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Socrates - Der friedvolle Krieger

Titel: Socrates - Der friedvolle Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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weil Verwundete versorgt werden müssen und den Vormarsch eines Feindes verlangsamen, sondern auch von einer höheren Warte aus. Wunden werden verheilen und der Soldat kann anschließend zu seiner Familie zurückkehren, aber der Tod ist unwiderruflich und jede Seele eines von euch Getöteten wird auf eurem Gewissen lasten. Geht jetzt auf eure Stuben und denkt darüber nach, was ich euch gerade gesagt habe.«
    Dann erhielten sie Hosen mit roten Streifen an den Seiten, die denen der Offiziere ähnelten. Als die elf Kadetten zurück zu ihren Gebäuden marschierten, bemerkte Sergej eine gewisse Kameradschaft in der Gruppe, die wohl dadurch entstanden war, dass sie die äußerst schmerzhafte Prüfung gemeinsam über- und bestanden hatten.
    Einer der Kadetten hatte einem der Instruktoren eine Flasche Wodka gestohlen - was an sich ein unerhörter Akt war -, die er nun mit den anderen teilte. Sie ließen die Flasche kreisen und Sergej betrank sich zum ersten Mal in seinem Leben. Als der Alkohol seine Wirkung tat, konnte er nicht mehr aufhören zu lachen, bis ihm irgendwann speiübel wurde und er sich - wie einige der anderen auch - übergeben musste. Später hatte er einen fürchterlichen Nachdurst, aber die Wodkaflasche war leer. Da erinnerte sich Sergej daran, dass sich sein Vater zu Tode getrunken hatte, und er fragte sich, ob auch in ihm ein Säufer steckte.
    Seine Wunde war nach ein paar Wochen verheilt, aber er würde für den Rest seines Lebens eine Narbe zurückbehalten, die ihn immer an jenen Tag erinnerte, an dem er ein Mitglied der Elitegruppe geworden war.
    Kurz darauf musste die Elite sieben Tage ohne Nahrung auskommen und die letzten beiden Tage noch zusätzlich ohne Wasser. Der Sinn dieser Übung war vielschichtig, wie ihnen Instruktor Orlow erklärte: »Erstens werdet ihr die instinktive Furcht vor dem Hunger verlieren, sodass es euch, wenn ihr während einer Schlacht von der Truppe abgeschnitten werden solltet, gleichgültig sein wird, ob ihr etwas zu essen habt oder nicht. Und zweitens reinigt gelegentliches Fasten den Körper und stärkt die Konstitution.«
    »Und drittens«, flüsterte einer der Kadetten, »spart die Anstalt auf diese Weise einiges an Geld.« Die anderen mussten ein Lachen unterdrücken. Aber am Ende des ersten Tages lachte niemand mehr. Alle hatten furchtbaren Hunger und waren äußerst schlechter Laune. Am zweiten Tag gab einer der Kadetten auf, sodass nur noch zehn übrig blieben. Zusätzlich wurde von ihnen verlangt, dass sie mehr arbeiteten und härter trainierten als sonst, sodass sie keine Zeit hatten, über ihre leeren Bäuche zu jammern.
    Während dieser sieben Fastentage fühlten sich Sergej und die anderen oftmals völlig ermattet, erlebten dann aber wieder Phasen plötzlicher Leichtigkeit und vermehrter Energie. Die beiden letzten Tage ohne Wasser waren die schwersten. Danach beendeten sie das Fasten mit einem Reinigungsritual, das einer zweiten Taufe glich.
    Alexej erinnerte sie noch einmal: »Ihr werdet Elitesoldaten, indem ihr eine Eliteausbildung absolviert. Und eines Tages werden aus euch echte Krieger werden - Krieger, wie die dreihundert Spartaner, die vor langer Zeit den Pass an den Thermopylen drei Tage lang gegen dreihunderttausend persische Kämpfer hielten.«
    »Was wurde aus ihnen?«, fragte einer der Jüngeren.
    »Sie starben bis auf den letzten Mann«, antwortete Alexej.

9
    S ergej konnte förmlich spüren, wie alles an ihm wuchs und sich ausdehnte: seine Gedanken, seine Sehnsüchte, sein Geist und sein Körper. Man wies ihm eine neue Stube in den Männerquartieren zu. Sakoljew war mittlerweile neunzehn und gehörte damit zu den Seniorkadetten. Dass er die Jüngeren völlig ignorierte, kam Sergej sehr gelegen.
    Die Ausbildung in Waffenkunde, Tarnung, erste Hilfe und Überlebenstraining ging unvermindert weiter. Unbewaffneter Nahkampf wurde auch weiterhin von Alexej unterrichtet. Eines Tages verkündete der Instruktor: »Heute werden wir Würgegriffe üben und wie man sich aus ihnen befreit. Wenn euer Partner euch würgt, tut alles, um euch zu befreien, aber fügt ihm keinen bleibenden Schaden zu. Erforscht eure Möglichkeiten. Findet selbst heraus, was funktioniert und was nicht. Wenn ihr euren Partner würgt, wird dieser nicht reden können, deshalb wird er mit seiner Hand gegen seinen Schenkel schlagen, wenn er nicht mehr kann. Das ist für euch das Signal, ihn augenblicklich loszulassen. Tut ihr das nicht, wird er möglicherweise das Bewusstsein verlieren.

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