Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Söhne der Erde 12 - Inferno Erde

Söhne der Erde 12 - Inferno Erde

Titel: Söhne der Erde 12 - Inferno Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
Vom Netzwerk:
kämpfte er gegen die Gewalt der Brecher, aber er konnte nicht verhindern, daß er unsanft zwischen scharfkantiges Geröll geschleudert wurde.
    Risse und Schrammen, die er davontrug, bluteten nur wenig, da die Kälte seine Haut zusammengezogen hatte. Mühsam rappelte er sich auf, schüttelte das Wasser aus seinem Haar und schauerte im eisigen Wind. Die Klippen stiegen steil an, aber sie waren so zerklüftet, daß man sie gefahrlos erklettern konnte. Jarlon fand eine geschützte Mulde, in der etwas Sand angeweht worden war, und er fand auch genügend trockenes Treibholz.
    Mit dem Wurfdolch schnitzte er einen Keil zurecht, grub die Spitze in ein morsches, weicheres Holzstück und begann, ihn zwischen den Handflächen zu wirbeln.
    Die Methode war langwierig, aber schließlich gelang es ihm doch, ein rauchloses Feuer in Brand zu setzen. Eine knappe halbe Stunde kauerte er so nah wie möglich an den züngelnden Flammen, wärmte sich auf und versuchte, seine Kleidung wenigstens halbwegs zu trocknen. In einiger Entfernung konnte er Stimmen hören. Die Bucht war nicht weit. Jarlon brannte darauf, den Schlupfwinkel der Seefahrer zu erreichen und Schaoli zu finden, aber er wußte, daß es keinen Sinn hatte, solange er vor Kälte mit den Zähnen klapperte und sich kaum auf den Beinen halten konnte.
    Als er mit den Händen Sand über das Feuer schaufelte und sich aufrichtete, fühlte er sich schon wesentlich besser.
    Rasch kletterte er weiter. Die Klippen grenzten an ein felsiges, von Geröll und niedrigen Sträuchern bedecktes Plateau, das sich bis zum nördlichen Horizont hinzog. Instinktiv nutzte Jarlon jede Deckung und bewegte sich tief geduckt vorwärts. Er wußte nicht, ob auch im Innern der Insel Menschen lebten, also mußte er damit rechnen, daß die Seefahrer Wachen aufgestellt hatten oder zumindest noch aufstellen würden.
    Minuten später stieß er tatsächlich auf einen Posten.
    Einen breitschultrigen, in Felle gehüllten Riesen mit Schild und Breitschwert, der aufmerksam in die Runde spähte. Nicht aufmerksam genug. Wahrscheinlich war er daran gewöhnt, auf Menschen seiner eigenen Statur zu achten, nicht auf solche, die sich lautlos und geschmeidig wie Katzen zu bewegen verstanden.
    Jarlon schlug einen Bogen und erreichte unbehelligt den Rand des Plateaus.
    Die Bucht lag unter ihm. Schmale Sandstreifen zwischen den Klippen, ein halbes Dutzend langgestreckter hölzerner Pfahlbauten. Und mehr als ein halbes Dutzend Schiffe, die nebeneinander im ruhigen Wasser schaukelten, befestigt an tief in den Boden gerammten Pfählen.
    Menschen drängten sich auf dem freien Platz.
    Bewaffnete Männer. Hochgewachsene, kräftige Frauen, die sich genau wie die Kinder im Hintergrund hielten und die Vorgänge schweigend beobachteten. Die Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf eins der Schiffe, das in der Mitte zwischen den anderen lag. Jarlon hatte sofort gesehen, daß es reich geschmückt war, mit einer düsteren Pracht, aber er konnte nicht erkennen, wozu es dienen sollte.
    Ein Ritual?
    Eine Zeremonie für unbekannte Götter, die von den Menschen dort unten verehrt wurden? Eine Zeremonie, bei der die geraubten Mädchen eine Rolle spielten?
    Jarlon grub die Zähne in die Unterlippe.
    Er dachte an Schaoli, suchte sie mit den Augen, und die Ungewißheit ließ ihn selbst die schneidende Kälte vergessen.
    *
    Die Dämmerung sank herab.
    Eine lange, sanfte Dämmerung, die es weder in der Welt unter dem Mondstein noch auf dem Mars gegeben hatte. Schatten lagen über der Lichtung, zwischen den mächtigen Baumstämmen schien sich ganz langsam das Schwarze zusammenzuballen. Charru lehnte mit verschränkten Armen an der Landestütze des Beibootes. Er lehnte seit Stunden dort: schweigend, reglos, mit versteinerten Zügen.
    Hunon hielt auf der anderen Seite der Fähre Wache. Auch er rührte sich nicht. Brass wanderte unruhig auf und ab. Seine Gedanken wirbelten, drehten sich im Kreis, suchten fieberhaft nach einem Ausweg, den es nicht gab. Ein ganzes Volk, eingesperrt in einem unterirdischen Gefängnis, von der Sonne abgeschnitten, weil es Träger einer tödlichen Krankheit war ... Und jetzt hatte diese Krankheit nach Lara und Kormak gegriffen. Niemand konnte etwas für sie tun. Sie würden sich selbst helfen müssen oder untergehen. Immer wieder streifte Brass den schweigenden, reglosen Mann an der Landestütze mit einem Blick und fragte sich, woher er diese unmenschliche Geduld nahm.
    Die malvenfarbenen Schatten hatten sich zu tiefem Blau

Weitere Kostenlose Bücher