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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Aussage, falls nötig, zu bestätigen.« Achselzuckend fügte Larkin hinzu: »Ich find’s ja nicht weiter schlimm, wenn er sich ein bisschen in fremden Betten
vergnügt hat – schließlich hatten die beiden ja seit fünf Jahren getrennt gelebt. Ist doch nur menschlich, oder nicht? Aber er sagt, er hätte Annie jederzeit mit offenen Armen aufgenommen, wenn sie sich entschlossen hätte, zu ihm zurückzukehren.«
    »Das kann man hinterher immer leicht behaupten«, sagte Kincaid streng. »Aber wir können nicht wissen, ob Annie Lebow nicht an diesem Abend damit gedroht hat, ihm den Geldhahn zuzudrehen – vielleicht hatte sie ja von der Affäre mit der Nachbarin erfahren und die Sache nicht ganz so gelassen gesehen. Und wir können auch die Möglichkeit nicht ausschließen, dass besagte Nachbarin mit ihm gemeinsame Sache gemacht hat. Vielleicht hat sie ja vor, ihren Mann zu verlassen, wenn Constantine das Vermögen seiner Frau erbt.«
    »Sie sind genauso zynisch wie mein Chef«, meinte Larkin lächelnd und ließ Kincaid ihre Grübchen sehen. »Aber das erklärt noch nicht, wie er in dem dichten Nebel von Tilston nach Barbridge gekommen ist und den Weg über den Leinpfad zum Boot gefunden hat. Und er scheint mir doch eher ein Verstandesmensch zu sein, wenn Sie wissen, was ich meine. Wenn er vorhatte, sie zu töten, kann ich mir nicht vorstellen, dass er ihr einfach den Schädel eingeschlagen hätte. Ich wette, er hätte die Tat von langer Hand geplant und es wie einen Selbstmord oder einen Unfall aussehen lassen. Schließlich ist bekannt, dass sie in der Vergangenheit an Depressionen gelitten hatte.«
    »Sie haben eine außerordentlich fiese Fantasie.« Kincaid schien es enorm aufzuheitern, dass sie nicht auf Constantines Masche des trauernden Witwers hereingefallen war, und wäre Gemma über seinen Stimmungsumschwung nicht so erleichtert gewesen, hätte es sie fast ein wenig eifersüchtig gemacht.
    »Was ist mit den anderen Spuren, denen Sie nachgehen sollten?«, warf Rasansky ein, wie um die Party zu sprengen, zu der er nicht eingeladen worden war.

    »Kein Glück. Der Arzt, der die Diagnose MSS gestellt hat, hatte an dem betreffenden Abend Bereitschaft, und dafür gibt es haufenweise Zeugen. Und was die Eltern betrifft, deren Kind vom Pflegevater ermordet wurde – die Mutter hat sich zwei Jahre darauf das Leben genommen, und der Vater ist danach vollends auf die schiefe Bahn geraten. Zurzeit sitzt er wegen schwerer Körperverletzung und Drogenhandels.« Selbst die sonst so schnoddrige Larkin wirkte gedrückt, als sie diese tragische Geschichte erzählte. Sie stand auf und sagte: »Ich sollte besser diese Berichte tippen und ausdrucken, ehe der Chef die nächste Vernehmungspause macht.«
    Während Larkin zu einem freien Computerarbeitsplatz ging, nahm Rasansky Kincaid beiseite und begann ihn nach dem Dienstalltag bei Scotland Yard auszufragen. Gemma hatte den Verdacht, dass er Kincaid mit Blick auf eine Versetzung zu beeindrucken versuchte. Nach Kincaids höflich-nachsichtiger Reaktion zu urteilen, war er zu einem ähnlichen Schluss gelangt.
    Gemma rückte unterdessen den Papierstapel zurecht, den Sheila Larkin zur Seite geschoben hatte, und versuchte den Gedanken an die Eltern zu verdrängen, die durch den Tod ihres Kindes jegliche Motivation, ihr eigenes Leben in den Griff zu bekommen, verloren hatten. Als sie das oberste Blatt des Stapels in die Hand nahm, sah sie, dass es zu Annie Constantines Bericht über den Fall Wain gehörte. Gemma hatte ihn vorher schon einmal überflogen, wobei ihr der klare Stil und Constantines offensichtliches Mitgefühl ins Auge gefallen waren. Sie wünschte, sie hätte sie kennengelernt. Auch noch nach so vielen Jahren in diesem Beruf versetzte ihr die Endgültigkeit des Todes jedes Mal aufs Neue einen Schock – der menschliche Geist war so sehr auf die Zukunft ausgerichtet, auf immer neue Chancen und Möglichkeiten. Aber für Annie Constantine würde es kein Morgen mehr geben, und der Gedanke
gab Gemma einen Stich, als hätte sie einen persönlichen Verlust erlitten.
    Jetzt las sie müßig den Bericht durch, während sie mit einem Ohr der Unterhaltung von Kincaid und Rasansky lauschte. Dabei dachte sie mit Sorge an die jüngsten Geschehnisse um Caspar Newcombe und an Kincaids Reaktion darauf.
    Da sprang ihr ein Satz ins Auge. Sie hielt erschrocken inne und las ihn noch einmal, und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Sie schloss die Augen und rief sich das Bild des kleinen

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