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So zärtlich war das Ruhrgebiet

So zärtlich war das Ruhrgebiet

Titel: So zärtlich war das Ruhrgebiet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Kowalski
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und ließ mich mit der Platte bewundern. Niemand
meiner Mitschüler hatte je von dieser Band gehört, geschweige denn von einer Sängerin,
die Renate Knaup-Krötenschwanz hieß. Volker Kind sagte, Musik von solchen
Gruppen wäre Drogenmusik und wenn man sie höre, würde man wahnsinnig werden. Er
selbst gehe auf Nummer sicher und sei ein Fan der Rolling Stones. Komisch, von
denen hatte ich noch nie was gehört. Rollende Steine – auch ein
ziemlich blöder Name für eine Band!
     
    Ende Mai startete in der ARD eine neue Familienserie,
„Unsere kleine Farm“. In der Hauptrolle war Little Joe von den Cartwrights zu
sehen. Er hatte jetzt, wie es aussah, eine Familie und war mit ihr nach Walnut
Grove gezogen. Anstatt wilde Abenteuer zu erleben, arbeitete er jetzt als
Zimmermann und Schreiner. Wieso war er nicht auf der Ponderosa geblieben?
             Auch im Vorabendprogramm des ZDF gab es etwas
Neues, eine Zeichentrickserie namens „Hong Kung Pfui“. Aber die interessierte
mich nicht, denn ich war dreizehn geworden. Mädchen beschäftigten mich, vor
allem Katharina.
    Obwohl kaum älter als ich, war
sie bereits ein Maximum an Frau in einem Minimum an Körper. Gemeinsam mit mir hatte
sie den Konfirmandenunterricht bei Pfarrer Fängewisch besucht, und besonders
ihre Mireille-Mathieu-Frisur hatte es mir angetan. Kein Zweifel: Ohne dass sie
es beabsichtigt hatte, war es Katharina Geserske gelungen, mir den Kopf zu
verdrehen. Stand sie in meiner Nähe, reduzierte sich mein IQ reflexartig auf
eine niedrige zweistellige Zahl.
    Schließlich nahm ich all meinen
Mut zusammen und fragte sie, als ich sie zufällig am Scharfen Eck vorm Coop
traf, ob ich sie nach Haus begleiten dürfte. Sie wohnte weit draußen im
Wulfskamp, in einem alten, freistehenden Haus inmitten von Feldern, und zu
meinem großen Erstaunen stimmte sie zu. Noch erstaunter war ich, als sie auf
ihr Fahrrad stieg, denn ich hatte keines dabei. Und so trabte ich
schwitzend und keuchend Kilometer um Kilometer neben ihr her, viel zu stark
außer Atem, um ein Gespräch mit ihr führen zu können. Zu allem Unglück begann
es zu regnen, Katharina steigerte ihr Tempo, und jeder Regentropfen, der zu
Boden fiel, flüsterte mir zu: „Blödmann! Blödmann! Blödmann …“
    Als wir vor Katharinas Elternhaus
angelangt waren, hatte ich Seitenstechen und japste wie ein Greis mit Asthma
nach seinem ersten Marathon. Kein Wort kam mir über die Lippen. Katharina schob
ihr Rad in den Hof und sagte: „Na, dann tschüss!“
    Irgendwie hatte ich mir die Sache
anders vorgestellt. Aber wenn sie mich nicht wollte – auch gut. Hedda Fopel sah
ebenfalls gut aus. Also nahm ich einige Tage später all meinen Mut zusammen,
betrat eine Telefonzelle und suchte aus dem Telefonbuch ihre Nummer heraus. Ich
hatte Glück, Hedda war selbst am Apparat.
    „Hallo, Hedda, Thomas hier. Ich
wollte fragen, ob du … ob du mit mir gehen willst …“
    „Nein! Wie kommst du denn darauf?
Und Thomas?“
    „Ja?“
    „Ruf’ nie wieder an!“
    Wie machten das eigentlich die anderen
Jungs? Guido Niebecker ging fest mit Silke Zölzer, und ich hatte gesehen, wie
beide auf dem Spielplatz hinter der Hauptschule miteinander knutschten. Mann,
hatte der ein Glück. Silke Zölzer! Das war oberste Liga. Mit so einem Mädchen
würde ich mit Sicherheit nie zusammen sein. Auch nicht mit Linda Bagnato. Oder
Claudia Senner. Oder Martina Mattern. Ich würde wahrscheinlich nie mit
irgendeinem Mädchen zusammensein. Irgendwie nahmen sie mich ganz einfach nicht
wahr. Das Problem war: meine Hormone allerdings sie. Und wenn ich es nicht
besser wüsste, würde ich sagen, sie waren mächtig geschwollen und hatten zu
diesem Zeitpunkt bereits die Größe von Tennisbällen erreicht.
    Es war mir nicht klar, und auch
zu Hause war niemals die Rede davon, aber die schlimmste aller Krankheiten, die
man sich in jungen Jahren zuziehen kann, hatte mich befallen. Nach den
Windpocken, den Masern und Mumps wurde mein Körper nun von der Pubertät
heimgesucht. Der Otto-Katalog wurde mein Freund, vor allem die Seiten, auf
denen weibliche Modelle in Unterwäsche posierten. Mein persönlicher
Spitzenreiter war ein Produkt, das sich Büstenhebe nannte. Auf dem
dazugehörigen Bild konnte man die weiblichen Brustwarzen sehen. War das nicht
schon Pornographie? So einen Schweinkram abzubilden – die sollten sich was
schämen bei Otto!
     
    Im Sommer stand ein großes Abenteuer an. Fast die
komplette Familie väterlicherseits stürmte die

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