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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Kundin von Piers, und wenn sie irgendwie dahintergekommen wäre, dass er sie betrog, dann hätte er ein blitzsauberes Motiv für den Mord an ihr gehabt. Du kannst doch nicht …«
    »Das interessiert mich nicht. Ich werde nicht mithelfen, Caspars Geschäft zu ruinieren, und das nur wegen irgendwelcher Hirngespinste von dir …«
    »Es interessiert dich nicht?« Er stand auf, ging zum Kamin und stocherte mit dem Schürhaken in der kalten Asche herum. »Wie kannst du sagen, es interessiert dich nicht, dass diese Frau ermordet wurde? Du hast sie nie kennengelernt. Du hast ihre Leiche nicht am Leinpfad liegen sehen, und du hast nicht Kits Gesicht gesehen, nachdem er sie gefunden hatte.«
    Zum ersten Mal wirkte Juliet ein wenig beschämt, doch ihre Haltung entspannte sich nicht. »Das ist nicht fair. So habe ich das nicht gemeint, und das weißt du auch. Du drehst einem immer das Wort im Mund um. Aber ich bin nicht bereit, die Zukunft der Kinder aufs Spiel zu setzen. Hast du dir mal überlegt, was es für Sam und Lally bedeuten würde, wenn das Geschäft
und der Ruf ihres Vaters ruiniert wären? Es geht hier um deinen Neffen und deine Nichte, verdammt noch mal – oder hast du das schon vergessen?«
    Die Lichter am Weihnachtsbaum in der Ecke funkelten, doch das ganze Zimmer war so kalt wie der erloschene Kamin, und Kincaid erinnerte sich plötzlich an all die erbitterten Wortgefechte, die er und seine Schwester sich vor langer Zeit in diesem Raum geliefert hatten. »Natürlich habe ich das nicht vergessen«, sagte er und spürte den bitteren Geschmack eines weiteren unlösbaren Konflikts. »Aber vielleicht kommt es ja gar nicht so weit, und wenn doch, dann sind das jedenfalls keine unüberwindlichen Hindernisse. Man kann mit allem fertig werden, mit einer finanziellen Krise, mit einem beschädigten Ruf – sogar mit einer gescheiterten Ehe; und die Kinder halten mehr aus, als du glaubst. Aber nichts kann Annie Lebow ihr Leben zurückgeben, und ich werde keine Gelegenheit auslassen, ihren Mörder dingfest zu machen.«
    Sie starrten einander an – keiner schien bereit, nachzugeben, und nach einer Weile füllten sich Juliets Augen mit Tränen. »Du bist ein selbstgerechter Scheißkerl, Duncan. Schon immer gewesen. Du kannst sagen, was du willst, aber ich werde leugnen, dass ich irgendwas gefunden habe.«
    »Das spielt keine Rolle. Ronnie Babcock kann Einsicht in die Akten von Newcombe & Dutton beantragen – die Verbindung, die zwischen der Firma und dem Opfer bestand, reicht dafür völlig aus. Er muss nur bei der entsprechenden Stelle eine Andeutung fallen lassen. Und unabhängig davon wird er Piers und Caspar auf jeden Fall vernehmen.«
    Juliet schüttelte einmal kurz den Kopf und schlang die Arme fest um ihren schmalen Leib, als sei die Kälte ihr bis in die Knochen gedrungen. »Glaub ja nicht, dass ich dir das je verzeihen werde.«
    Er seufzte; sein Ärger war plötzlich verflogen. »Es tut mir
leid, Jules, aber ich habe keine Wahl. Also, möchtest du selbst anrufen, oder soll ich das übernehmen?«
     
    Irgendetwas an der Stille, die ihn empfing, verriet Caspar, kaum dass er die Tür geöffnet hatte, dass das Haus leer war. Er blieb einen Moment lang in der Diele stehen und lauschte, versuchte den Unterschied zu definieren. Hatte die bloße Anwesenheit der Kinder in ihren Zimmern oder von Juliet, die am Küchentisch über ihren Rechnungen saß, eine Resonanz erzeugt, die er nie zuvor bemerkt hatte?
    Es war ja nicht so, als ob er damit gerechnet hätte, seine Familie zu Hause anzutreffen, sagte er sich, als er seinen Mantel sorgfältig in den Garderobenschrank hängte. Er war es einfach nur so sehr gewohnt, sie um sich zu haben, dass es einer bewussten Anstrengung bedurfte, sich vom Gegenteil zu überzeugen.
    Obwohl er schon im Bowling Green mit Piers ein paar Gläser getrunken hatte, ging er in sein Arbeitszimmer und schenkte sich einen guten Fingerbreit Cardhu Single Malt ein. Es war ein Whisky, den er noch nicht kannte, von Piers empfohlen, und er hatte sich die Flasche unter anderem deswegen gekauft, weil er gewusst hatte, dass Juliet sich über die unnötige Ausgabe ärgern würde – genau wie sie sich darüber ärgerte, dass er sich immer, wenn er nach Hause kam, sofort in sein Arbeitszimmer zurückzog, um sich einen Drink zu genehmigen.
    Jetzt stand er unschlüssig da und konnte sich nicht entscheiden, ob er sich an seinen Schreibtisch setzen sollte, obwohl er im Grunde nichts Dringendes zu erledigen hatte,

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