Socrates - Der friedvolle Krieger
der alte Mönch fuhr fort: »Erinnerst du dich, dass du mich vor ein paar Tagen gefragt hast, wohin du wohl gehen würdest, und ich dir geantwortet habe, dass wir später darüber sprechen würden?«
»Natürlich.«
»Nun, es ist an der Zeit. Ich habe gerade einen Brief bekommen, demzufolge sie sich auf dem Dach der Welt versammeln.«
»Seraphim, ich kann Ihnen einfach nicht folgen. Ich weiß noch nicht einmal, was Sie mit dem neuen Pferd gemeint haben - ganz abgesehen davon, dass ich keine Ahnung habe, wer ›sie‹ sind.«
Seraphim lachte, als er sagte: »Na ja, ganz so neu ist das Pferd nun auch wieder nicht, es hat sogar schon einige Jahre auf dem Buckel. Etwas Geduld, ich werde dir gleich alles erklären.« Gegen Nachmittag hatte Sergej seine wenigen Habseligkeiten gepackt und sich von den Brüdern der Einsiedelei verabschiedet. Sie nahmen es mit einem Nicken und einem Lächeln zur Kenntnis, bevor sie sich wieder ihren Pflichten zuwandten.
Bevor er sich von Seraphim verabschiedete, saß Sergej noch einige Minuten still da und dachte über das nach, was dieser ihm erzählt hatte. »Meine Aufgabe ist beendet«, hatte Seraphim gesagt, »aber es gibt andere, die dir weiterhelfen können. Ich habe von einem Treffen der Meister gehört, die alle gute und vertrauenswürdige Freunde von mir sind. Jeder stammt aus einer anderen religiösen Tradition und jeder von ihnen ist stolz auf seinen Weg, so wie ich stolz auf meinen Weg bin. Aber sie sind über alle äußeren Dogmen hinausgegangen und haben sich den spirituellen Wahrheiten und inneren Wegen zugewandt, die den Kern aller Religionen bilden.
Ich kann nicht sagen, wer alles da sein wird, aber wahrscheinlich wirst du einen Meister der Sufis kennen lernen, einen Zen-Roshi, einen daoistischen Weisen, einen Yogi der Hindus, einen jüdischen Rabbiner, eine Kahuna aus Hawaii, eine christliche Mystikerin aus Italien und einen Meister der Sikhs.«
Seraphim unterbrach sich und lächelte, als er sagte: »Und höchstwahrscheinlich wirst du einem Mann namens Georg begegnen, der in keine dieser Traditionen passt und doch in alle. Er hat die Versammlung einberufen. Es gibt ein Sprichwort in dieser Gemeinschaft, das heißt: ›Ein Licht, aber viele Lampen.‹ Jeder der Meister ist eine solche Lampe, jeder von ihnen bringt seine eigenen Praktiken, Prinzipien und Sichtweisen ein, um den Menschen zu helfen, das Tor zur geistigen Welt zu öffnen - zu erwachen.«
»Erwachen?«
»Um in die Wirklichkeit des Transzendenten hinein zu erwachen«, antwortete Seraphim. »Und um dieses Ziel zu erreichen, treffen sie sich und tauschen Erfahrungen aus. Ich glaube, es ist ihr Ziel, die absolut essentiellen Übungen für Körper, Geist und Seele zu finden. Sie wollen einen universellen Weg schaffen, der frei von allen Dogmen und kulturellen Eigenheiten ist.
Ich will dich nicht mit ihren Namen belasten, denn die wirst du noch früh genug erfahren. Du musst nur wissen, dass sie sich bald treffen, nämlich in etwa drei Monaten, und dass du deine Abreise nicht hinauszögern darfst.«
Er fügte hinzu: »Die Reise wird anstrengend sein, aber du hast ja schon einige anstrengende Reisen hinter dir.«
»Sie haben mir noch nicht gesagt, wohin ich reisen werde«, warf Sergej ein.
»Ach ja, natürlich. Schau her.« Mit diesen Worten griff Seraphim in seine Kutte und holte eine Landkarte hervor.
»Ich habe eine mögliche Route eingezeichnet. Du musst ins Ferganatal in eine Stadt namens Margelan reiten. Sie liegt in Usbekistan, im Pamirgebirge. Manche Menschen bezeichnen diese Gegend als das Dach der Welt.«
Seraphim gab ihm einen Brief. »Dies ist ein Empfehlungsschreiben von mir. Geh zu ihnen, hilf ihnen, höre zu und lerne. Du magst dies als mein Abschiedsgeschenk betrachten. Das Timing ist einfach zu perfekt, als das man dies als reinen Zufall abtun könnte. Die Möglichkeit ergab sich, als du aus freien Stücken beschlossen hast, nicht mehr auf Rache zu sinnen. Diese Entscheidung, dieser große Schritt, hat diese Reise ermöglicht.
Deine Entscheidung, den höheren Weg zu beschreiten, rechtfertigt all das, was ich dich in den letzten Jahren gelehrt habe. Socrates, dadurch, dass du nicht meine Fehler wiederholst und von dem Weg, der ins Dunkel führt, abgelassen hast, hast du mir ein Geschenk gemacht, dessen Wert sich gar nicht bemessen lässt.«
Die kräftige Stute - eines der wenigen Pferde auf Walaam - war ein Geschenk von Seraphim. Mit Zustimmung der anderen Klostervorsteher hatte er
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