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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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ernst, nicht wahr?«
    »Nun ja, allzu gut sieht es nicht aus«, gab Althea zu. »Ich kann Sie wohl nicht dazu überreden, sich doch einem Krankenhaus anzuvertrauen?«
    Rowan schüttelte kaum merklich den Kopf, doch ihr Blick war fest, und es lag eine ruhige Schicksalsergebenheit darin, die Althea nicht ertragen konnte. Sie wandte sich ab, rollte sorgfältig ihr Stethoskop zusammen und legte es zurück in die Tasche. »Ich kann versuchen, Ihnen ein wenig Linderung zu verschaffen«, sagte sie. »Vielleicht würde etwas Sauerstoff Ihnen gut tun.«
    »Und das kommt auch nicht in irgendwelche Akten?«

    »Das werde ich zu verhindern wissen.«
    »Dann wäre das sicher gut. Danke.« Rowan lächelte. »Werden Sie noch mit meinem Mann sprechen?«
    »Ja, wenn Sie wollen.« Althea dachte an die besorgten Mienen der Menschen, die außerhalb der winzigen Kabine warteten, und sie wusste plötzlich wieder, warum sie Rechtsmedizinerin geworden war. Mit den Toten konnte sie wesentlich besser umgehen als mit dem Leid der Lebenden. »Ich komme bald wieder«, sagte sie. »Sobald ich das Sauerstoffgerät besorgt habe.«
    Rowan fielen schon die Augen zu; die Untersuchung hatte sie erschöpft.
    Als Althea die Wohnkabine betrat, traf sie dort nur Annie und Rowans Mann Gabriel Wain an. Die Atmosphäre zwischen den beiden schien gespannt, und Althea fragte sich für einen Moment, ob mehr als nur die Sorge um die Kranke dahintersteckte.
    »Ich hab die Kinder raus an Deck geschickt«, sagte Wain, ohne sich mit höflichem Smalltalk aufzuhalten. Auch er war dünn, wie sie jetzt bemerkte, das Gesicht hager und von Sorgen zerfurcht, und seine dunklen Augen durchbohrten sie mit fieberhafter Intensität, als er sie mit knappen Worten aufforderte: »Sagen Sie, was Sie zu sagen haben.«
    »Ich fürchte, Sie wissen schon, was ich Ihnen sagen werde, Mr. Wain«, begann Althea. Sie sprach leise, in der Hoffnung, dass ihre Worte in der Kabine nebenan nicht zu verstehen waren. »Ihre Frau leidet an Stauungsinsuffizienz, das ist eine Form von Herzschwäche. Ich verstehe ja Ihre Bedenken bezüglich einer Krankenhausbehandlung, und ich muss auch sagen, dass in Rowans Fall das Herz schon zu stark geschädigt ist, als dass eine Operation noch etwas bewirken könnte – selbst wenn sie sie überstehen sollte. Es gibt Medikamente, die ihr für eine Weile helfen könnten, aber andererseits … Ich habe
ihr gesagt, dass ich ihr ein Sauerstoffgerät besorge, um ihr Linderung zu verschaffen. Es ist Ihnen ja klar, dass das alles lediglich meine persönliche Meinung ist?«, fügte sie hinzu.
    Er starrte sie an. »Sie wollen also sagen, dass man gar nichts für sie tun kann? Auch nicht, wenn sie ins Krankenhaus ginge?«
    »Langfristig gesehen – leider nein.«
    Sie hörte, wie Annie Lebow nach Luft schnappte, und sah die Bestürzung in ihrer Miene, doch Gabriel Wain blickte sie weiter unverwandt an. Seine Augen zogen sie unwiderstehlich an, und für eine Sekunde hatte sie das Gefühl, in den Abgrund seines Kummers hineingezogen zu werden. Aber dann sah sie in der Tiefe etwas aufflackern, was man für Erleichterung hätte halten können, und er schien vor ihren Augen in sich zusammenzusinken. Der eiserne Wille, seine Frau am Leben zu halten, der ihn allzu lange dazu getrieben hatte, über seine Grenzen hinauszugehen, schien gebrochen.
    »Haben Sie es ihr gesagt?«, fragte er. »Dass sie sterben wird?«
    »Nicht in dieser Deutlichkeit, nein. Möchten Sie, dass ich noch einmal mit ihr spreche?«
    Er richtete sich zu voller Größe auf, und noch einmal schien er die enge Kabine mit seiner Persönlichkeit auszufüllen. Die Würde, die er ausstrahlte, gab ihr das Gefühl, ein Eindringling zu sein. »Nein«, sagte er ruhig. »Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe, Dr. Elsworthy, aber diese Last muss ich allein tragen.«

14
    Der Getroffene hielt sich den Kopf, taumelte, schwankte und sackte auf dem Teppichboden des Pubs zusammen wie eine alte Stoffpuppe. Er zuckte, stöhnte noch ein letztes Mal auf, und dann rührte er sich nicht mehr.
    Der Mörder blickte auf ihn herab, stieß ihn mit der Schuhspitze an, einmal, zweimal, dann hob er die Arme mit dem Knüppel in der rechten Hand über den Kopf und reckte triumphierend die Fäuste in die Luft. Seine zerlumpten Kleider flatterten, als er, das Gesicht immer noch von der Maske verhüllt, einen improvisierten Freudentanz vollführte.
    »Einen Arzt!«, rief jemand aus der Menge. »Holt einen Arzt!«
    Ein langer, knochendürrer Mann mit

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