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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Wir müssen ihn nach Hause bringen.«
    »Nach Hause.« Kincaid wiederholte ihre Worte halblaut, zog die Stirn kraus, als müsse er eine fremde Sprache entziffern, und blickte abwesend auf den Kanal hinaus.
    »Was …«, setzte Gemma an, da drehte er sich plötzlich zu ihr um und packte ihre Schultern so fest, dass es fast wehtat.
    »Genau«, sagte er. »Du hast vollkommen recht. Sobald Babcock Kits Aussage aufgenommen hat, packen wir unsere Sachen und fahren zurück nach London. Es gibt keinen Grund, weshalb wir noch länger hier bleiben müssten oder warum Kit noch weiter in diese Sache hineingezogen werden sollte. Wir können nach Hause fahren.«
    Gemma starrte ihn nur an, wie elektrisiert von der Vorstellung. In wenigen Stunden könnten sie schon wieder in ihrem Haus in Notting Hill sein, sicher und geborgen, weit weg von allen Gedanken an zerrüttete Ehen und tote Babys, weit weg von dem Schrecken eines gewaltsamen Todes, der seinen Schatten auf ihr Privatleben warf.
    Schließlich hatten Duncan und Kit die Frau nur flüchtig kennengelernt – gewiss waren sie deshalb zu nichts verpflichtet, was über das gesetzlich Notwendige hinausgegangen wäre. Und Rosemary und Hugh würden es verstehen; sie würden wissen, dass Kit das letzte Kind war, das man einer solchen Belastung aussetzen durfte.
    Sie warf wieder einen Blick in Richtung Wagen und sah,
dass Kit sich im Schlaf unruhig hin und her wälzte. Seine Lippen bewegten sich, doch durch das geschlossene Fenster konnte sie nicht hören, ob er etwas von sich gab. Sie erinnerte sich an das, was er im Auto zu ihr gesagt hatte, und schüttelte langsam, widerstrebend den Kopf.
    »Nein«, sagte sie. »Ich glaube, das können wir nicht machen. Ich glaube, wir müssen diese Sache zu Ende bringen. Ich glaube, wir müssen Kit erlauben, sie zu Ende zu bringen.«
    »Aber …«
    »Es geht alles durcheinander in seinem Kopf«, fuhr Gemma fort, die sich jetzt sicher war, dass sie recht hatte. »Der Tod dieser Frau und der seiner Mutter. Er fühlt sich verantwortlich, als ob er sie beide irgendwie im Stich gelassen hätte. Und wenn wir ihn wegbringen, wird er nur diese Last mit sich herumschleppen, wo immer er hingeht. Das dürfen wir nicht zulassen.«

17
    Althea Elsworthy verstaute ihre Instrumententasche im Kofferraum und tauchte dann dankbar in die relative Wärme des Innenraums ein. Danny, der sich aufgesetzt hatte, als sie auf den Wagen zugekommen war, legte die Schnauze auf die Rückenlehne und beäugte sie erwartungsvoll. Wenn sie zum Auto zurückkam, bekam er normalerweise immer einen Hundekuchen aus einem großen Plastikeimer, der vorne vor dem Beifahrersitz stand. Natürlich wäre es für ihn ein Leichtes gewesen, den Eimer aufzubeißen und sich sein Leckerli selbst zu holen, aber er war ein wohlerzogener Hund und hatte ihre Abwesenheit noch nie ausgenutzt.
    »Bist ein braver Junge«, sagte sie wie immer und öffnete den Deckel des Plastikeimers. Danny nahm ihr den Hundekuchen behutsam aus der Hand, doch als er dann darauf herumkaute, regneten Krümel und Speicheltropfen auf das Handtuch herab, das sie just zu diesem Zweck über die Rückenlehne des Sitzes gebreitet hatte.
    Nachdem das Ritual vollzogen war, machte er es sich wieder auf dem Rücksitz bequem und legte den Kopf auf die Pfoten, um sie mit jenem unerschütterlichen hündischen Optimimismus anzuschauen, den sie so gerne geteilt hätte.
    Während er ganz darauf vertraute, dass sie stets wusste, was sie tat, versuchte sie selbst immer noch zu verstehen, warum sie gerade eben so und nicht anders gehandelt hatte – oder vielmehr, warum sie nicht gehandelt hatte.
    Warum hatte sie geschwiegen? Eine simple Erklärung war,
dass der Anblick von Annie Lebows Leiche ihr im ersten Moment einfach die Sprache verschlagen hatte. Dass sie so völlig unvorbereitet gewesen war, kam ihr jetzt merkwürdig vor. Kein ahnungsvoller Schauer hatte sie überlaufen, als der Anruf gekommen und sie gebeten worden war, sich die Leiche einer Frau anzusehen, die am Leinpfad unterhalb von Barbridge gefunden worden war. Höchstwahrscheinlich eine Joggerin, die mit einem Herzinfarkt zusammengebrochen war, hatte sie sich gedacht und nur dankbar registriert, dass der Fundort der Leiche es ihr erlauben würde, den Einsatz mit einem Besuch bei den Wains zu verbinden. Auch der Anblick der Horizon hatte sie nicht auf die richtige Fährte bringen können.
    Aber in ihrem Beruf war ein Auge für Details sehr wichtig, und der Fleece-Pullover hatte den

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