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Söhne der Erde 19 - Der Tödliche Ring

Söhne der Erde 19 - Der Tödliche Ring

Titel: Söhne der Erde 19 - Der Tödliche Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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er.
    Schweigend kletterte Olant aus der Kanzel.
    Er kannte die Gefahr nicht. Marius Carrisser war tot. Bar Nergal hatte die Warnungen vor der Gefahr radioaktiver Verseuchung nicht ernst genommen, und die beiden Männer, die das Flugzeug verließen, wußten nichts von dieser Warnung.
    Sie ahnten nicht, daß sie eine verseuchte Hölle betraten.
    In dem Staub, den ihre Füße aufwirbelten, lauerte der Tod. Tiefer im Berg, wo in der Energiezentrale des Schattenvolks Reaktorwandungen gerissen und Kühlsysteme beschädigt worden waren, trat kontinuierlich radioaktiver Dampf aus. Chan und Olant schritten langsam auf die Felswand zu, vorbei an unkenntlichen Toten, vorbei an geschmolzenen Metallklumpen, die einmal Beiboote gewesen sein mochten. Chans Blick wanderte verständnislos über das Gewirr aufgerissener Gänge und Hallen, dann biß er sich auf die Lippen, als er auch im Innern der Tunnel leblose Gestalten entdeckte.
    Ein bewohnbares unterirdisches Reich?
    Ein Schlupfwinkel, den Bar Nergals Feinde durch Zufall entdeckt hatten?
    Minuten später wußte Chan, daß er sich irrte. Als er, den zögernden Olant hinter sich, in einen der Tunnel eindrang, stieß er auf die ersten Toten, die nicht bis zur Unkenntlichkeit verkohlt waren. Fremde! Keine Terraner! Chan begriff nicht, wie das möglich war, aber die Gewißheit, daß Bar Nergals Vernichtungsschlag auch Unbeteiligte getroffen hatte, weckte tief in ihm ein Gefühl kalter, verzweifelter Leere.
    Eine fremde Rasse ...
    Unschuldig wie Yatturs Volk ... Sinnlos vernichtet! So viele Leben ...
    Chan blieb stehen, starrte blicklos in den dünnen weißen Dampf, der leise zischend aus einem aufgerissenen Schacht strömte. Tote! Immer wieder Tote! Wie ein eiserner Ring preßte etwas Chans Brust zusammen, würgend und unerträglich.
    »Olant«, murmelte er.
    »Ja?«
    »Ist er ein Gott? Sag es mir! Ist Bar Nergal wirklich ein Gott?«
    »Nein. Nur der Oberpriester ...«
    Chan fuhr herum. Etwas in ihm hatte gewußt, was er hören würde, aber die Worte schienen ihn dennoch wie ein kalter Stich zu treffen.
    »Mein Gott?« flüsterte er. »Kein Gott?«
    »Er ist der Oberpriester. Wir müssen gehorchen.«
    »Wessen Priester? Wem dient er? Wem dienen wir? Wessen Priester ist er, Olant?«
    »Ich - ich weiß nicht.«
    »Du weißt es nicht ...«
    Chans Stimme klang rauh und fremd in seinen eigenen Ohren.
    Er starrte auf die Toten, auf die lautlos ziehenden weißen Dampfschwaden, und ihm war, als habe die gewohnte Wirklichkeit ihn plötzlich abgeschüttelt und in einen Albtraum geschleudert.
    *
    Auch der Suchtrupp, der sich durch die weiße Hölle kämpfte, hatte beobachten können, wie das Flugzeug über den verhangenen Himmel zog und Minuten später hinter einer Bergkette verschwand.
    Zwölf Männer, bewaffnet, eingehüllt in die Fellkleidung, die sie während des Winters in Yatturs Dorf benutzt hatten. Der junge Fischer marschierte neben Charru an der Spitze. Yattur verstand sich besser als alle anderen darauf, mit einem Segelschiff umzugehen. Dazu gehörte es, traumwandlerisch sicher in der Takelage herumzuklettern, und der Umgang mit Seilen, Strickleitern und Widerhaken würde auch beim Besteigen von Felsen nützlich sein.
    Charru hatte dem Flugzeug lange nachgesehen. Seine Augen waren schmal, als er sich Camelo zuwandte.
    »Ob die Maschine im Tal landen will?«
    »Ohne Strahlenschirme? Ohne Schutzanzüge für die Piloten?« Camelo zuckte die Achseln. »Ich kann es mir nicht vorstellen, Charru. Nach allem, was wir wissen, ist Marius Carrisser entweder tot oder ein Gefangener, aber er muß den Priestern beim Umgang mit der Atombombe geholfen haben. Glaubst du, er hat sie nicht vor der Gefahr gewarnt?«
    »Und wenn er aus Rache geschwiegen hat?«
    »Rache an Chan? Oder an irgendeinem wehrlosen Tempeltal-Mann, der zwangsweise zum Piloten ausgebildet wurde? Die Priester selbst bringen sich bestimmt nicht in Gefahr, da bin ich sicher.«
    »Aber Carrisser könnte daran liegen, die Piloten auszuschalten«, mischte sich Gillon ein. »Nicht aus Rache, sondern damit der Oberpriester nicht noch mehr Unheil anrichtet.« Er stockte und machte eine unsichere Handbewegung. »Wir haben allen Grund, Carrisser zu hassen, aber wir wissen auch, daß er in erster Linie seinem Staat dient. Sein Auftrag war es, auf der Erde für Ruhe zu sorgen. Wenn ihn Bar Nergal mit irgendwelchen Foltermethoden zum Gegenteil gezwungen hat, muß er noch nicht völlig seinen Willen gebrochen haben.«
    Charru nickte nur.
    Aber in

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