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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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Ich kann aus einem Sarsaparillenblatt einen machen. Es verleiht allem, was man daraus trinkt, zusätzlich einen angenehmen Geschmack.«
    Â»Würden Sie mir in diesem Fall auch einen machen?«
    Als ich nach dem Becher griff, den er für mich gemacht hatte, zitterte meine Hand ein wenig. Ich fragte mich, ob Mr Stone eine Vorstellung davon hatte, wie schockierend das in den Augen der besseren Gesellschaft war – ein Gentleman und eine Lady, die nicht miteinander verwandt waren, aßen allein an einem einsamen Ort. Ich bezweifelte, dass er daran dachte, und im Wald galten andere Regeln, so hoffte ich.
    Ich erzählte ihm von meiner Familie und meinem früheren Zuhause. »Sie hätten meinen Vater gemocht. Er war ein stiller Mann, aber mit seinem feinen Sinn für Humor brachte er uns immer wieder zum Schmunzeln. Ihn interessierte alles. Er war aus weltlicher Sicht nicht erfolgreich, aber sehr belesen. Er hätte sich sicher gern mit Ihnen über Religion und Botanik unterhalten.«
    Â»Das klingt wie ein Mann nach meinem Geschmack«, bestätigte Mr Stone. »Sie können sich glücklich schätzen, einen solchen Vater gehabt zu haben.«
    Ich nickte und biss mir auf die Lippe.
    Â»Und Ihre Mutter? Gleichen Sie ihr?«
    Â»Sie ist wenige Monate nach meiner Geburt gestorben, aber es heißt, dass ich ihr, sowohl vom Aussehen als auch vom Charakter her, ähnele. Ich wünschte, ich hätte sie gekannt.« Einen Moment lang blickte ich auf meinen Schoß. Wenigstens kamen meine Geschwister bald. »Schade, dass Sie meine Familie wahrscheinlich nicht kennenlernen können, solange sie hier ist. Wir hatten immer so viel Spaß miteinander. Da wir nur mit wenigen Leuten außerhalb der Familie Kontakt hatten, waren wir aufeinander angewiesen.«
    Â»Ich hoffe, dass sich doch eine Möglichkeit ergibt, ihre Bekanntschaft zu machen.«
    Mr Stone hatte einen ganz eigenen, unaufdringlichen Charme, ganz anders als mein Patenonkel. M. Bernard war sich seines eigenen Charismas mehr als bewusst – er wusste genau, was er tat, wenn er jemanden für sich einnehmen wollte. Mr Stone sprühte nicht vor Geist und Witz wie M. Bernard, aber er lauschte jedem meiner Worte mit Interesse. Er äußerte seine Meinung mit Bestimmtheit, respektierte dabei aber auch immer meine. Er stand eindeutig für alles Gute, Reine und Ehrliche, was seine Gesellschaft so angenehm machte. Ich konnte frei heraus reden und brauchte nicht auf der Hut zu sein. Und niemals wäre er skrupellos.
    Er erzählte mir von seiner Familie. Er war der Jüngste von fünf Geschwistern, Söhne eines Plantagenbesitzers in Virginia. »Der Ort, an dem ich meine Kindheit verbracht habe, heißt Lauri Mundi und ist wunderschön. Natürlich nicht annähernd in der Größenordnung von Wyndriven Abbey – gemütlicher«, berichtete er mit einem Lächeln. »Aber dennoch beeindruckend. Mein ältester Bruder lebt mit seiner Familie und meinen Eltern heute noch dort. Er wird das Gut erben, aber er versichert uns, dass wir immer willkommen sind, dass es immer unser Zuhause bleiben wird. Meine anderen Brüder haben Handwerksberufe gewählt. Nur ich habe mich für die Kirche entschieden.« Er blickte auf seine großen Hände hinunter, die er gefaltet hatte. »Mein Vater und meine Brüder tun manchmal so, als bedauerten sie mich, aber ich habe das Gefühl, als sei es bei mir eine echte Berufung gewesen. Meine Mutter versteht das. Sie würden sie mögen. Sie ist – genau wie eine Mutter sein sollte. Und ich bin glücklich mit meinem Beruf.« Er lachte und fügte hinzu: »Nur nicht gerade dann, wenn Mrs Wright und Mrs Everly ihre Fehde austragen.«
    Â»Mrs Wright und Mrs Everly?«
    Â»Zwei Damen aus meiner Gemeinde. Wenn ich bei Mrs Wright eine Viertelstunde länger zum Mittagessen bleibe, ist Mrs Everly beleidigt, lädt mich prompt zum Abendessen ein und lässt mich stundenlang nicht gehen und so weiter.« Wehmütig blickte er in den Wald. »Manchmal verstehe ich die Leute überhaupt nicht.«
    Â»Ah …« Ich lächelte spitzbübisch. »Ich vermute, es sind die Frauen, die Sie nicht verstehen. Haben Mrs Wright und Mrs Everly ledige Töchter?«
    Â»Wieso? Ja, das haben sie.«
    Â»Dann ist das die Erklärung.«
    Â»Ach? Ohhh …« Er lachte leise und wurde rot.
    Wir unterhielten uns, als würden wir uns schon

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