Social Netlove
taugt das Internet einfach nichts.«
»Den nächsten Mann suche ich mir auf jeden Fall wieder im richtigen Leben«, sagte ich und seufzte.
Der Nächste
… Würde es den überhaupt jemals geben oder hatte mich die Illusion vom
perfekten Jamie
und der herben Enttäuschung über Jakes Lügen nun völlig beziehungsuntauglich gemacht?
»Was den nächsten Mann betrifft …« Thomas blickte mich prüfend an und räusperte sich. »Weißt du, Matze hat mich neulich in der Firma angesprochen. Er fand es schade, dass du dich nicht bei ihm gemeldet hast. Marie, hast du nicht damals zu mir gesagt, Ablenkung sei die beste Waffe gegen Liebeskummer?«
»Liebeskummer? Das wäre ja wohl noch schöner! Doch nicht wegen dem!«
Jaja, belüg dich ruhig selbst
, höhnte eine verbitterte Stimme in mir.
Auch Thomas kaufte mir meine plötzliche Stärke nicht wirklich ab. Dankenswerterweise überging er meine misslungene Schauspieleinlage und lächelte mich aufmunternd an. »Umso besser. Vielleicht findest du ja doch mal Zeit, mit Matze essen zu gehen. Ich glaube, er würde sich freuen. Und dir würde es auch gut tun.«
»Hm«, brummte ich und lehnte mich auf meinem Balkonstuhl zurück. Ich glaubte eher weniger, dass mir noch einmal irgendein Mann außer meinem besten Freund gut tun könnte.
***
Betreff: Words can't tell …
29. Mai um 14:36
Marie,
bitte melde dich doch bei mir. Ich mache mir Sorgen. Wo bist du?
Ich kann mir vorstellen, dass du stinksauer auf mich bist. Das ist auch kein Wunder, nachdem ich dich gestern einfach so mit der Wahrheit überfallen habe. Glaub mir, das war anders geplant. Ich war total perplex, als du plötzlich vor meiner Tür standest …
Weißt du, ich hätte dich so gerne noch am selben Tag besucht, an dem du ein Treffen vorgeschlagen hast. Ich wollte sofort zum Flughafen fahren und mich in den Flieger nach Hamburg setzen. Aber ich hatte solch eine Angst, dich zu verlieren, wenn ich dir die Wahrheit erzählen würde: Dass mein Name nicht Jamie ist, sondern Jake, und dass ich nicht der tolle Musiker bin, für den du mich gehalten hast. Ich bin nur ein PR-Agent, der eine kleine Agentur führt und neben Öffentlichkeitsarbeit auch Werbung macht. Außer Jamie betreue ich noch ein paar andere semi-prominente Persönlichkeiten, die schlicht und ergreifend keine Lust darauf haben, sich selbst mit ihren Fans auseinanderzusetzen.
Das ist alles, was ich dir verschwiegen habe. Die anderen Dinge, die ich dir erzählt und geschrieben habe, entsprechen der Wahrheit. Du kennst jedes Detail meines Lebens.
Worte können nicht beschreiben, was ich gerade fühle. Traurigkeit? Wut auf mich selbst? Freude darüber, dich endlich lachen gesehen zu haben? Dich gerochen und gespürt zu haben? Hoffnung, dass du mir verzeihst?
Marie … Ich denke, ich liebe dich. Please forgive me.
Jake
Betreff: Ja, Worte können nicht beschreiben …
29. Mai um 14:57
… wie ätzend ich dich finde. Dich und deine pseudo-verständnisvolle Art, mit der du mich wochenlang um den Finger gewickelt hast.
Übrigens: Toll, dass du jetzt endlich auch ein eigenes Facebook-Profil hast, Jake Baker.
Lass mich bloß in Ruhe.
Betreff: PLEASE
29. Mai um 15:29
Bitte Marie, geh an dein Handy. Lassen dich meine Zeilen völlig kalt? Ichhabe doch gespürt, dass du bei unserem Kuss etwas gefühlt hast.
Tz
. Jake hatte wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank. Selbst
wenn
ich mich kurzzeitig zu ihm hingezogen gefühlt
hätte
, würde das doch nichts daran ändern, dass ich ihm nicht mehr vertrauen konnte.
Kurzerhand suchte ich in meiner Freundesliste nach dem Profil von
J.B
. und wollte ihn gerade aus meiner Freundesliste löschen, als mir bewusst wurde, wie kindisch das gewesen wäre. Auch die Alternative des Sperrens, so dass Jake keinen Kontakt mehr zu mir aufnehmen konnte – weder als ‚J.B.‘ noch als Jake –, wäre lediglich ein Zeichen von Schwäche gewesen. Jake sollte bloß nicht glauben, er hätte mich verletzt!
Sollte er mich doch mit Nachrichten belästigen, so konnte ich ihm immerhin ein kleines bisschen von der Zeit stehlen, die er mir durch diese erlogene
Freundschaft
genommen hatte.
Emotionslos betrachtete ich die Fotos von Jamie auf seinem Facebook-Profil. Er hatte für mich eindeutig an Schönheit verloren. Klar, er sah attraktiv aus, doch gegen Jake, der auf einigen Fotos im Hintergrund stand, hatte er keine Chance. Jamies Augen waren nicht so tiefgründig, sein Lächeln nicht so intensiv, sein Gesichtsausdruck nicht so
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