Söhne der Erde 08 - Sucher der Zukunft
hören sollen, und wenn auch nur, um ihn zu beruhigen. Er ist noch ein Kind. Und er hat genug mitgemacht.« »Ja, das hat er. Ich hoffe, daß er sich nicht zu sehr ängstigt...« Ayno verstummte und sah vor sich hin. Seine Gedanken waren bei Robin. Und er erinnerte sich daran, wie er selbst empfunden hatte: damals, als er noch ein Kind gewesen war, mit Dayel die Tempelschule besucht und in ständiger Angst vor den Priestern gelebt hatte, die jedes geringfügige Vergehen grausam bestraften.
Charru hatte den Kommunikator eingeschaltet, um mit den anderen in Verbindung zu bleiben.
Auch der Universitäts-Jet war inzwischen auf die gleiche Wellenlänge geschaltet worden. Um sich nicht aus den Augen zu verlieren, mußten sie ihre Beschleunigungs- und Bremsmanöver aufeinander abstimmen. Zusätzlich flogen sie in verschiedenen Höhen. Bei der atemberaubenden Geschwindigkeit, die die Fahrzeuge entwickelten, hätte sonst schon der geringste Fehler zu einem Zusammenstoß führen können.
Mit dem dritten Beschleunigungsschub erreichten sie die Höhe der Singhal-Klippen.
Der Raumhafen lag im Südosten von Kadnos. Sie blieben außer Sichtweite der Stadt, umflogen sie in einem weiten Bogen. Unter sich sah Charru das dunkle Wasser des Kanals glänzen. Er mußte an die Zukunft denken, die ihnen die Herren der Zeit gezeigt hatten. Ausgetrocknete Kanäle, Wassermangel - ein sterbender Planet. Wieviel Zeit mochte den Marsianern noch bleiben um ihre Welt zu retten? Jahrhunderte? Jahrtausende?
Würden sie Helder Kerr glauben?
Vielleicht - aber sicher nicht ohne Beweis. Sie würden nicht einmal das Labyrinth entdecken, wenn die Herren der Zeit es nicht wollten. Oder doch? Die unterirdische Anlage war real, nicht nur den Gesetzen der Zeit, sondern auch denen des Raums unterworfen. Sie konnte nicht in der Zukunft verborgen werden, sondern nur in der Vergangenheit - jener fernen Vergangenheit, als sie noch nicht existiert hatte. Und das konnte sie sicher nicht, ohne daß sich die Herren der Zeit selbst daraus zurückzogen.
Charru hörte auf, darüber nachzugrübeln.
In der Spiegelleiste sah er die drei anderen Jets, die hinter ihm flogen. Vor sich, sehr fern, konnte er bereits den Widerschein von Lichtern erkennen: der Raumhafen.
»Wir gehen tiefer«, ordnete er an. »Hören Sie mich, Kerr?«
»Ja.«
»Können Sie mir einen markanten Orientierungspunkt geben, auf den ich zuhalten kann?«
»Der Kontrollturm des Startfeldes Ost. Sie werden ihn sofort erkennen. Nachts ist er nicht besetzt. Wenn sie sich genau in seinem Sichtschutz halten, können Sie gefahrlos den Zaun überfliegen. Wenn wir landen, wird uns die Abschußrampe der Robotsonden decken. «
»Danke.« Charru schob das kleine Mikrophon zurück in die Aussparung neben dem Lautsprecher.
Die Lichter waren näher gekommen; er konnte bereits die Stahlgerippe der Türme erkennen, die Umrisse zweier riesiger Raumschiffe, den hohen, engmaschigen Zaun aus schwach glimmendem Draht, der sich endlos hinzog. Ayno hatte sich vorgebeugt und starrte fasziniert auf das
fremdartige Bild. Charru, kannte den Raumhafen bereits, genau wie Karstein und Camelo. Damals, als sie ihre Gefährten aus der Klinik befreiten, hatten sie hier den Jet gestohlen, den sie brauchten, weil es keine andere Möglichkeit gab, nachts in die Stadt einzudringen, ohne von den Wachrobotern geortet zu werden. Charru erinnerte sich deutlich an die Oberwindung, die es ihn gekostet hatte, sich dieser fliegenden Maschine anzuvertrauen. Wie lange war das her? Ihm schien es ewig zurückzuliegen, und doch zählte die Zeit, die seither vergangen war, nur nach Tagen.
Vorsichtig ließ er den Jet auf die Grundhöhe sinken und folgte einem Einschnitt im Gelände.
Die anderen blieben hinter ihm. Einmal mußten sie über eine Bodenwelle hinwegfliegen, doch der Raumhafen war so groß, daß man sie vom Hauptkontrollturm aus unmöglich bemerken konnte. Charru hielt auf den zweiten, etwas kleineren Turm zu, der auf der Ostseite des weiten Areals in den Himmel ragte. Nach ein paar Sekunden erhob sich der glitzernde Drahtzaun unmittelbar vor ihm.
Ayno zuckte zusammen, als der Jet hochgezogen wurde.
Sein Blick hing an den riesigen, glänzenden Raumschiffen. Oberlicht-Schiffe, wie Charru wußte. Eine »Kadnos« hätte sogar zu fernen Sonnensystemen fliegen können. Sie war für die interstellare Raumfahrt gebaut worden, wie Helder Kerr das nannte.
Aber die Marsianer fürchteten die Gefahr von Krieg und Gewalt, die ihrer Meinung
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