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Socrates - Der friedvolle Krieger

Titel: Socrates - Der friedvolle Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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verteidigen.
    So zogen sie umher, wechselten dauernd ihren Aufenthaltsort und schlachteten gelegentlich Juden ab, bis eines Tages ein von Stakkos ausgeschickter Spähtrupp zurückkehrte. Stakkos hörte zu, was die Männer zu sagen hatten, dann gab er bekannt: »Brecht das Lager ab! Wir reiten nach Norden!«
    Sie ritten los wie ein Wirbelwind und vernichteten alles, was sich ihnen in den Weg stellte. Dann waren sie plötzlich spurlos verschwunden.

19
    A nfang Juli, als die Sommerhitze mit Macht über Sankt Petersburg herfiel, war Sergej zu der Überzeugung gekommen, dass seine innere Unruhe völlig normal für einen werdenden Vater war. Aber er sorgte sich immer mehr, weil er nie zuvor ein solches Glück gekannt hatte und es unter allen Umständen bewahren wollte.
    Er erinnerte sich daran, dass sein Großvater zu ihm gesagt hatte: »Es wird Zeiten geben, mein kleiner Socrates, da wirst du wollen, dass sich die Dinge verändern. Aber es wird auch Zeiten geben, in denen du willst, dass sich nie etwas ändert. Aber das Leben ist ein Buch, das von Gott geschrieben wird und nicht von uns.«
    An diese Worte musste er denken, als er in der Zeitung von den Gerüchten über Überfälle auf jüdische Siedlungen im Süden las. Wieder hatte er dieses ungute Gefühl im Bauch. Aber dann dachte er daran, dass sie schon in ein paar Monaten in Amerika sein würden. Und irgendwann würden auch Valeria und Andreas nachkommen.
    Da sie jeder Tag der bevorstehenden Trennung näher brachte, nahmen die Abende, an denen die Familie zusammensaß, eine geradezu religiöse Färbung an. Valeria wich nicht von der Seite ihrer Tochter und wollte ständig um sie sein. Sergej ließ ihr ihren Willen, denn schließlich hatten er und Anja noch ein ganzes Leben vor sich, während sich Valerias Zeit mit ihrer Tochter dem Ende zuneigte.
    Als sich Valeria eines Abends zu ihm setzte, legte er die Zeitung aus der Hand und sah sie fragend an.
    »Ich hoffe, das Abendessen hat dir geschmeckt, Sergej.«
    »O ja, vielen Dank.«
    »Anja ist schon zu Bett gegangen, um noch etwas zu lesen. Wir sollten uns einmal unterhalten.«
    »Natürlich.«
    Nach anfänglichem Zögern sagte Valeria: »Es ist wunderbar, eine Mutter zu sein, Sergej, aber manchmal bricht es mir auch das Herz. Denn die, die wir lieben, werden umso mehr vermisst, wenn sie fortgehen. Wenn ich mich jetzt mit Anja unterhalte, kann ich ihr nie sagen, was ich wirklich fühle. Ich möchte ihr sagen, wie sehr ich sie liebe, aber sie kann das nicht verstehen. Sie wird es erst verstehen, wenn sie selbst ein Kind großgezogen hat. Dann wird sie es verstehen und sie wird mich vermissen. Sie wird mich furchtbar vermissen.«
    Valeria fing an zu weinen. Da Sergej nicht wusste, was er tun sollte, saß er einfach still neben ihr. Er versuchte gar nicht erst, sie zu trösten, denn wie kann man eine Mutter trösten, wenn die Stunde des Abschieds naht? Nach einer Weile ließ Valeria seine Hand los, die sie fest umklammert gehalten hatte, dankte ihm dafür, dass er ihr zugehört hatte und stand auf, um in ihr Zimmer zu gehen.
    Die nächsten Worte waren nicht für ihn bestimmt, sondern mehr geflüsterte Gedanken. Valeria sprach wie im Schlaf: »Eine Großmutter sollte bei ihrem Enkelkind sein …« Dann seufzte sie noch einmal tief auf und ging in ihr Zimmer.
    Es war klar, was sie quälte. Sie wollte mit ihnen gehen, aber sie konnte es nicht über sich bringen, Russland zu verlassen. Ihre Wurzeln waren hier, aber ihr Herz würde sich immer nach dem Enkel jenseits des Meeres sehnen.
    Obwohl die Geburt erst in ein paar Wochen sein würde, wurde Valeria von Tag zu Tag nervöser - nicht wegen der Geburt an sich, sondern weil sie die Abreise ihrer Tochter mit sich bringen würde.
    Valerias Gefühle gegenüber Sergej wurden immer zwiespältiger. Einerseits mochte sie ihn, andererseits war er der Mann, der ihre Tochter und ihr Enkelkind in ein fernes Land entführen würde.
    In den letzten Wochen vor der Geburt kündigte Sergej seine Stellung, besorgte Koffer und die Fahrkarten nach Hamburg und half Anja zu entscheiden, welche Dinge sie mitnehmen wollten. Valeria ihrerseits war eifrig damit beschäftigt, sich auf die Geburt ihres Enkels einzurichten. So bereiteten sich die einen auf eine Ankunft, die anderen auf einen Abschied vor.
    Am dritten Sonntag im Juli bat Anja Sergej, gemeinsam zu einem Picknick auf ihrer »Glückswiese« zu fahren, wo sie ihre geschwollenen Füße im kalten Wasser der Newa kühlen wollte. Sergej war bei

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