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Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land

Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land

Titel: Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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mitten im leeren Raum, das nur langsam verblaßte. Wie durch einen Schleier konnte Yattur Büsche und Felsen sehen. Verwirrt fuhr er sich über die Stirn. Sekundenlang glaubte er, einer Halluzination zu erliegen, Dinge wahrzunehmen, die gar nicht sichtbar sein konnten, weil sie jenseits der Hütten lagen. Dann erst begriff er, daß die Hütten verschwunden waren.
    »Yattur!« flüsterte Yurrai erstickt. »Bei allen Ratten, was ...« Wieder erklang der kurze, fauchende Pfeifton.
    Diesmal war es ein Baum, der in Staub und Nebel verwandelt wurde. Yattur stand da wie versteinert. Er verstand nicht, was vor seinen Augen geschah, konnte es nicht verstehen. Aber er begriff, daß es eine Warnung war, daß die Fremden ihnen zeigten, mit welcher Leichtigkeit sie das ganze Dorf zerstören und alle Menschen töten konnten, wenn sie nur wollten.
    Yattur schluckte krampfhaft.
    Wie ein Echo glaubte er wieder, Charru von Mornags Worte zu hören: »Es wäre sinnlos ... Ihr hättet keine Chance, würdet nur die Vernichtung eures Volkes heraufbeschwören ...«
    Er hatte recht gehabt.
    Gegen solche Waffen gab es keine Verteidigung. Die Fremden mochten keine Götter sein, aber sie waren übermächtig, unbesiegbar.
    »Was sollen wir tun?« flüsterte Yurrai. »Was können wir tun?«
    Yatturs Gesicht glich einer Maske aus dunklem Holz.
    »Nichts«, sagte er tonlos.
    »Aber ...«
    »Begreif doch! Wir können nichts tun. Niemandem wäre geholfen, wenn wir uns sinnlos opferten.«
    Yurrai senkte schweigend den Kopf.
    Yattur ließ den Bogen von der Schulter gleiten, legte den Speer ab und nahm den Köcher vom Gürtel. Sekundenlang zögerte er, bezwang die dunkle Furcht vor dem Unbekannten, bezwang auch den rebellischen Stolz, der sich gegen die Unterwerfung auflehnte. Langsam löste er sich aus dem Schatten der Baumkrone, trat ins helle Sonnenlicht und hob beide Arme, um den Fremden seine leeren Handflächen zu zeigen.
    Zwei, drei von ihnen sprangen aus den aufschwingenden Luken der Beiboote.
    Hochgewachsene Männer in schwarzen, fremdartigen Kleidungsstücken. Sie erwiderten die Friedensgeste. Auch in diesem Punkt hatte Charru recht gehabt. Die Marsianer kannten nur ihr Ziel. Die irdischen Eingeborenen interessierten sie nicht, solange sie sich ihnen nicht in den Weg stellten.
    Yattur dachte an seine Freunde, die sich in ihrem Raumschiff einer schrecklichen Bedrohung erwehren mußten, und das Gefühl der eigenen Hilflosigkeit schien wie ätzendes Gift in ihm zu brennen.
    *
    Die Sonne stand tief im Westen, tauchte den Himmel in Glut und warf die bizarren Schatten der Ruinen über das Gelände des Raumhafens.
    In der Kanzel der »Terra« waren die drei zurückkehrenden Beiboote erst im letzten Augenblick zu sehen. Karstein, Gillon und Beryl atmeten wie erlöst auf, erleichtert nur, weil nach einer Endlosigkeit des Wartens überhaupt etwas geschah, nicht weil sie irgendeinen Grund zum Optimismus sahen. Camelo, immer noch im Pilotensitz, rührte sich nicht. Charru spürte Gerinths Hand auf der Schulter und wußte, daß der alte Mann seine Befürchtungen teilte.
    Yattur ... Die Fischer. Unschuldige Menschen, die den Marsianern nie etwas getan hatten und die jetzt vielleicht in das unerbittliche Räderwerk der Vernichtung geraten waren.
    »Ich glaube nicht, daß sie gekämpft haben«, sagte Lara leise. »Bestimmt hat Carrisser die gleiche Demonstration mit den Schockstrahlern vorgeführt wie hier.«
    »Und an welchem Objekt? An den Hütten? An den Menschen, die sich vielleicht darin versteckt hatten?«
    »Yattur war vorbereitet. Er mußte damit rechnen, daß die Marsianer kommen würden. Er hat dafür gesorgt, daß seine Leute das Dorf verließen.«
    Charru antwortete nicht.
    Er spürte, daß die Bestimmtheit in Laras Worten nur ein Strohhalm war, an den sie sich selbst klammerte. Gebannt beobachtete er, wie die drei Beiboote wieder an ihrem Platz landeten. Die tiefstehende Sonne blendete ihn, ließ das silberne Metall und das Glas der Kuppeln rot wie Blut aufglänzen. Und rot wie Blut leuchtete auch die lange Robe des Mannes, dem zwei der Uniformierten aus der Luke halfen.
    Bar Nergal!
    Hoch aufgerichtet, in einer Haltung wiedergefundener Würde blieb er zwischen den Uniformierten stehen und sah sich um. Einen kurzen Moment schien sich sein düsterer, glühender Blick genau in Charrus Augen zu senken. Er wußte, daß es Einbildung war, daß der Oberpriester hinter den Sichtschirmen der »Terra«, die im Licht der tiefstehenden Sonne spiegelten,

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