Söhne der Erde 08 - Sucher der Zukunft
ihr die Erde erreicht - versuch dir doch vorzustellen, was dich dort erwartet! Ein Leben in der Wildnis! Barbarei! Die Erde ist immer noch ein zerstörter Planet, Lara. Sie besteht zum größten Teil aus Wüsten, Felsengebirgen, einer lebensfeindlichen Umgebung.«
»Genau wie der Mars, oder?« fragte Lara mit einem matten Lächeln.
»Das ist nicht zu vergleichen. Ihr werdet keine Technik haben, keine Versorgungseinrichtungen - nichts! Machst du dir überhaupt einen Begriff davon, wie unglaublich hart das Leben dort sein wird?«
»Ungefähr so hart, wie es das Leben unter dem Mondstein war«, stellte Lara fest.
»Und würdest du unter dem Mondstein leben wollen?«
»Wenn es nicht anders geht - ja.« Lara blickte ihm entschlossen in die Augen. »Jedenfalls lieber als in Kadnos oder auf der Venus, Helder. Ich könnte dort nicht mehr leben - eingezwängt in ein System, das die Menschen nicht frei atmen läßt.«
»Charru von Mornags Worte!« sagte Kerr.
»Möglich. Aber es ist die Wahrheit.« Sie machte eine Pause, zog die schmalen Brauen zusammen. »Bist du so sicher, daß du einfach dein altes Leben wiederaufnehmen kannst, wenn dies alles vorbei ist?« fragte sie. »Hängst du noch daran? Gefällt dir die Vorstellung, für den Rest deines Lebens den Raumhafen von Indri zu leiten, falls man dich immer noch dorthin schicken will, deine Lebenspartnerin aus den Vorschlägen des Computers zu wählen und so viele Kinder zu zeugen, wie die Behörden dir vorschreiben?«
Kerrs Lippen zuckten. Lara spürte, daß sie einen wunden Punkt berührt hatte.
»Es tut mir leid«, sagte sie sanft. »Aber ich weiß, wie gern du Pilot gewesen bist. Ich weiß, daß du dich zu Tode gelangweilt hast, seit ein Computer entschieden hat, daß du dich für die Position eines Raumhafen-Leiters eignest.«
»Und was besagt das? Findest du es besser, jeden Tag von neuem um das bloße Überleben kämpfen zu müssen?«
»So schlimm wird es nicht sein. Nicht mehr, wenn wir den Mars verlassen haben. Und es wird jedenfalls keine endlose Kette leerer Tage sein, von denen man schon lange vorher weiß, was sie bringen.«
»Dafür riskierst du dein Leben? Dafür bist du bereit, in ein Schiff zu gehen, das kaum eine Chance hat, der marsianischen Flotte zu entkommen?«
» Ja, Helder.«
Er starrte sie an. »Du liebst ihn, nicht wahr? Das ist der Grund!«
Lara erwiderte ruhig seinen Blick.
»Ja, ich liebe ihn«, sagte sie leise. »Aber das ist nicht der einzige Grund, Helder. Der Grund ist, daß ich hier glücklich bin und daß ich hier erkannt habe, wie schön das Leben sein kann - das wirkliche Leben. Und dir geht es im Grunde genauso. Du willst es nur nicht wahrhaben.«
Kerr biß sich auf die Lippen.
Quälende Zweifel standen in seinem Gesicht. Er wollte antworten, aber er kam nicht mehr dazu, da draußen in dem Tunnel Stimmen laut wurden.
Jarlon und die Wachen waren in das Labyrinth zurückgekehrt. Von Kadnos her rückte ein Suchtrupp an: sechs Polizeijets, besetzt mit Vollzugsbeamten.
Sie würden nur eine tote Stadt vorfinden, in der sich nichts rührte.
*
Um die gleiche Zeit saß der Generalgouverneur der Venus unter der perlmuttfarbenen Kuppel seines Büros, dessen Form und Einrichtung auf dem Mars wahrscheinlich unter die Rubrik des überflüssigen Ästhetizismus gefallen wäre.
Conal Nord trank Kaffee. Echten aromatischen Kaffee, der im Kuppelanbau gezüchtet wurde. Nicht im Rahmen irgendwelcher Forschungsprojekte, sondern auf großen Plantagen, die leistungsfähig genug waren, um die Bevölkerung zu versorgen. Die Venusier liebten dieses alte irdische Getränk.
Die Venusier beschränkten sich im übrigen auch nicht auf die Nahrungskonzentrat-Würfel aus den Versorgungszentralen. Die große Katastrophe auf der Erde hatte ihrem Planeten ein freundlicheres, angenehmeres Klima beschert als dem Mars. Ein Klima, das es nicht nur biologischen Versuchsanstalten, sondern auch dem Normalbürger erlaubte, Nahrungsmittel anzubauen. Ein Klima, das blühenden Gärten günstig war. Und das einen anderen Menschenschlag hervorgebracht hatte als der Mars.
Nicht, daß sich die Venusier ihren Pflichten der Allgemeinheit gegenüber weniger bewußt gewesen wären.
Das System war auf allen Planeten der Föderation gleich. Die große Katastrophe lebte als Trauma weiter. Die Planeten waren vom Mars aus besiedelt worden, das marsianische Recht galt überall, und an der grundlegenden Doktrin gab es nichts zu deuteln. Nie wieder Krieg! Gewalt wurde nicht
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