auch er ein und ruderte zur Mitte des Sees. Wir fuhren durch goldene Blätter, die wie eine dünne Decke auf dem Wasser schwammen, während die Schwäne uns aus dem Weg glitten. In der Mitte angekommen, ließ er das Boot auf dem ruhigen grünen Wasser treiben.
    Ein silberner Strich schoss vorbei. Ich zeigte darauf. »Schauen Sie, ein Fisch!«
    Â»Die sind nichts wert«, meinte M. Bernard. »Bevor deine Brüder kommen, werde ich Welse einsetzen, damit sie ein paar schöne Südstaaten-Fische angeln können.«
    Die Welt glänzte idyllisch in der Herbstsonne. M. Bernard lag auf dem Boden des Bootes. Er hatte den Kopf an den Bug gelehnt und beobachtete mich schläfrig. Seine Beine umspannten meine rehbraunen Halbstiefelchen. Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen, genoss das Sonnenlicht auf meinen Lidern und die leisen Bewegungen des Wassers. Ich hätte Stunden so zubringen können.
    Irgendwann riss M. Bernard uns aus unserer Trägheit und brachte mir das Rudern bei, indem er sich hinter mich setzte und mit seinen Händen meine auf den Riemen umschloss. Sein warmer Atem kitzelte meinen Nacken, wenn er Anweisungen gab. Einmal fühlte es sich an, als küsste er den Rand meines Ohrläppchens. Vielleicht hatten seine Lippen es aber auch nur zufällig berührt, ich konnte es nicht sagen. Bei dem Gedanken, dass unsere Haltung eine Umarmung sein könnte, atmete ich schneller. Das war die richtige Umgebung für einen Kuss und noch vor einem Monat hätte ich ihn vielleicht genossen.
    Ich ruderte hektisch zu einem Dickicht aus Rohrkolben. »Pflücken Sie mir einen?«, bat ich.
    Â»Gern«, antwortete er amüsiert. Er stand auf, drehte am silbernen Knauf seines Gehstocks, der die Form eines Totenschädels hatte, und zog eine lange, schmale Klinge aus dem Holz. Mich überlief es eiskalt. Ich hatte nicht erkannt, dass es sich um einen Stockdegen handelte. Er schnitt einen Armvoll Rohrkolben ab.
    Ich strich über die samtbraunen Blütenstände. »Ich stelle sie in meinem Zimmer in eine Vase. Sie haben etwas so Liebenswertes an sich. Es ist fast, als streichelte ich das Fell von –« Ich biss mir auf die Zunge und beendete den Satz

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