Söhne der Erde 10 - Aufbruch Ins Gestern
glitt über die schweigende Mauer der Menschen, die sich auf dem Platz zwischen den Wohngebäuden versammelt hatten. Hundert Männer, Frauen und Kinder, die von der fernen Erde geträumt-die darauf gehofft hatten, eine Chance zu bekommen. Der Marsianer spürte plötzlich, was es hieß, für so viele Menschen Verantwortung zu tragen. Und er spürte auch, daß es eine andere Art von Verantwortung war als jene, die Politiker der Vereinigten Planeten trugen, für die nur Prinzipien zählten und der einzelne Mensch nichts galt.
Stumm folgte Helder Kerr dem schwärzhaarigen Barbarenfürsten in die Versorgungszentrale der ehemaligen Forschungsstation.
Camelo, Beryl und Gerinth kamen mit, der graubärtige Scollon, Alban, der frühere Waffenmeister von Mornag, Indred von Dalarme und Katalin, Shaara, die Nordmänner Hardan und Leif und schließlich, nach kurzem Zögern auch Shamala, der Priester. Lara aber sie stellte trotz allem keine Fragen. Ken ahnte, daß zwischen ihr und Charru irgend etwas Entscheiden des geschehen war und daß es in Zukunft sinnlos sein würde, sie beeinflussen zu wollen.
Charru berichtete knapp.
Der Bericht über eine vernichtende Niederlage...
Niemand unterbrach ihn. Mit einem Gefühl des Staunens wurde Helder Kerr bewußt, daß keiner der Zuhörer auf den Gedanken kam, einen Schuldigen zu suchen, daß sie die Tatsachen einfach akzeptierten. Auf der Seite der Marsianer hätten jetzt die Computer getickt - so lange, bis festgestanden hätte, wer für das Fiasko zur Verantwortung gezogen und abgeurteilt werden konnte. Die Terraner folgten einer anderen Logik.
Wenn jemand einen Fehler gemacht und das Unglück verschuldet hatte, war er gestraft genug. Und Helder Kerr, der die Diskussion schweigend verfolgte, begriff plötzlich, daß er es gewesen war, der den Fehler gemacht, daß er einen entscheidenden Punkt außer acht gelassen hatte, den er hätte voraussehen können, und daß ihm niemand einen Vorwurf machte.
Beryl von Schun warf das helle Haar zurück.
»Wir müssen es noch einmal versuchen«, sagte er rauh. »Wir müssen die »Terra« in unseren Besitz bringen und den Marsianern mit dem Einsatz der Energiewerfer drohen. «
»Die Marsianer brauchen sich nur weit genug zurückzuziehen, und die Drohung wird lächerlich sein«, stellte Hakon in seiner ruhigen, nüchternen Art fest.
»Aber wir hätten das Schiff, starten können... «
»Willst du zehn von unseren Brüdern in den Händen der Marsianer lassen?« fragte Hakon.
Beryl schüttelte wild den Kopf. Der weißhaarige Gerinth machte eine beschwichtigende Handbewegung.
»Darum geht es nicht«, sagte er ruhig. »Wir wissen doch alle, daß wir keine Chance mehr haben, die »Terra« im Handstreich zu nehmen, Beryl. Und ob wir es schaffen, noch einmal nach Kadnos hineinzukommen...« Er machte eine Pause, und seine nebelgrauen Augen verschleierten sich. »Wir werden es versuchen müssen.«
»Vor allem müssen wir den Sirius-Krater verlassen«, erinnerte Kerr. »Man wird die Gefangenen unter Wahrheitsdrogen setzen und von dem Versteck hier erfahren. Und zwar ziemlich schnell.«
Schweigen.
Ein Schweigen der Hoffnungslosigkeit, des ohnmächtigen Zorns.
Charru lehnte mit verschränkten Armen an der weißen Wand, das Gesicht wie versteinert vor Anspannung. Er hatte stumm zugehört, den Blick ins Leere gerichtet. Kerr starrte ihn an und erschauerte, als ihm klarwurde, daß dieser Mann immer noch nicht bereit war aufzugeben.
Mit einem riefen Atemzug straffte Charru die Schultern.
»Nein«, sagte er hart. »Wir gehen nicht.«
»Aber wir müssen gehen«, sagte Kerr beschwörend. »Hier haben wir keine Chance, hier... «
»Wir haben überhaupt keine Chance mehr, wenn wir jetzt nicht alles auf eine Karte setzen. Die Marsianer werden damit rechnen, daß wir versuchen, unsere Freunde zu befreien und die »Terra« in die Hand zu bekommen. Also müssen wir es auf eine Art versuchen, mit der sie nicht rechnen. Auf die einzige Art, die jetzt überhaupt noch möglich ist. «
»Und wie soll das aussehen?« fragte Kerr mit hochgezogenen Brauen.
Ihre Blicke kreuzten sich.
Charrus Stimme klirrte. Die Worte fielen in riefe, atemlose Stille.
»Jessardin«, sagte er. »Simon Jessardin ist der einzige Mann, dessen Leben die Marsianer ganz sicher nicht opfern. Wir werden ihn als Geisel nehmen. «
*
»Gillon von Tareth... Vermutlich der Anführer der Gruppe... Die Jets sind noch nicht gefunden worden, also nehmen wir an, daß die Fahrzeuglenker sofort die
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