Söhne der Erde 12 - Inferno Erde
hinterlassen ...
Aber warum war es eigentlich so ausgeschlossen, daß sie mitkam?
Sie wollte es, ihr Volk wollte es, und er, Jarlon, er wünschte es sich mehr als alles andere. Sie konnte seine Frau werden - später, wenn sie beide etwas älter waren. Sie konnte ...
»Willst du mich nicht?« fragte das Mädchen ernst.
»Doch! Doch, Schaoli! Heilige Flamme, ich ... komm, laß uns zum Strand gehen!«
Er griff heftig nach ihrer Hand und zog sie mit, begann zu rennen, weil er einfach irgend etwas tun mußte. Schaoli folgte ihm atemlos. Wind wühlte in ihrem blonden Haar und kühlte Jarlons erhitztes Gesicht. Wie zwei übermütige Kinder liefen sie durch den Sand, dem schäumenden, gischtgekrönten Saum der Brandung zu, und es dauerte Sekunden, bis sie die drohenden Schatten über dem Wasser bemerkten.
Das Mädchen prallte zurück.
Starr blieb sie stehen, zitternd, die Hände um Jarlons Arm geklammert. Ihre hellen Augen schienen sich jäh in Seen der Angst zu verwandeln. Jarlon spähte mit angehaltenem Atem zu den langgestreckten, schlanken Umrissen hinüber, die das Meer durchpflügten. Er hatte noch nie in seinem Leben ein Schiff gesehen, kein wirkliches Schiff, das den Fahrzeugen, die Menschen durch den Raum trugen, seinen Namen geliehen hatte. Fasziniert starrte er auf die drohenden Rammsporne, die langen Rundhölzer, die in den Himmel ragten, die geblähten Tücher, gegen die der Wind drückte. Einen Moment lang wurde er völlig gefangengenommen von dem fremdartigen Anblick, und erst Schaolis scharfes Keuchen brachte ihm die Gefahr zu Bewußtsein.
Die drei Schiffe hatten den Strand schon fast erreicht.
Gleich mußte Sand unter dem Holz knirschen. Jarlon erkannte wilde, in Felle gehüllte Gestalten, zottige Mähnen und Bärte, Fäuste, die Keulen, Schwerter und Streitäxte schwangen. Eine Übermacht! Eine gewaltige Übermacht, der das Volk vom Meer bestimmt nicht trotzen konnte.
»Helft uns!« flüsterte Schaoli. »Ihr seid mächtig! Ihr kommt von den Sternen! Ich bitte dich ...«
»Schnell!« stieß Jarlon hervor. »Wir müssen hier weg!«
Er warf sich herum und zog das Mädchen mit. Schon hörte er das Knirschen von Holz auf Sand, hörte das rauhe Geschrei der Krieger und das Klirren der Waffen. Seine Magenmuskeln zogen sich zusammen. Er wußte, daß er nicht helfen konnte. Er nicht und auch Karstein nicht, der zwar nicht mehr in Trance, aber im Zustand eines Fieberkranken war. Das Beiboot wäre längst wieder gelandet, wenn Gerinth und die anderen die Schiffe bemerkt hätten. Ein einziges Lasergewehr hatten sie zurückgelassen. Vielleicht genügte es. Vielleicht würden die Seefahrer die unheimliche Waffe für einen mächtigen Zauber halten, vielleicht würden sie fliehen und ...
Schaoli stieß einen erstickten Schrei aus und stolperte.
Jarlons Griff glitt ab, er verlor fast das Gleichgewicht. Schritte stampften, knirschten im Sand, zogen sich auseinander. Das Klirren von Klingen, die gegen Stein stießen, schien die wilde, bedrohliche Geräuschkulisse wie mit Messern zu durchschneiden. Schaoli kauerte mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden und umklammerte ihren rechten Knöchel mit den Händen. Jarlon zog sie hoch, schlang einen Arm um ihren schmalen Körper. Bei jedem Schritt knickte ihr verletzter Fuß ein. Sie biß sich so fest auf die Lippen, daß winzige Blutstropfen unter ihren weißen Zähnen perlten. Und die Seefahrer mußten die beiden Fliehenden jetzt entdeckt haben. Jarlon kannte den rauhen, fiebrigen Unterton in ihrem Geschrei, die Erregung von Jägern, die ihre Beute sichten.
Er war nicht schnell genug.
Keuchend zerrte er Schaoli zwischen die Klippen, durch Dornengestrüpp und Teppiche von niedrigen, rotblühenden Kräutern, aber er wußte, daß sie nicht entkommen konnten. Die trampelnden Schritte und durcheinanderbrüllenden Stimmen näherten sich. Gleich würden die ersten Verfolger zwischen zwei hochragenden Felsen hervorbrechen. Jarlons Rechte zuckte zum Schwertgriff, und er ließ das Mädchen los.
»Lauf, Schaoli!« rief er. »Lauf weiter! Hol' Hilfe!«
Sie gehorchte, hinkte vorwärts, so schnell sie es vermochte.
Jarlon fuhr herum, die Augen in funkelnder Wut zusammengekniffen. Er wußte, daß es keine Hilfe gab, daß diese wilden, zottigen Kerle alles überrennen würden, was ihnen in den Weg kam. Aber vielleicht konnte sich Schaoli verstecken. Vielleicht wußte Grom eine Möglichkeit, seine Tochter in Sicherheit zu bringen. Vielleicht hatte sich Karstein so weit erholt,
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