Söhne der Erde 12 - Inferno Erde
war. Laras Blick glitt in die Runde, aber von Charru, Hunon und Brass war nichts zu sehen.
Mit wenigen Schritten erreichte die Venusierin das silberne, diskusförmige Boot und öffnete die Luke.
Statt zum Filmgerät griff sie zum Lasergewehr. Eine jähe, unbekannte Entschlossenheit straffte ihre Züge. Sie hatte noch nie eine Waffe abgefeuert, aber sie dachte nicht darüber nach, ob sie es fertigbringen würde. Kormak war allein, war in Gefahr. Leichtfüßig rannte Lara über die Lichtung, und sie war sich nicht bewußt, daß ihr Handeln längst nicht mehr von kühler venusischer Vernunft diktiert wurde.
Schatten nahm sie auf.
Vorsichtig huschte sie durch das Gewirr glänzender brauner Stämme, Farn und Gestrüpp. Der Boden federte wie ein Schwamm unter ihren Füßen und dämpfte ihre Schritte fast zur Lautlosigkeit. Wachsam spähte sie in die Runde. Ihr Herzschlag hatte sich beschleunigt, jagte das Blut schneller durch die Adern, ließ ihre Schläfen pochen.
Zwei Minuten später blieb sie ruckartig stehen.
In einem Reflex glitt sie zur Seite und preßte sich gegen einen der mächtigen Baumstämme. Vor ihr, am Rand eines ausgedehnten Farnfeldes, bewegten sich glänzende Schatten. Die Goldenen! Sie bildeten einen weiten Halbkreis, und die Blicke ihrer geschlitzten Augen hingen an den beiden Männern am Boden.
Männer, um deren Körper sich armdicke grüne Schlangen wanden und sie hoffnungslos aneinander fesselten.
Deutlich erkannte Lara Kormaks blondes Haar und sein kantiges, gebräuntes Gesicht, ebenso deutlich die fahlweiße Haut und die zerfetzte Kleidung des Höhlenbewohners. Seine entsetzt aufgerissenen Augenwaren gerötet und tränten. Ein Beweis mehr, daß er so gut wie nie die Sonne sah. Kormak hatte krampfhaft die Muskeln gespannt. Aber in seinen Zügen lag keine unbeherrschte Panik, sondern verbissene Wut, und er versuchte angestrengt und vergeblich, den Klammergriff der grünen Kreatur zu sprengen.
Eine eigentümliche Ungewißheit lag über der Szene, eine zitternde Spannung, die Lara spürte, ohne sie sich erklären zu können.
Zwei von den goldenen Gestalten hatten sich den Gefangenen genähert. Lara biß sich auf die Lippen, als sie die spitzen, wurfbereiten Metallpfeile sah. Sie konnte nichts tun. Nicht jetzt. Der Gedanke, die Waffe auf die fremden Wesen abzufeuern, die nicht einmal eine Warnung verstehen würden, verursachte ihr Übelkeit. Aber selbst wenn sie es getan hätte - die beiden, die sich jetzt über die Gefangenen beugten, konnte sie nicht treffen, ohne die Opfer selbst zu gefährden. Und wenn sie den Laserstrahl auf den Boden oder einen Baumstamm richtete, würde sie die Goldenen vielleicht vertreiben, vielleicht aber auch für Kormak, den Höhlenbewohner und sich selbst einen schnellen Tod heraufbeschwören.
Hilflos mußte sie zusehen, wie der Nordmann und der weißhaarige, weißhäutige Fremde hochgezerrt wurden.
Die beiden schlangenhaften Wesen entwickelten erstaunliche Kraft. Alle anderen hielten sich in deutlich respektvoller Entfernung. Waren sie vorhin, als sie in panischer Hast über die Lichtung rannten, vor dem Höhlenbewohner geflohen? Aus irgendeinem Grund galt er als unberührbar. Kormak hatte ihn berührt und war mit ihm zusammen gefangengenommen worden. Aber mindestens zwei von den Goldenen berührten ihn jetzt ebenfalls, und Lara fragte sich, was mit ihnen geschehen würde.
Ein vager Verdacht erwachte in ihr, als sie sah, wie die beiden Goldenen ihre Opfer tiefer in das ausgedehnte Waldgebiet schleppten.
Das Gros der Gruppe wartete eine halbe Minute, bevor es sich in die gleiche Richtung wandte. Lara folgte ihnen, hielt sich sorgfältig in der Deckung der dicken Baumstämme. Das Gelände stieg an. Vom Beiboot aus hatten sie in der Nähe ein paar massive Felsenbuckel gesehen, um die das undurchdringliche Blätterdach zurückwich. Lara biß sich auf die Lippen. Sie ahnte, was sie sehen würde, noch bevor die stärkere Sonneneinstrahlung ihr verriet, daß sich in einiger Entfernung eine Lichtung öffnete.
Lautlos schwärmten die goldenen Gestalten auseinander und bildeten einen Halbkreis.
Lara zögerte kurz, dann wandte sie sich nach links, wo ebenfalls grauer Felsen schimmerte. Geschickt turnte sie über ein paar Stufen hinweg, dann hatte sie eine Art Terrasse erreicht, die es erlaubte, die kleine Lichtung zu überblicken.
Ein Tor im Felsen ...
Massiv, eisenbeschlagen, mit einem schweren Riegel versehen - genau wie die beiden anderen, die sie entdeckt hatten.
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