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Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Titel: Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Triebwerk nicht, diesmal löste sich das Schiff mit ohrenbetäubendem Donner vom Boden und stieg in einer funkensprühenden Bahn gen Himmel.
    Lara atmete tief auf.
    Sie wußte, daß noch nichts entschieden war, aber für ein paar Sekunden spürte sie die Erleichterung wie einen Schwindel.
IV.
    In der nächtlichen Stille schien das Rauschen und Gurgeln des Flusses lauter als sonst zu klingen.
    Im Schatten unter den Bäumen flüsterten Stimmen. Undeutlich konnte John Coradi zwei blonde Köpfe sehen: der Junge mit dem Namen Cris und das Mädchen Malin, die sich heimlich trafen, weil Gren Kjelland streng über seine Tochter wachte.
    Dafür drückten die Wachtposten beide Augen zu. Nicht nur bei Cris und Malin, wie John Coradi zufrieden registrierte.
    Irnet lehnte an einem der großen rundgewaschenen Kiesel und drehte eine Strähne ihres mattblonden Haars um den Zeigefinger:
    Ein warmer Glanz belebte ihre grauen Augen. Coradi fühlte sich jedesmal unbehaglich unter diesem Blick, ohne daß er den Grund hätte nennen können. In seinem Weltbild existierten keine Gewissensbisse, wenn der Zweck die Mittel heiligte. Daß er die Gefühle dieses Mädchens ausnutzte, störte ihn nicht, jedenfalls nicht bewußt. Es störte ihn auch nicht, daß die Wachtposten - zumindest einige von ihnen - nur deshalb darauf verzichteten, ihn ständig im Auge zu behalten, weil sie annahmen, daß er sich einsam und elend fühlte und ein wenig menschliche Hilfe brauchte. Das Wissen um die Heimtücke seines Vorgehens blieb tief in Coradis Unterbewußtsein verschlossen. Heimtücke war ein Begriff, der normalerweise in seinem Sprachschatz überhaupt nicht vorkam. Seine Empfindungen beunruhigten ihn lediglich, weil er sie verstandesmäßig nicht begreifen konnte.
    »Ich bin froh, daß du hier bist, Irnet«, murmelte er. »Ich habe nie gewußt, wie schwer es sein kann, von allen gehaßt zu werden.«
    Er hatte die Erfahrung gemacht, daß es vor allem solche Äußerungen waren, die in dem Mädchen einen Strom irrationaler Reaktionen weckten.
    Mitleid, Sympathie, Hilfsbereitschaft - vielleicht noch mehr. Sicher noch mehr. Aber Irnet war erst siebzehn, zu schüchtern, um ihre Gefühle zu zeigen. Und Coradi spürte all seinen Plänen zum Trotz eine seltsame Scheu - ganz davon abgesehen, daß die Situation für ihn völlig fremd war.
    Manchmal ertappte er sich dabei, daß er an seine eigene Familie dachte, jene Zweckbindung, die schon seit Jahren aufgelöst war.
    Gefühle hatten dabei eine Nebenrolle gespielt. Wählen konnte er nur zwischen Partnerinnen, die den gleichen Intelligenzquotienten und ähnliche berufliche Aufgaben hatten wie er. Seine Verbindung mit einer jungen Verwaltungsangestellten der Pol-Basis war genehmigt worden, weil alle Voraussetzungen stimmten. Sie hatten zwei Kinder, strikt nach Maßgabe der staatlichen Geburtenkontrolle, und sie hatten ihre Verbindung nach den üblichen zehn Jahren aufgelöst, als das jüngste Kind fünf Jahre alt war und ins staatliche Erziehungssystem übernommen wurde. Auf Antrag wäre ihnen eine Fortsetzung der Verbindung gestattet worden, falls keine schwerwiegenden Gründe dagegen sprachen. Aber in ihrem Fall hatten auch keine besonderen Gründe dafür gesprochen.
    Coradi spürte einen unerklärlich schmerzhaften Stich, als ihm einfiel, daß seine Tochter jetzt genauso alt wie Irnet war.
    Er sah sie selten. In drei Jahren, nach der Schulzeit, würde sie vermutlich in Indri studieren, weil ihr Intelligenzquotient nicht für eine Zulassung an der Elite-Universität von Kadnos reichte.
    Er selbst hatte in Kadnos studiert, obwohl er von der Venus stammte. Er war sogar für das Merkur-Projekt ausgewählt worden, das dann scheiterte. Aber daran dachte er nicht gern. Denn in dieser Erinnerung hatte seine Angst davor gewurzelt, daß die Barbaren ihn zwingen könnten, die »Solaris« persönlich zum Merkur zu fliegen. Die Angst, irgendwann noch einmal Mark Nord begegnen zu müssen, Ken Jarel, Raul Madsen, all den anderen ...
    »Woran denkst du, John?« fragte Irnet leise.
    Er zuckte die Achseln, legte mit einem gezwungenen Lächeln den Arm um ihre Schultern. Irnet schaute unsicher zu ihm auf. Sie wollte etwas sagen - dann weiteten sich plötzlich ihre Augen.
    »Was ist das?« fragte sie flüsternd.
    »Was?«
    »Am Himmel! Ein - wandernder Stern! Oder ein Komet! Da!«
    Coradi folgte ihrer Blickrichtung.
    Sein Herz übersprang einen Schlag, als er den silbernen Punkt erkannte, der seine Bahn über den Nachthimmel zog. Ein

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