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Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land

Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land

Titel: Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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als er sich längst abgewandt hatte und den anderen einen Wink gab, ihm zu folgen.
V.
    Mit starrem Gesicht und hölzernen Bewegungen schritt Bar Nergal die steile, feuchte Stiege hinunter.
    Charilan-Chi war ihm entgegengekommen, um ihn zu empfangen, jetzt hastete sie voran und verneigte sich tief, als er den Thronsaal betrat. Die wartenden Kriegerinnen warfen sich zu Boden. Die Züge der Königin glichen einer Maske. Nur in den Gesichtern ihrer Söhne stand deutlich die Betroffenheit über die Demütigung, die dem vermeintlichen Gott widerfahren war.
    Betroffenheit - und eine Spur von Zweifel, den Bar Nergal sehr genau spürte.
    Fragten sie sich, warum er, den sie für allmächtig hielten, seine Gegner nicht zerschmettert hatte? Hielten sie jetzt auch die anderen Terraner für Götter? Oder taten sie das ohnehin? Weil ein Streit zwischen »Göttern« in ihrer Vorstellungswelt vielleicht gar nicht undenkbar war?
    Wenn das zutraf, würden sie am Ende dem Stärkeren gehorchen.
    Bar Nergals dünne Lippen preßten sich zusammen. Seine Wange brannte noch von dem Schlag, aber das Gefühl der Demütigung brannte schlimmer. Der Fürst von Mornag hatte es gewagt, die Hand gegen ihn zu erheben. Das war ein Frevel, den nur Blut abwaschen konnte. Und nicht genug damit, er hatte auch versucht, seine Untertanen gegen ihn aufzuhetzen. Es war nicht gelungen - mit Worten nicht. Aber der Oberprister wußte, daß kein Wort so schwer wog wie die Szene, die Charilan-Chi und ihre Kriegerinnen beobachtet hatten, daß es in dem unumschränkten Glauben an seine Göttlichkeit vielleicht schon einen ersten Riß gab - daß er handeln mußte.
    Steif stieg er die Stufen zu dem prächtig geschmückten Sitz über Charilan-Chis Thron hinauf.
    In der ersten Zeit hatte es ihn gestört, daß er bei wichtigen Anlässen hier erwartet wurde, statt seinerseits eine Abordnung zu empfangen. Auch jetzt widerstrebte es ihm, doch er hatte eingesehen, daß es notwendig war. Die Überlieferung bestimmte den Sitz über dem Thron der Königin als Platz für den obersten Gott. Ihr Aberglaube sagte, daß ein Blitz vom Himmel jeden erschlagen werde, der sich dort niederließ, ohne dazu berechtigt zu sein. Schon die Tatsache, daß er dort saß, mußte jeden Zweifel an Bar Nergals Göttlichkeit hinwegfegen. Mehr als einmal hatte er die Furcht gespürt, die die Menschen überfiel, sobald er diesen Platz einnahm, hatte gesehen, wie sie sich niederwarfen, wie Charilan-Chi ehrfürchtig den Saum seiner Robe küßte. Er wußte, daß er die gleiche Wirkung niemals in der nüchternen Atmosphäre des ehemaligen Lagerhauses erzielen konnte, wo seine einzigen »göttlichen« Attribute das Lasergewehr und die weiße, von einer Energiezelle gespeiste Handlampe waren.
    Auch jetzt sanken die Menschen schweigend auf die Knie.
    Bar Nergal musterte sie prüfend, suchte nach den Zeichen von Unsicherheit, von Zweifeln. Auf einem von Charilan-Chis Söhnen ruhte sein Blick besonders lange. Sein Name war Cris, wie der Oberpriester wußte. Ein junger Mann von noch nicht achtzehn Jahren: hochgewachsen und schlank, auffällig feingliedrig, mit blondem Haar und einem schmalen Gesicht, in dem die mandelförmigen Augen das durchsichtige Gelb von Topasen zeigten. Etwas früher als die anderen hatte er den Kopf wieder gehoben. Jetzt zuckte er zusammen, denn Bar Nergals Blick schien ihn wie ein Dolchstoß zu treffen.
    Hastig beugte er den Nacken.
    Er hatte Angst. Der Oberpriester straffte sich und lächelte mit schmalen Lippen.
    »Charilan-Chi?« fragte er scharf.
    »Ja, Erhabener?«
    »Ich werde den Frevel rächen, Charilan-Chi. Und diesmal werden wir uns nicht damit begnügen, ein paar elende Hütten niederzubrennen. Diesmal werden wir unsere Feinde dort treffen, wo sie am verwundbarsten sind.«
    »Du willst, daß wir noch einmal Yarsols Dorf überfallen, Erhabener?«
    »Yarsol ist tot.« Der Oberpriester fuhr ungeduldig mit der Hand durch die Luft. »Nein, nicht das Dorf. Es genügt nicht, unseren Feinden Verluste zuzufügen, solange ihnen die Möglichkeit bleibt, vor unserem Zorn zu fliehen. Wir werden sie ihnen nehmen, diese Möglichkeit. Wir werden ihnen das Schiff nehmen ...«
    Schweigen senkte sich herab.
    Charilan-Chis schönes, katzenhaftes Gesicht erblaßte. »Das Schiff?« flüsterte sie erschrocken.
    »Das Schiff, das den Göttern gehört!« donnerte Bar Nergal. »Das Schiff, das von den Frevlern entweiht wurde! Nur vier von diesen Hunden bewachen es. Fürchten sich deine Kriegerinnen vor

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