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Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Titel: Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Transportschächte unterteilt wurde. Conal Nord betrachtete neugierig die Container, die sich auf- und abbewegten, und die Menschen auf den kleinen Plattformen zur Personenbeförderung: Universitätsdiener in ihren roten Trikots, Techniker in blauen, glänzenden Schutzanzügen, Uniformierte mit geschulterten Strahlenwaffen, unterwegs, um irgendwo die Wachen abzulösen. Das ferne Dröhnen einer Pumpenanlage hing in der Luft. Nord dachte an den Fluß in der Welt unter dem Mondstein, doch dann sagte er sich, daß eine Anlage von der Größenordnung, wie sie für diese läppische Schüssel voll Wasser gebraucht wurde, bestimmt nicht solchen Lärm machte.
    »Das Wasserwerk von Kadnos«, erläuterte Simon Jessardin. »Es liegt in der Nähe. Strom- und Wasserversorgung fallen in den Verwaltungsbereich der Universität.«
    Der Venusier nickte nur.
    Was fiel nicht in den Verwaltungsbereich der Universität? Während er dem Präsidenten durch einen der kahlen Flure folgte, überlegte Conal Nord, daß die Universität von Kadnos im eigentlichen Sinne das Zentrum der Vereinigten Planeten war. Das Zentrum und der Lebensnerv. Alles Wissen wurde hier gespeichert, die Entscheidungen des Rats stützten sich stets auf die Erkenntnisse der Wissenschaft, von hier aus wurde das tägliche Leben der marsianischen Bürger geregelt. Die Wissenschaft hatte das Modell des bestmöglichen Staates entwickelt, die Wissenschaft entschied über das Zusammenleben der Menschen, die geeignete Tätigkeit für jeden einzelnen, die Zahl seiner Kinder, die Art seiner Vergnügungen, die Zeit, die er seine Kräfte in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen hatte. Das entsprach der Vernunft, und da es so war, befand sich das System im Recht, wenn es Gehorsam verlangte. Unvernunft und Egoismus waren die Kräfte, die vor mehr als zweitausend Jahren die Erde zerstört hatten. Man durfte sie nicht mehr dulden. Wer nicht freiwillig der Vernunft gehorchte und der Gemeinschaft diente, der wurde gezwungen. So wie jene Merkur-Siedler gezwungen worden waren, die jetzt für den Rest ihres Lebens in den Bergwerken des Mondes schufteten.
    Conal Nord versuchte, die beunruhigenden Gedanken abzuschütteln.
    Einer der Merkur-Siedler war sein Bruder gewesen, was nur sehr wenige Eingeweihte wußten. Aber das Gesetz traf jeden ohne Ansehen der Person, und das war gut so. Als Generalgouverneur der Venus hätte Conal Nord seinen Bruder retten können. Er hatte es nicht getan, denn es durfte keine Sonderrechte und Privilegien geben. Und er war auch heute noch überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
    Warum nur fiel ihm gerade jetzt diese alte Geschichte wieder ein?
    Der Venusier lächelte mechanisch, als er Simon Jessardins forschenden Blick spürte. Vor ihnen glitt eine Tür auseinander und gab den Blick in einen quadratischen, völlig leeren Raum frei. Wächter mit Strahlenwaffen standen an den Wänden und salutierten. Nord nickte ihnen zu, dann konzentrierte er sich auf die Glasscheibe, die die ganze Stirnwand des Raums einnahm.
    Was dahinter lag, war ein schimmernder Tunnel, der sich wie in einer grotesken Verzerrung der natürlichen Perspektive verjüngte.
    Conal Nord runzelte die Stirn. Er konnte beim besten Willen nicht erkennen, was am Ende des Tunnels lag: die Wände schienen zusammenzulaufen und zu verschmelzen. Aber dafür glaubte er jetzt, auf der schimmernden Glasfläche die feinen Linien einer Tür zu entdecken. Er wandte sich Simon Jessardin zu und hob fragend die Brauen.
    »Dieses Material- ist es Mondstein?«
    »Ja. Der Tunnel bildet die Schleuse, die die Mikro-Transzendenz ermöglicht. Theoretisch wäre es jedem von uns möglich, die Welt unter dem Mondstein zu betreten.«
    »Und wo würden wir herauskommen? In dem Felsentor?«
    »Richtig. Es ist der einzige Weg.« Nicht einmal Simon Jessardin oder der wissenschaftliche Leiter des Projekts wußten, daß es in Wahrheit noch einen zweiten Weg gab. »Schauen Sie«, sagte der Präsident. »Es ist soweit.«
    Conal Nord hatte die Bewegung am Ende des Tunnels bereits entdeckt.
    Ein winziges schwarzes Figürchen, scheinbar unendlich weit entfernt. Der Venusier wich unwillkürlich einen Schritt zurück, als er sah, mit welch unbegreiflicher Geschwindigkeit sich die Gestalt näherte. Dann machte er sich klar, daß dieser Eindruck täuschte. Die Figur in der schwarzen Rüstung war überhaupt nicht weit entfernt gewesen. Sie wuchs. Sie brauchte nicht mehr als ein Dutzend Schritte, um den Tunnel zu passieren,

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