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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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scharf die Luft ein, als er an jedem Finger saugte. »Das perfekte Dessert.«
    Â»Sir!« Ich entzog ihm mit einem Ruck meine Hand und streifte ungeschickt meinen Handschuh über.
    Er stieß sein bellendes Lachen aus. »So bezaubernd verlegen.« Dann stand er auf und reckte sich. »Bezaubernd, aber ich muss dir noch beibringen, nicht zimperlich zu sein. Wollen wir jetzt einen Spaziergang durch den Obstgarten machen? Er hält so viele leckere Früchte bereit.«
    Er sagte dies so betont, dass ich wusste, seine »leckeren Früchte« hatten eine besondere Bedeutung, die ich lieber nicht erfahren hätte. Wenn mir nur ein Grund einfiele, um den Spaziergang ablehnen zu können.
    Wir spazierten umher, wobei M. Bernard meinen Arm fest umklammert hielt. Die meiste Zeit schaute ich irgendwo hin, nur nicht zu ihm, und plapperte in meiner Nervosität ununterbrochen. Er antwortete kurz angebunden. Ab und an blickte er fragend auf mich herunter. Er führte mich aus dem Obstgarten und die geschotterte Zufahrt hinunter. Neben der kranken Eiche blieb er stehen und strich mit seiner schlanken Hand über eine der knolligen Wucherungen. Den giftigen Efeu, der den Stamm umfing und sich inzwischen rot gefärbt hatte, mied er.
    Â»Ein interessanter Baum«, bemerkte ich. »Finden Sie ihn schön?«
    Â»Ja. Die ungewöhnliche Form gefällt mir.« Er wandte sich mir zu. »Sophia …«, begann er vorsichtig.
    Â»Du liebe Güte«, rief ich und entzog ihm meinen Arm. »Ich wusste gar nicht, dass es schon so spät ist. Ich habe Daphne versprochen, ihr heute Nachmittag bei einem Blumenarrangement zu helfen.«
    Â»Sag Daphne –«, begann er zwischen zusammengebissenen Zähnen, hielt dann jedoch inne und schüttelte den Kopf. »Dann geh.«
    Â»Danke für das herrliche Picknick«, rief ich, schon auf dem Weg zum Haus.
    Hinter mir hörte ich ihn leise sagen: »Geduld, Bernard …«
    Ich ging direkt in mein Zimmer und schrubbte meine Hand. Er nahm sich unentschuldbare Freiheiten heraus. Ich durfte nicht zulassen, dass er mich noch einmal so behandelte. Wenn meine Familie nach ihrem Besuch wieder nach Hause fuhr, würde ich mitfahren.
    â€¢ • •
    Ein paar Tage später hatte ich es mir auf einem getufteten Kissen auf der Bank unter dem Fenster im gelben Salon gemütlich gemacht und nähte Samtsträußchen auf einen Strohhut. Ich trug ein fast schulterfreies Kleid und weil der Nachmittag kühl war, hatte ich einen Kaschmirschal umgelegt. M. Bernard war früh zu einem Ausritt aufgebrochen und würde erst spät zurückkommen. Ich war also entspannt.
    Das war der Raum, in dem Tara sich umgebracht hatte. Manchmal bildete ich mir ein, ihre Gegenwart spüren zu können – nicht die todtraurige Tara, wie man es von einer Selbstmörderin erwarten könnte, sondern eher eine – ja doch, eine fröhliche. Wenn ich an ihr lachendes, pietätlos geschminktes Gesicht dachte, musste ich immer noch lächeln.
    George kam herein. »Da ist ’n Gentleman für Sie, Miss Sophia.«
    Â»Ein Gentleman?«
    Â»Er scheint ’n Pastor zu sein.«
    Ich schloss die Faust um meinen Schal. »Bringen Sie ihn in den Salon, George, und sagen Sie ihm, dass ich sofort bei ihm bin.«
    Ich war hin und her gerissen. Ein Teil von mir kreischte: Er ist gekommen! Gideon Stone besucht mich! Doch der größere Teil rief: Nein, nein, nein! Nicht hier! Was würde M. Bernard sagen, wenn er davon erfuhr? Und er würde ganz sicher davon erfahren. Erfreut wäre er nicht. Was würde er mit ihm machen? Mit Mr Stone? Ich hatte das Gefühl, meine Beine würden mich nicht mehr tragen, und musste ihnen befehlen: »Ihr bewegt euch. Jetzt.«
    Mr Stone streckte mir die Hand entgegen, als ich eintrat. Ein Lächeln spielte um seine Lippen und seine grauen Augen blitzten. Er dachte wohl, er bereitete mir mit seinem Besuch eine angenehme Überraschung.
    Er konnte natürlich nicht wissen, was er tat. Ich wollte ihm zurufen: Laufen Sie weg, bevor es zu spät ist! , aber ich konnte nur leicht den Kopf schütteln, worauf er seine Hand zurückzog. Dann ließ ich ihn in kühlem Ton wissen: »Es tut mir leid, Monsieur de Cressac ist nicht zu Hause. Darf ich Ihnen Tee anbieten, Mr Stone?« Ich blickte über die Schulter und versuchte ihm damit zu sagen, dass Mrs Duckworth in Hörweite war.
    Er nickte

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