Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Söhne der Erde 05 - Flucht in die Sonnenstadt

Söhne der Erde 05 - Flucht in die Sonnenstadt

Titel: Söhne der Erde 05 - Flucht in die Sonnenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
Vom Netzwerk:
leichten Dolch aus der Scheide und holte weit aus.
    Helder Kerr verlor die Nerven.
    Alles, was er an den Barbaren fürchtete, was ihn an ihrer Wildheit erschreckte, was ihm an ihrem Wesen unverständlich war - für diesen einen Sekundenbruchteil schien es in der Haltung der raubtierhaft geduckten bronzenen Gestalt dort zu liegen, in dem zornlodernden Gesicht und dem kalten blauen Feuer der Augen. Kerrs Kugel wäre schneller gewesen als der Dolch, aber er war unfähig, kontrolliert zu handeln. Das Entsetzen packte ihn wie eine Faust. Blindlings warf er sich herum, schrie auf und tauchte mit einem taumelnden Sprung in die Deckung des Gangs, während der Dolch gegen die gekrümmte Außenwand des Schiffs klirrte.
    Charru blieb schwankend stehen und kämpfte gegen den Drang, die Verfolgung aufzunehmen.
    Mit zwei Schritten erreichte er Ayno und ließ sich neben ihm auf die Knie sinken. Gillon richtete sich auf, das Gesicht blaß und hart. Vorsichtig drehte er den Jungen auf die Seite und untersuchte die lange Schramme, die sich über seine Rippen zog.
    Nur ein Kratzer, eine oberflächliche Fleischwunde.
    Ayno regte sich schon wieder. Gillon schüttelte heftig den Kopf.
    »Dieser Narr! Er hätte tot sein können!«
    »Oder ich, wenn er sich nicht dazwischengeworfen hätte. Er hat mir das Leben gerettet, Gillon. Nenne ihn keinen Narren, nur weil du dir Sorgen um ihn machst.«
    Charru lächelte dabei.
    Er wußte, daß der junge Akolyth bei Bewußtsein war und die Worte hörte.
V.
    Helder Kerr rettete sich blindlings in einen Transportschacht, der abwärts führte.
    Keuchend rang er nach Atem. Das Bewußtsein, auch in dem Schacht in der Falle zu sitzen, traf ihn wie ein Stich ins Hirn. Als die Tür auseinander glitt, lag ein leerer Raum vor ihm, und er taumelte fast vor Erleichterung, während er in einen der abzweigenden Laufgänge hastete.
    Die Panik klang nur langsam ab und ließ ein würgendes Gefühl der Übelkeit zurück. Hatte er den jungen erschossen? Wahrscheinlich...Und wenn es so war, gab es nichts mehr, das ihn, Kerr, vor der Wut der Barbaren retten würde, falls sie ihn erwischten.
    Er schauerte.
    In seiner Erinnerung brannte immer noch das Bild der wilden Gestalt, dieses dunklen Gesichtes, in dem so viel Trauer und leidenschaftlicher Zorn gelegen hatten. Helder Kerr war bereit, notfalls sein Leben für das Wohl des Staates zu opfern. Aber für ihn, den Marsianer, war der Tod immer nur eine abstrakte Vorstellung gewesen, ein kalter, mechanischer Vorgang innerhalb der Klinik oder der Liquidations-Zentrale. Selbst einen Tod im Kampf hatte er sich nie anders vorstellen können denn als blitzartiges Verlöschen in einem Energieblitz oder einem Laserstrahl. Hier jedoch, bei dem Überfall der Priester, hatte er ein anderes Gesicht des Todes gesehen, blutig und gewaltsam, und jedesmal, wenn er daran dachte, mußte er sich von neuem gegen die Panik wehren, die ihn zu überwältigen drohte.
    Langsam, so lautlos wie möglich, folgte er dem Gang.
    Er hatte die Orientierung verloren. Seine Rechte umklammerte den Griff des Revolvers. Vier Kugeln waren noch in der Trommel. Damit konnte er sich nicht den Weg freischießen, ganz davon abgesehen, daß ihm vor dieser Vorstellung graute, aber er konnte immerhin versuchen, die Waffe irgend jemand an die Schläfen zu setzen.
    Bei marsianischen Gegnern hätte er an diese Möglichkeit keinen Gedanken verschwendet.
    Aber die Barbaren reagierten anders: primitiv, gefühlsmäßig, unvernünftig. So unvernünftig wie der Junge, der sich einfach in die Schußlinie einer Waffe warf, oder die drei Krieger, die es damals allen Ernstes mit den Wachrobotern von Kadnos aufgenommen hatten, um Charru von Mornag zu befreien. Sie würden nicht das Leben eines ihrer Gefährten opfern, um ihn, Kerr, an der Flucht zu hindern. Sie würden zumindest zögern, würden nicht schnell genug handeln, und das genügte.
    Der Marsianer preßte die Lippen zusammen.
    Während er weiterschlich, beruhigte sich sein Herzschlag, und er gewann einen Teil seiner kühl kalkulierenden Selbstsicherheit zurück. Die beste Geisel, überlegte er, wäre Charru selbst, aber an den würde er nicht herankommen. Wer sonst? Der Junge? Der weißhaarige alte Mann oder dieser Camelo von Landre, der als Blutsbruder des Fürsten galt?
    Kerr schüttelte den Kopf, weil ihm der Fehler in seinen Überlegungen aufging.
    Jeder, an den er gedacht hatte, würde sich bedenkenlos wehren, ohne Rücksicht auf das eigene Leben, würde sich selbst

Weitere Kostenlose Bücher