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Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land

Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land

Titel: Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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ganz sicher nichts erkennen konnte. Aber Bar Nergal brauchte nicht zu sehen. Der Haß strahlte spürbar von ihm aus, wie die Berührung unsichtbarer Finger, die selbst Stahl durchdrangen. Die rote Sonne hüllte seine Gestalt in Glut, umgab ihn mit einer unwirklichen, fast dämonischen Aura, ließ ihn sekundenlang wie einen bösen Geist erscheinen, Gestalt gewordene Drohung, Sinnbild jenes alten Fluchs der Menschheit, den die Wissenschaftler des Mars auf die Opfer in der Welt unter dem Mondstein abgewälzt hatten.
    Mit einer wilden Bewegung schüttelte Charru das lange schwarze Haar, um das Gefühl der Beklemmung zu vertreiben.
    »Ein wahnsinniger Greis«, sagte er tief in der Kehle. »Er kann ihnen nichts nützen.«
    Dabei dachte er an die Schiffe, die irgendwo im Orbit kreisten, an die Waffen, die sie möglicherweise an Bord hatten, und wußte, daß die letzten Worte nicht nur in seinen eigenen Ohren hohl klingen mußten.
    *
    Marius Carrisser blieb einen Augenblick stehen und betrachtete die gespenstische Szene im Halbdunkel des ehemaligen Lagerhauses.
    Für den zielstrebigen, pragmatischen Uranier war der Oberpriester aus der Mondstein-Welt stets nur ein primitiver Irrer gewesen. Jetzt konnte sich für ein paar Sekunden auch Carrisser der Ausstrahlung der hohen, hageren Gestalt in der blutroten Robe nicht entziehen. Bar Nergal sprach zu Charilan-Chi und den Priestern. Er war aus der Gefangenschaft befreit worden, er spürte, daß sich die Marsianer, die Mächtigen, die Herren, für ihn interessierten. Einmal hatte er die Erfahrung machen müssen, daß sie ihn wie ein lästiges Insekt betrachteten, als er sich ihnen zu Füßen warf - eine Erfahrung, die alle seine folgenden Entscheidungen bestimmt und ihn dazu gebracht hatte, lieber mit den anderen zur Erde zu fliegen als auf dem Mars zurückzubleiben. Jetzt erfaßte sein ständig wacher Machtinstinkt die Wichtigkeit, die zumindest einer der Marsianer seiner Person zumaß, und tief in ihm erwachte wieder jene Kraft, die ihn unter dem Mondstein befähigt hatte, ein ganzes Volk zu unterjochen.
    Carrisser kostete es Mühe, sich vom Anblick der fremdartigen Gestalt mit den weit ausgebreiteten Armen und den dämonisch funkelnden Augen loszureißen.
    Rasch kehrte er in das Beiboot zurück. Einer der Offiziere hatte bereits über den Laserfunk der »Deimos I« die Verbindung nach Kadnos geschaltet. Der Uranier hätte das auch selbst tun können, aber er genoß es, arrogante Typen wie Milt Cavet wissen zu lassen, daß er, Carrisser, sich jederzeit persönlich an den Präsidenten der Vereinigten Planeten wenden konnte. Mit einem Wink bedeutete er dem Offizier, das Fahrzeug zu verlassen, dann griff er zum Mikrophon und forderte den Verwaltungsdiener an der Gegenstelle auf, ihn zu verbinden.
    Simon Jessardins Stimme klang kühl und beherrscht wie immer.
    Carrisser gab einen kurzen Bericht. Er sprach knapp, sachlich, ohne Triumph und ohne falsche Bescheidenheit. Höfliche Floskeln und lange wissenschaftliche Erklärungen waren seine Sache nicht. Aber zu seiner eigenen Überraschung glaubte er zu spüren, daß der Präsident in dieser Situation auf Höflichkeitsfloskeln und graue Theorie absolut keinen Wert legte.
    »Gute Arbeit«, sagte Jessardin - was für einen Mann mit seinem selbst für marsianische Verhältnisse sehr kühlen Temperament ein ungewöhnliches Lob war.
    Carrisser schluckte. !Bisher ist noch nichts entschieden, mein Präsident.«
    »Ich weiß. Aber Ihre Art, die - nun, sagen wir - Eingeborenen zu behandeln, war ein recht geschickter Schachzug. Die Barbaren sind jetzt in der »Terra« isoliert. Das ist ein Fortschritt ...« Jessardin machte eine Pause, und ein fast unmerklicher Anflug von Selbstironie schwang in seiner Stimme mit. »Vor allem im Hinblick auf weiterreichende politische Probleme. Es wäre fatal, wenn die Frage allzusehr den Gesamtkomplex unserer Politik gegenüber den Eingeborenen-Rassen der Erde berühren würde.«
    »Das wird sie nicht«, versprach Carrisser. »Ich denke daran, diesen - diesen Oberpriester als Kontaktmann einzusetzen.«
    »Bar Nergal?«
    »Ja, mein Präsident. Er dürfte immerhin einigen Einfluß haben und ...«
    »Davon würde ich Ihnen abraten«, sagte Jessardin ruhig. »Wenn es überhaupt einen Menschen gibt, dem die maßgebenden Männer unter den Barbaren nicht vertrauen, dann ist es dieser Oberpriester.«
    Carrisser runzelte die Stirn.
    Sein ursprünglicher Plan fiel damit in sich zusammen. Aber er war objektiv genug, um

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