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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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meiner Hand. Welchen Anteil an M. Bernards Verlangen nach mir hatten sie – meine kupferfarbenen Haare? Sie nährten seine Obsession.
    Ich kroch unter meine Decken und weinte um alle meine mädchenhaften, romantischen Träume. Etwas strich über meinen Rücken, leicht wie ein Atemhauch. Als ich meine Augen einen Spaltbreit öffnete, war das Zimmer in das helle, schimmernde Licht der Schwestern getaucht. Ich hörte ein geflüstertes Wort; es kam nicht wirklich aus ihrem Mund, aber ich bildete es mir auch nicht ein: »Lauf!«

Kapitel 25
    ICH BLEIBE
    Als ich am nächsten Morgen über die Laken aus feinem Leinen strich, sagte ich mir eindringlich: »Genieße sie jetzt, denn du wirst sie sehr bald zurücklassen.«
    In der Nacht hatte ich einer sinnlosen Flucht ohne Geld oder Transportmittel widerstanden. Selbst wenn ich es in meinem geschwächten Zustand bis zur Hauptstraße geschafft hätte, hätten mich die Kopfgeldjäger aufgegriffen, die nach entlaufenen Sklaven Ausschau hielten und ein minderjähriges Mündel nur zu bereitwillig ihrem reichen Vormund zurückgebracht hätten. Und selbst wenn ich es bis zu Anarchy oder Gideon geschafft hätte, hätten sie mit einer Bestrafung sowohl durch das Gesetz als auch durch M. Bernard rechnen müssen.
    Jetzt, bei klarem Verstand und bei Tageslicht gesehen, war ich zwar immer noch entschlossen, die Abtei zu verlassen, aber mir war klar, dass ich mit M. Bernard reden und um seine Hilfe und sein Verständnis bitten musste.
    Es klopfte leise an der Tür.
    Â»Wer ist da?«, fragte ich, voller Angst, es könnte mein Patenonkel sein, da Odette nie anklopfte. Noch konnte ich ihm nicht gegenübertreten.
    Â»Ich, Miss.« Es war Talitha.
    Sie hielt den Blick gesenkt, als sie eintrat. »Bitte, ich muss mit Ihnen reden. Sie sin die Einzige, die vielleicht helfen kann.«
    Ihr Ausdruck war so mitleiderregend, so ganz anders als ihre ansonsten stolze Miene, dass ich aus dem Bett sprang und zu ihr lief. »Was ist los? Was ist passiert?«
    Â»Es ist dieser Garvey draußen im Stall. Seit Charles nich mehr da is, isser hinter mir her un hinter mir her. Er sagt: ›Komm auf ’n Heuboden‹, dann oder dann. Ich bleib immer weg, aber ’s wird schlimmer. ’s is nur ’ne Frage der Zeit, bis er mich allein zu fassen kriegt. Ich hab solche Angst. Was tu ich, Miss?«
    In diesem Moment hatten wir etwas gemeinsam, und sie wusste es. Sie wusste, in welcher Lage ich mit ihrem Herrn war. Mir war bewusst, dass das, was Garvey mit Talitha vorhatte, sehr viel verheerender war als ein gestohlener Kuss.
    Ich streckte die Hand aus und wir hielten uns ganz fest. Zum ersten Mal vertraute sie mir vorbehaltlos.
    Â»Ãœberlassen Sie es mir«, sagte ich. »Irgendwie … werde ich es … regeln.«
    Sie blickte mich einen Augenblick lang eindringlich an, dann nickte sie. Wir ließen uns los und sie huschte hinaus.
    Ich hatte keinen Einfluss auf Garvey, außer über M. Bernard. Ich würde ihn bitten müssen einzuschreiten. Aber wie konnte ich ihn um diesen Gefallen bitten und gleichzeitig ankündigen, dass ich gehen würde?
    Alles auf diesem Gut lief auf M. Bernard hinaus. Machte ich mir etwas vor, wenn ich glaubte, ich hätte eine Chance? Führte mein Weg unvermeidlich an den Punkt, an dem ich mich auf ewig an ihn binden musste? Bei der Vorstellung geriet ich in Panik; ich kam mir vor wie eine kleine Maus, die in der Falle herumrennt und nach einem Ausweg sucht, den es nicht gibt.
    Ich zog mich an und ging früher als sonst nach unten. Beim Frühstück wollte ich mit meinem Patenonkel sprechen.
    Er blickte mich mit einem so warmen und aufrichtigen Lächeln an, dass mein fester Wille bereits zu bröckeln begann. »Wie kommt es, dass du schon so früh auf bist, ma petite ? Sollte ich etwa das Vergnügen haben, mit dir frühstücken zu dürfen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Mir ist nicht nach essen zumute, Sir. Ich bin heruntergekommen, um mit Ihnen zu reden.«
    Â»Mach kein Gesicht, als würde ich dir den Kopf abbeißen. Komm, setz dich hierher.« Als ich zögerte, fragte er: »Wie, kannst du es nicht einmal ertragen, neben mir zu sitzen?«
    Â»Das, was ich zu sagen habe, lässt sich leichter im Stehen aussprechen.«
    Â»Dann wird es also eine richtige Rede. Ich schlottere schon vor Angst. Heraus mit der Sprache.«
    Ich holte tief Luft.

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