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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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eine.«
    Er schaute mich nicht an, als er weitersprach. »Andererseits muss deine Familie sich sehr einschränken. Wenn du zu ihnen zurückkehrst, wirst du eine Last für sie sein. Du würdest dir eine Anstellung suchen müssen, vielleicht als Fabrikarbeiterin oder Kindermädchen. Womöglich wärst du sogar eine Odette, die sich abmüht, es einer Herrin recht zu machen, die dich verachtet. Anfangs wird es noch Männer geben, die gern mit dir flirten, doch die Ehe wird dir keiner anbieten.« Als wollte er seine nächsten Worte besonders betonen, machte er zuvor eine Pause. »Vor allem wenn bekannt wird, dass du hier allein mit mir gelebt hast.«
    Ich sog scharf die Luft ein. »Aber es ist nichts passiert. Wir haben nichts Unrechtes getan.«
    Â»Das wissen die anderen aber nicht. Sie werden glauben, was ihre Fantasie ihnen eingibt, und ein Wort hier, ein hämischer Kommentar dort … Solche Dinge verbreiten sich schnell. Solange du jung bist, kannst du dich vielleicht mit einem Hungerlohn durchschlagen, aber stell dir vor, wie es ist, wenn du alt bist und vollkommen allein. Gut möglich, dass ihr dann wirklich Not leiden müsst, du und deine Familie.« Er leckte sich die Lippen, als kostete er die Vorstellung aus. »Ich bitte dich, es dir reiflich zu überlegen.«
    Â»Monsieur Bernard«, begann ich und holte tief Luft, »ich werde nicht –«
    Â»Ich sagte – überlege es dir , Sophia. Wenn du darüber nachgedacht hast, wirst du zu dem Schluss kommen, dass wir füreinander bestimmt sind.«
    Ich klaubte meine Rollen mit Stickseide zusammen, ließ die Hälfte fallen und kniete mich auf den Boden, um sie unter dem Sessel hervorzuangeln. Endlich stand ich wieder aufrecht. »Ich … ich ziehe mich jetzt zurück.«
    Â»Bonsoir, ma petite.«
    Als Odette mir beim Ausziehen half, merkte ich kaum, was sie tat. Nachdem sie gegangen war, kuschelte ich mich in einen der Sessel und zog die Knie bis unters Kinn. Ich war wie vom Donner gerührt. Ja, es hatte Hinweise gegeben. Nein, ich musste ehrlich sein: sie waren zu offensichtlich gewesen, um noch als Hinweise zu gelten, aber ich hatte mir eingeredet, es mache M. Bernard als Franzose einfach Spaß, zu flirten. Und zu Anfang, als ich mich zu ihm hingezogen fühlte, hatte ich mit dem Gedanken gespielt, dass er mir eines Tages vielleicht einen Heiratsantrag machen würde. Ich wusste , dass es kommen würde, hatte es aber verdrängt, als die Ernüchterung über meinen Patenonkel immer größer wurde und noch mehr, als ich Gideon kennenlernte. Besonders in der Zeit, als ich benebelt von meiner Liebe zu Gideon und dann benebelt von meinem Herzschmerz durch die Welt gegangen war, hatte ich an andere kaum einen Gedanken verschwendet.
    Aber Gideon gab es nicht mehr. Seit meiner Krankheit schien es mir, als gäbe es ihn schon eine Ewigkeit nicht mehr, fast als hätte es ihn nie gegeben. Für mich gab es keinen Gideon mehr. Ich konnte M. Bernard heiraten, um meiner Familie und anderen zu helfen. War es ein zu großes Opfer, ein einzelnes Leben für das Glück vieler hinzugeben? M. Bernard konnte zärtlich und sogar liebenswürdig sein, wenn es ihm passte. Er war interessant und unterhaltsam.
    Aber da waren eben auch noch seine früheren Frauen – der Tod seines Sohnes entschuldigte nicht die Tatsache, dass er sie alle unglücklich gemacht hatte, und er entschuldigte auch nicht die Art und Weise, wie er mich oft behandelte. Ich hatte geglaubt, ich könnte besser mit ihm umgehen als sie, und vielleicht stimmte das sogar, aber es bedeutete ein ständiges Balancieren auf rohen Eiern und es war dumm von mir zu glauben, ich könnte seine Launen immer besänftigen.
    M. Bernard hatte gemeint, unsere Verlobungszeit würde »angenehm« werden. Ich begann zu zittern, als ich mir vorstellte, was das bedeuten mochte. Im Grunde war es erstaunlich, wie viel Geduld er aufgebracht hatte. Er hätte von Anfang an machen können, was er wollte, und niemand hätte ihm Einhalt geboten. Wahrscheinlich verdankte ich es dieser pedantischen Seite seiner Natur, die verlangte, dass Dinge immer auf eine ganz bestimmte Art zu geschehen hatten – er wollte, dass ich freiwillig zu ihm kam. Wenigstens sprach er noch von rechtmäßiger Ehe.
    Unbewusst war ich mir mit den Fingern durchs Haar gefahren. Jetzt blickte ich verwirrt auf die verfilzten Strähnen in

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