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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Pausenhof den harten Burschen markieren mochte.
    »Geht in Ordnung«, hatte er grinsend erwidert. »Aber nur wenn du mir sagst, wie dir das Buch gefällt.«
    Danach hatten sie immer ein paar Worte gewechselt, wenn sie sich in der Stadt begegnet waren, und Babcock hatte öfter im Laden vorbeigeschaut, wenn er wusste, dass Kincaid nach der Schule dort arbeitete. Doch damit schienen die natürlichen Grenzen ihrer Freundschaft auch schon erreicht. Babcock hatte Kincaid nie zu sich nach Hause eingeladen, Kincaid ihn allerdings auch nicht, und nach dem Schulabschluss hatte es keinen Anlass gegeben, den Kontakt aufrechtzuerhalten.
    Die Jahre hatten Babcock, wie Kincaid nun sah, eher zu seinem Vorteil verändert. Er wirkte immer noch topfit, und seinem etwas verbissenen Boxergesicht zum Trotz strahlte er eine souveräne Eleganz aus, die jeden verblüffen musste, der ihn als Teenager gekannt hatte.
    »Chief Inspector?«, meinte Kincaid und zog eine Augenbraue hoch. »Bist du da nicht ein paar Sprossen zu hoch auf der Leiter, um am Heiligabend Einsätze zu fahren?«
    »Mein Inspector hat kleine Kinder zu Hause. Mein Sergeant auch.« Babcock zuckte mit den Achseln. »Und außerdem habe ich es in meinem Revier selten mit so was Spannendem wie einem mumifizierten Baby zu tun.«
    Kincaid registrierte, wie Juliet an seiner Seite zusammenzuckte, während Babcock sie interessiert beobachtete, und er fragte sich, ob er die herzlose Bemerkung wohl absichtlich hatte fallen lassen.
    Babcock zog seinen Mantelkragen noch ein Stück höher
und warf Kincaid einen strengen Blick zu. »Also, so gerne ich auch noch stundenlang hier in dem verfluchten Schneegestöber rumstehen und über die alten Zeiten quatschen würde, ich wüsste doch ganz gern, was du eigentlich hier verloren hast. Kommt eher selten vor, dass Scotland Yard uns anruft, um einen Leichenfund zu melden.«
    »Du weißt, dass ich beim Yard bin?« Irgendwie war Kincaid davon ausgegangen, dass Babcock ebenso wenig wissen könne, was er beruflich machte, wie umgekehrt.
    Seine verdutzte Miene entlockte Babcock ein Lächeln. »Das hier ist immer noch eine Kleinstadt, Kumpel. Und ich schau auch immer noch ab und zu im Laden von deinem Alten vorbei. Das Letzte, was ich gehört habe, ist, dass sie dich zum Superintendent befördert haben. Und jetzt hast du wohl noch eine Zusatzausbildung zum Hellseher gemacht, wie?«
    Der Seitenhieb saß. Kincaid war klar, dass Babcock nicht gerade begeistert war, wenn Scotland Yard hier herumschnüffelte, zumal sein Vater ihn offenbar als den Goldjungen der Stadt hingestellt hatte. »Ich verbringe hier bloß mit meiner Familie die Weihnachtsferien«, erklärte er. »Meine Schwester hat die Leiche gefunden. Sie hat bei unseren Eltern angerufen, und ich habe daraufhin die Notrufzentrale verständigt …«
    »… nicht ohne vorher gründlich hier rumzuschnüffeln und mir die Spuren zu versauen«, vollendete Babcock mürrisch den Satz.
    Kincaid zog eine Braue hoch. »Du hättest es nicht anders gemacht. Es hätte ja auch ein schlechter Scherz sein können.« Nachdem Babcock ihm mit einem unwilligen Nicken recht gegeben hatte, fuhr Kincaid fort: »Du erinnerst dich noch an meine Schwester Juliet?« Er legte Juliet die Hand auf die Schulter und schob sie sanft auf Babcock zu.
    Babcock holte den versäumten Händedruck nach. »Dachte ich mir’s doch, dass ich Sie von irgendwoher kenne. Sie sind
also jetzt Mrs. Newcombe. Ich kenne Ihren Mann.« Seine zweite Bemerkung klang seltsam reserviert, doch dann fuhr er mit unverkennbarer Aufrichtigkeit fort: »Tut mir wirklich leid, dass Ihnen das nicht erspart geblieben ist, und auch noch ausgerechnet an diesem Abend. Können Sie mir genau schildern, was passiert ist?«
    Juliet sah bleich und mitgenommen aus, doch sie antwortete klar und deutlich. »Ich bin Bauunternehmerin und renoviere gerade den alten Viehstall im Auftrag eines Ehepaars aus London namens Bonner. Ich hatte Überstunden gemacht, weil ich ein paar Arbeiten noch vor den Feiertagen abschließen wollte.«
    »Ganz allein?« In Babcocks Stimme schwang Skepsis.
    Juliet straffte ein wenig die Schultern. »Ja. Meine Leute hatte ich schon nach Hause geschickt. Ich wollte den Mörtel aus einem Stück Wand rausreißen, solange es noch hell war – und dabei habe ich es gefunden, das … Baby.«
    »Und Sie haben nicht gleich die Polizei angerufen?«
    »Nein.« Zum ersten Mal wirkte sie etwas verunsichert. »Ich … ich war mir nicht sicher … ich wollte … ich

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