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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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war! Aber so? Normalerweise würden sie wohl überhaupt nicht so leicht jemanden opfern. Aber jetzt muß man berücksichtigen, daß sie in einer verzweifelten Lage sind.«
    »Und daß sie zudem nicht mehr bereit sein dürften, irgendwelchen Zusicherungen zu glauben«, vollendete Jessardin nachdenklich. »Nun, wir werden sehen.« Er wandte sich dem Arzt im weißen Anzug mit dem silbernen Gürtel zu. »Ich möchte später mit einem der Gefangenen sprechen - mit dem jungen Akolythen. Sorgen Sie dafür, daß er nicht unter Drogen steht.«
    »Sehr wohl, Präsident. Und die anderen? Können wir mit der Behandlung beginnen?«
    »Noch nicht. Lassen Sie sie schlafen, bis Sie weitere Anweisungen bekommen.«
    Jessardin wandte sich ab.
    Er schwieg, während das Transportband sie durch die weißen Korridore der Klinik und später durch das gläserne Transportnetz zurück in den Regierungssitz trug. Professor Raik dachte an die Sitzung des Krisenstabs, die vor ihm lag. Wieder einmal würde endlos geredet werden: von den Vertretern des Vollzugs, der Psychologischen Fakultät, der Projektgruppe Mondstein und anderem mehr. Der Lösung würden sie nicht näherkommen. Seit der Katastrophe im Museumssaal hatte es ständig Irrtümer gegeben. Die Beteiligten waren aufgebracht und zutiefst beunruhigt, da jeder Irrtum der allmächtigen Wissenschaft an den Grundfesten der Staatsordnung rüttelte.
    Simon Jessardin beschäftigte sich immer noch mit der Frage, welche Kraft es war, die zweihundert Jahre lang das scheinbar so regellose Zusammenleben der Tiefland-Stämme stabilisiert hatte.
    Fast zuckte er zusammen, als er in seinem Büro auf Conal Nord stieß. Der Generalgouverneur trug eine leichte Tunika in Ockergelb, die Jessardin irritierte, bis ihm einfiel, daß es auf der Venus nicht üblich war, Farben bestimmten Tätigkeiten zuzuordnen.
    Der Venusier hatte den Informator bedient und die letzten Berichte abgerufen. Er runzelte die Stirn, als er sich umwandte.
    »Sie müssen durch die Alpha-Ebene entkommen sein«, stellte er fest. »Mit dem Liquidationschef als Geisel, wie ich sehe.«
    »Richtig. Aber das beantwortet nicht die Frage, wohin sie entkommen sind. Die Alpha-Ebene haben sie inzwischen mit Sicherheit verlassen.«
    »Existiert eine Verbindung ins alte Kadnos?«
    »Ja. Aber woher sollten sie wissen, daß die Häuser dort leer stehen?«
    »Ich habe es ihnen erzählt.« Nord zuckte die Achseln. »Ich muß zugeben, daß ich ihnen recht viel erzählt habe, um sie zum Aufgeben zu bewegen. Aber sie scheinen ihre eigenen Vorstellungen darüber zu haben, was unmöglich ist und was nicht.«
    »Mit einigem Recht.« Jessardin ließ sich hinter seinen Schreibtisch sinken. »Rekapitulieren wir die Tatsachen! Es war unmöglich, daß Charru von Mornag ganz allein aus dem Mondstein entkam, mit einem Lasergewehr in der Sternwarte auftauchte und den diensthabenden Astronomen über das Weltall ausfragte. Wir glaubten, mit der Schließung der Pumpstation jedes weitere Risiko ausgeschaltet zu haben, und die Terraner entkamen durch das Tor der Schwarzen Götter. Dem Vollzug lieferten sie eine Schlacht, in der Liquidationszentrale entfesselten sie das Chaos, und jetzt sind sie immer noch frei. Das alles war unmöglich und ist dennoch geschehen. Ich frage mich, was jetzt noch kommt, Conal.«
    Der Venusier preßte die Lippen zusammen. Sein schmales, gutgeschnittenes Gesicht unter dem blonden Haar wirkte abgespannt.
    »Vermutlich hätten wir auf den Rat des Wissenschaftlichen Leiters hören und Charru von Mornag sofort liquidieren sollen,« sagte er müde.
    »Vermutlich. Jetzt ist es zu spät. Und nach meiner persönlichen Einschätzung der Lage ist es auch zu spät dafür, das Problem dem Vollzug zu überlassen.«
    Conal Nord hob den Kopf. »Wie meinen Sie das, Simon?«
    »Betrachten Sie die Tatsachen. Die Terraner sind in einer verzweifelten Lage, zum Äußersten getrieben, sie kämpfen ums nackte Überleben, und sie haben Waffen. Strahlenwaffen, Conal! Wir können das Problem nicht mehr mit einer schnellen, unauffälligen Exekution lösen. Sie würden vernichtet werden, aber vorher gäbe es eine blutige bewaffnete Auseinandersetzung einen Krieg im alten Kadnos. Können Sie sich die moralische Wirkung auf die Bevölkerung vorstellen?«
    Conal Nord nickte.
    Deutlich erinnerte er sich an das blanke Entsetzen in den Augen der Vollzugsbeamten, die an der Aktion in Kadnos-Vorland beteiligt gewesen, waren. Und er sah sich selbst über die Kuppel des Mondsteins

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