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Socrates - Der friedvolle Krieger

Titel: Socrates - Der friedvolle Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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Träne aus dem Auge und erklärte: »Es ist alles in Ordnung. Mutter wollte nur nicht, dass wir sie schon wieder weinen sehen. Sie backt zur Feier des Tages einen Honigkuchen.«
    Je weiter der Frühling ins Land rückte, desto öfter machten Sergej und Anja abends Spaziergänge, wenn es ihr Zustand erlaubte. In den ersten Monaten hatte Anja es nicht leicht gehabt, aber nun im fünften Monat fühlte sie sich pudelwohl. Sonntags unternahmen sie kleine Wanderungen und sprachen über ihre gemeinsame Zukunft.
    Am ersten Sonntag im Juni, im sechsten Monat von Anjas Schwangerschaft, machten die beiden einen Ausflug zu der Wiese, auf der er die Uhr seines Großvaters, die nun auf dem Kaminsims stand, ausgegraben hatte.
    Als sie im Schatten der Bäume am Rand der Wiese entlanggingen, sah Sergej immer wieder besorgt zu seiner Frau herüber, um sicherzugehen, ob auch wirklich alles in Ordnung war. Er hätte sich keine Sorgen machen müssen, denn Anja strahlte und zeigte begeistert auf Vögel, Rehe und Hirsche.
    Das hohe Gras bewegte sich in der leichten Brise. Überall blühten rote, gelbe und lila Blumen.
    »Wie schön es hier doch ist«, sagte sie. »Komm, wir wollen unsere Decke dort drüben unter den Bäumen ausbreiten.«
    Sie aßen, bis sie satt waren, und waren froh, dass sie einmal einen ganzen Tag allein verbringen konnten. Wenn Sergej in diesem Moment gestorben und in den Himmel gekommen wäre, hätte er den Unterschied nicht einmal gemerkt, so wunderbar war es mit Anja auf dieser Wiese.
    Die einzige Störung an diesem perfekten Nachmittag war eine Staubwolke, die im Osten sichtbar wurde. Es waren Reiter, die im gestreckten Galopp vorbeizogen. Da sie nicht auf die Wiese zuhielten, entspannte sich Sergej und legte sich wieder hin. Der Vorfall erinnerte ihn aber an die Reiter, die ihn ein Jahr zuvor befragt hatten. Als er ein paar Minuten später noch einmal aufsah, war nichts mehr zu sehen. Aber er hatte ein ungutes Gefühl und war froh darüber, dass sie bald nach Amerika gehen würden, wo ihr Sohn in Freiheit geboren werden würde.
    An diesem Abend gab Sergej beim Abendessen bekannt, dass er nun genug Geld für zwei Fahrkarten und für die ersten Wochen in Amerika gespart hatte und dass sie in ein paar Wochen abreisen würden. Er sagte nichts von dem Gefühl des Unheils, das auf seiner Seele lastete, weil er die anderen nicht mit seinen düsteren Vorahnungen beunruhigen wollte.
    Als Anja das Geschirr abräumte, setzte sich Valeria neben Sergej, nahm seine Hand und flüsterte ihm zu: »Sergej, habe ich dich nicht immer geliebt und bin ich nicht immer gut zu dir gewesen?«
    »Ja, Mutter, aber …«
    Froh darüber, dass sie es so schlau angefangen hatte, fuhr Valeria schnell fort: »Du weißt, dass ich meine Tochter wahrscheinlich nie wieder sehen werde. Ich möchte wenigstens mein Enkelkind einmal sehen.«
    Sergej hatte so etwas befürchtet. Und als Nächstes will sie noch, dass wir bis zum Bar Mitzwah des Kindes bleiben , dachte er. Aber so leicht würde er sich nicht von seinen Plänen abbringen lassen. »Andreas wird heiraten«, antwortete er. »Dann wirst du viele …«
    Valeria unterbrach ihn. »Wer kann das wissen?«, warf sie ein. »Andreas hat bisher noch nie an Heirat gedacht und an Kinder schon überhaupt nicht. Sergej, ich bitte dich doch nicht, auf ewig hier zu bleiben. Ich würde es tun, wenn ich glaubte, dass es diese Möglichkeit überhaupt gäbe. Aber kannst du mir denn diesen Herzenswunsch nicht erfüllen und noch ein klein wenig länger bleiben? Lass mich meiner Tochter helfen, wenn sie ihr Kind bekommt.«
    Sergej wandte seinen Blick von Valerias gequältem Gesicht ab und sah Anja im Türrahmen stehen. Sie hatte die ganze Zeit zugehört und wartete nun stumm auf seine Antwort.
    Trotz des unguten Gefühls, das Sergej hatte, hörte er sich selbst sagen: »Also gut, Mutter. Du wirst bei der Geburt deines ersten Enkelkindes dabei sein, aber sobald wir reisen können, werden wir ohne weitere Verzögerung gehen.«
    Eine überglückliche Valeria umarmte ihn. »Du bist ein guter Mensch, Sergej.«
    »Und ein guter Ehemann«, fügte eine strahlende Anja hinzu.

18
    A ls Gregor Stakkos und der einarmige Riese Korolew in einem Kosakendorf im Kaukasus ankamen, verhielten sich beide zunächst unauffällig. Da sie offensichtlich Krieger waren, hieß man sie willkommen und versuchte sie in das Dorfleben zu integrieren. Sie arbeiteten für Unterkunft und Verpflegung und hofften auf eine günstige Gelegenheit, um sich

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