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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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Pflanzen in dieser Gegend zusammen. Natürlich nur für mich. Es gibt bereits Veröffentlichungen zu diesem Thema mit hübschen Illustrationen, aber es macht mir Spaß, mein eigenes Buch zu kreieren.«
    Ich blätterte die Seiten durch und sah wundervoll gezeichnete Blumen, Bäume, Detailansichten von Blättern und Gräsern. »Die sind herrlich! Sie haben gezeichnet, als ich Sie unterbrochen habe. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich Ihnen über die Schulter schaue? Dann könnte ich sehen, wie Sie beim Zeichnen vorgehen.«
    Sein Gesicht leuchtete vor Begeisterung. »Allein auf dieser Lichtung habe ich sechs verschiedene Farnarten gezählt. Im Moment bin ich an dieser.« Er wies mit der Hand darauf. »Es ist Adlerfarn. Sehen Sie, wie die äußeren Stiele vom zentralen Stiel abzweigen und dass an jedem Stiel viele Blätter sitzen? Man nennt diese Wedel gefiedert.«
    Â»Gefiedert. Sie sind so zart – wie Spitze. Ob man wohl eine Art Spitze daraus häkeln und einen Rock damit verzieren könnte?«
    Ich kauerte mich in der Nähe hin und versuchte absolut still zu sitzen, das Kinn auf die Hände gestützt, um ihn nicht zu stören. Doch schon nach ein paar Minuten ruhten seine Augen nicht mehr auf dem Skizzenblock, sondern auf mir.
    Als er merkte, dass ich es gemerkt hatte, lächelte er. »Ich habe gerade gedacht, dass Sie in dieser Umgebung und in diesem Kleid selbst aussehen wie eine Blume. ›Schauet die Lilien auf dem Felde‹.«
    Ich blickte hinunter auf mein Kleid aus lavendelfarbenem Popelin mit auf den Saum applizierten, apfelgrünen Bändern und strahlte ihn dann an. Es freute mich, dass er mich mit einer Feldblume verglich und nicht mit einer Rose. Rosen waren so gewöhnlich. »Das Zitat stammt aus der Bibel, nicht wahr? Nicht von Shakespeare? ›Sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht.‹ Ich kenne mich nicht gut aus in der Heiligen Schrift, aber diesen Vers habe ich mir gemerkt, weil er die reinste Poesie ist.«
    Â»Sehr viele Verse aus der Bibel lesen sich wie Poesie. Ich habe selbst schon versucht, Psalmen zu schreiben. König David konnte es aber viel besser. Der Rest des Verses – er steht übrigens in Matthäus sechs – lautet: ›Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht bekleidet gewesen ist wie derselben eine.‹ Allerdings«, fügte er mit einem vielsagenden Lächeln hinzu, »beginnt der Vers damit, dass wir uns keine Gedanken um unsere Kleidung machen sollen.«
    Â»Gegen hübsche Kleider ist nichts einzuwenden«, widersprach ich und strich meinen Rock glatt, »solange man nicht den ganzen Tag nur an sein Aussehen denkt. Aber der Rest des Bibelverses passt gut zu mir. Ich arbeite nicht, obwohl ich Mrs Duckworth gebeten habe, mir Arbeiten im Haus zuzuweisen. Sie hat mir lediglich gesagt, ich könnte Daphne beim Blumenstecken helfen, was Daphne allerdings abgelehnt hat. Und ich spinne auch nicht – außer mein Armband natürlich. Von dem könnte man sagen, dass ich es gesponnen habe.« Ich hielt ihm mein Armband aus Haaren hin, hauptsächlich weil ich Mr Stone zeigen wollte, was für schlanke, zierliche Handgelenke ich hatte.
    Er kam herüber, um es sich genauer anzusehen. »Das ist ein ungewöhnliches Schmuckstück. Ist es aus Menschenhaar gemacht?«
    Â»Ja. Sie mögen es grausig finden, aber es besteht aus Haaren von mir selbst und von den vier Frauen meines Patenonkels.« Dann erzählte ich ihm, was ich über die früheren Beziehungen meines Patenonkels herausgefunden hatte. »Und an diesem Tag, als ich ihre Porträts und alle ihre Sachen fand – Dinge, die sie geliebt haben und die jetzt auf dem Speicher liegen –, machte mich das so traurig, dass ich irgendetwas mit nach unten nehmen wollte.« Ich lachte verlegen. »Das hört sich so an, als wollte ich eines ihrer Gliedmaßen in eine Wohnzimmerecke stellen, oder? Aber ich versichere Ihnen, dass ich das Armband mit guten Gedanken an die Frauen gesponnen habe. Ich wollte nicht, dass alle Spuren von ihnen ausgelöscht würden.«
    Mr Stone hatte mir mit gerunzelter Stirn aufmerksam zugehört. Jetzt fragte er gedehnt: »De Cressac war vier Mal verheiratet?«
    Â»Ja. Von seiner ersten Frau wurde er geschieden; die anderen drei sind tot.«
    Â»Und Sie sagen, dass alle rotes Haar hatten?«
    Â»Na ja, zumindest rötlich.

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