Socrates - Der friedvolle Krieger
tief Luft und blickte ins Leere. »Wenn du irgendjemand davon erzählst, bin ich ein toter Mann.«
Paulina, die wieder in einen Fiebertraum hineinglitt, murmelte: »Du wirst niemals sterben, du wirst immer bei mir bleiben.«
»Paulina, bitte hör mir doch zu! Ich muss es dir jetzt sagen und du musst mir glauben. Man hat dir so viele Dinge verheimlicht, ich weiß nicht einmal, was alles. Aber eines weiß ich ganz sicher: Du darfst Sergej Iwanow auf keinen Fall umbringen.«
Er sah ihr in die Augen, aber die Lider waren geschlossen. Paulina war wieder eingeschlafen.
Zur selben Zeit, als Konstantin Paulina verließ, fielen Sakoljew und seine Männer über ein abgelegenes Gehöft her. Der Bauer Jitschok war von seinen Freunden oft genug gebeten worden, doch etwas näher zur nächsten Siedlung zu ziehen, wo er gegebenenfalls Hilfe erwarten könnte, aber er hatte nicht auf sie gehört. »Was kann man schon tun?«, hatte er mit einem Achselzucken gefragt. »Das Land ist groß und bislang sind sie nie bis hierher gekommen. Ich bin nur ein Kleinbauer und das Land gehört mir nicht einmal. Wer interessiert sich schon für mich, meine Frau und meine Kinder? Was sollten sie wohl von mir wollen? Und wäre ich denn in der Nähe der Siedlung wirklich sicherer?«
Seine Freunde schüttelten traurig die Köpfe, denn sie wussten, dass Jitschok Recht hatte. Wenn die Mörder kamen, würde er auch in ihrer Nähe nicht sicher sein. Er würde nirgends sicher sein.
Sakoljews Männer töteten Jitschok und Korolew hatte wie üblich sein Vergnügen, bevor er die Frau umbrachte. Dann wurde das Haus angezündet, aber die Männer taten es lustlos, da sie schon lange nicht mehr daran glaubten, dass sie wirklich den Willen der Kirche oder des Zaren ausführten. Sie gehorchten nur einem Willen: dem ihres Atamans.
Plötzlich brach ein Streit wegen der Kinder aus. Einige der Männer wollten sie mitnehmen, andere hingegen nicht. Sakoljew schrie wütend: »Tötet sie auf der Stelle und macht es so schmerzlos wie möglich.« Das war seine Vorstellung von Mitgefühl. Die Männer gehorchten - wie immer.
Bevor sie das Haus anzündeten, hatten die Männer alles Wertvolle herausgeschafft, damit sich der Ataman später in Ruhe die Beute anschauen konnte. Aber heute war etwas besonders Kostbares dabei: eines der besten Pferde, das Sakoljew je gesehen hatte. Mit den wilden Augen und dem rotbraunen Fell würde es ein prächtiges Streitross abgeben. Kaum zu glauben, dass diese Juden es aufgezogen hatten!
Der Ataman lachte, während hinter ihm das Haus niederbrannte und den Nachthimmel erhellte. Trunken vor Begeisterung und Macht warf er dem erschreckten Hengst das Zaumzeug über und rief: »Ich taufe dich auf den Namen Woschd - Führer.«
Alles schien gut zu sein, bis sich einer der Männer namens Gumlinow zu Wort meldete. »Das ist tatsächlich ein wunderbares Pferd, Ataman, aber sicher erinnerst du dich, dass mein Pferd bereits Woschd heißt. Wir können doch wohl nicht beide ein Pferd mit demselben Namen haben, oder?«
Gumlinow blieben die Worte im Hals stecken, als er den Unheil verkündenden Ausdruck auf Sakoljews Gesicht sah. Plötzlich wurde der Ataman ganz ruhig, fast heiter. Er schlenderte betont langsam zu Gumlinows Pferd hinüber und sagte lachend zu seinem Mitkämpfer: »Wie gut, dass du Gumlinow heißt und nicht Sakoljew, sonst könnte uns niemand auseinander halten.« Der Witz löste die Spannung und die Männer - auch Gumlinow - lachten erleichtert auf.
Aber das Lachen erstarb schnell, als Sakoljew seinen Säbel zog und mit einem einzigen Hieb Gumlinows Pferd ein Hinterbein abtrennte.
Wiehernd versuchte das Pferd, auf die Hinterbeine zu steigen, aber es fiel zu Boden und konnte nicht wieder aufstehen. Aus der offenen Wunde spritzte das Blut. Ein äußerlich immer noch ganz ruhiger Sakoljew packte das blutige Bein und warf es sich über die Schulter, während das Tier vor Schmerzen schrie. Gumlinow stolperte mit weit aufgerissenen Augen zurück und starrte abwechselnd Sakoljew und sein Pferd an.
Die anderen Männer sahen mit weit offenen Mündern stumm zu. Sie hatten den Ataman schon seltsame Dinge tun sehen, aber dies hier - Grausamkeit gegenüber einem Pferd - war ein Sakrileg, das das Kosakenblut der Männer zum Kochen brachte.
Mit diesem Akt hatte Sakoljew die Grenze zum Wahnsinn endgültig überschritten. Er fuchtelte mit dem Bein wie mit einem Stock herum und rief lachend: »Nun können wir unsere beiden Pferde wenigstens
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