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Söhne der Erde 19 - Der Tödliche Ring

Söhne der Erde 19 - Der Tödliche Ring

Titel: Söhne der Erde 19 - Der Tödliche Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Wahrheit glaubte er nicht, daß Marius Carrisser noch eine Rolle spielte. Er hatte seine Schuldigkeit getan in dem Augenblick, in dem die Atombombe explodierte. Er war Bar Nergals Feind - und der Oberpriester pflegte seine Feinde nicht am Leben zu lassen.
    Und jetzt?
    Hatte er Chan oder jemand anderen ungeschützt in die Strahlenhölle des Tals geschickt, nur um sich zu überzeugen, daß sein Vernichtungsschlag wirklich gelungen war? Charru biß die Zähne zusammen. Er dachte an den jungen Ciran, der seinem »Gott« mit soviel Mut, Entschlossenheit und Opferbereitschaft diente. An Charilan-Chis Söhne, die sich gehorsam in den Tod schicken ließen. Es war ein Verbrechen. Genauso, wie es damals ein Verbrechen gewesen war, Dayel zum Mörder zu machen. Dayel, der jetzt mit den Priestern gebrochen hatte und doch immer noch unter der Last seiner Schuld litt.
    Charrus Blick glitt über die Kette der vermummten Gestalten: Camelo, Cris und Yattur, die Tarether, Karstein und ein halbes Dutzend Nordmänner. Die Beiboote hatten sie am nächstmöglichen Landeplatz stehengelassen. Ein stundenlanger Marsch lag hinter ihnen, eine schwierige Kletterpartie stand ihnen noch bevor. Und ob sie überhaupt Überlebende fanden, ob sie eventuellen Verletzten helfen konnten, ob die Insassen des havarierten Fahrzeugs an Ort und Stelle geblieben waren oder nicht - das alles mußte sich erst herausstellen.
    »Weiter!« sagte Charru gepreßt.
    Mit zusammengebissenen Zähnen setzte er sich wieder in Bewegung, klomm die geröllbesäte Schräge hinauf und verbannte vorerst jeden Gedanken an das, was sich vielleicht um die gleiche Zeit in dem fernen Hochtal abspielte.
    *
    Zwei Stunden vorher war Ciran in dem beschädigten Beiboot wieder zu sich gekommen.
    Sein ganzer Körper schmerzte. Er spürte Fäuste, die ihn schüttelten, eine Hand, die links und rechts in sein Gesicht klatschte, und er hörte eine undeutliche Stimme.
    »Aufhören, Derek! Du sollst ihn wecken, nicht verprügeln.«
    »Diese Ratte! Dieser feige, hinterhältige ...«
    Mühsam hob Ciran die Lider.
    Der zwölfjährige Derek beugte sich über ihn, wollte gerade keuchend vor Zorn von neuem ausholen. Jarlon schob ihn beiseite, packte Ciran am Kragen und zog ihn mit einem Ruck vom weißen Andrucksitz hoch.
    Der Junge versteifte sich.
    Immer noch war er benommen. Die Erinnerung an den Nebel, die jählings auftauchende Felswand und den Anprall kehrte nur langsam zurück. Er mußte länger bewußtlos gewesen sein als die anderen, viel länger. Jetzt hatten sie den Spieß umgedreht. Jarlons Gelenke trugen noch die Spuren der Fesseln. Zorn verzerrte sein Gesicht, und Ciran wich instinktiv zurück beim Anblick der lodernden saphirfarbenen Augen.
    »Prügel sind das mindeste, was er verdient«, knurrte Derek verbissen. »Wir sollten ihn so weich klopfen, daß er ...«
    »Und dann? Willst du ihn tragen?« fragte Jarlon trocken.
    »Tragen? Soll er doch hierbleiben und sehen, wie er allein wieder aus der Falle herauskommt, in die er uns hineingeritten hat! Meinetwegen kann er ruhig draufgehen.«
    Ciran hob trotzig das Kinn.
    Sekundenlang hatte er sich verkrampft in der Erwartung, daß die wütenden jungen Leute kurzen Prozeß mit ihm machen würden, jetzt bezwang er die Furcht. Nur seine Stimme zitterte. »Macht doch, was ihr wollt! Na los, worauf wartet ihr? Denkt bloß nicht, ihr würdet mich jammern hören.«
    »Wollen wir das mal ausprobieren?« knurrte Jarlon.
    Er hatte erbittert die Faust geballt. Dayel war es, der ihn zurückhielt. »Nicht, Jarlon! Laß ihn! Jeder hat das Recht zu kämpfen, das hast du selbst gesagt.«
    »Kämpfen?« fauchte Derek. »Er hat uns feige mit seiner Betäubungspistole überfallen! Mir ist jetzt noch ganz schlecht. Wollt ihr ihn vielleicht ungestraft davonkommen lassen?«
    Jarlon atmete langsam aus.
    Seine eigene Übelkeit erinnerte ihn daran, daß sie alle mehr oder weniger angeschlagen waren und in einer reichlich aussichtslosen Lage steckten. Zweimal hatte er vergeblich versucht, das Beiboot wieder zu starten. Ringsum gab es nichts als Felsen, Geröll, schimmernde Eiswände und nebelumhüllte Gipfel, so weit man sehen konnte. Hatten sie überhaupt eine Chance? Jarlon sah Dayels bleiches Gesicht, spürte die Blicke der beiden Kinder und biß sich auf die Lippen, weil ihm bewußt wurde, daß er der Älteste der Gruppe war und die Verantwortung trug.
    »Wir brauchen ihn«, sagte er rauh. »Er ist der einzige, der weiß; wo wir überhaupt sind. Was ist, Ciran? Du

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