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Söhne der Erde 21 - Kampf Um Merkur

Söhne der Erde 21 - Kampf Um Merkur

Titel: Söhne der Erde 21 - Kampf Um Merkur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Möglichkeiten.«
    Charrus Gesicht verschloß sich.
    Nur in seinen Augen erschien ein düsteres Brennen. Die Worte hatten eine Woge von grausamen Erinnerungen hochgespült. Die Klinik in Kadnos ... Der Operationssaal und die gräßliche Organbank ... Seine Freunde, hilflos einer seelenlosen Maschinerie preisgegeben, die den Tod zum Fließband-Produkt machte, dem Sterben jede Würde nahm ...
    »Nein«, sagte Charru heiser.
    Mark biß sich auf die Lippen. »Ich weiß, daß dir das völlig fremd ist. Aber versuch es doch einmal sachlich zu sehen! Ist es unrecht, einen Toten zu benutzen, um später vielleicht andere Menschen zu retten? Morgen könnte dein eigenes Leben oder das deines Bruders davon abhängen, daß wir ...«
    »Nein«, wiederholte Charru.
    »Hältst du das für vernünftig?«
    Sie sahen sich an. Jetzt war es Charru, der sich auf die Lippen biß. Er schüttelte den Kopf.
    »Ich kann nicht, Mark! Niemand von uns könnte das akzeptieren. Vielleicht später, irgendwann. Mark, wir haben unter eurem Mondstein einen Krieg geführt für das Recht, die Toten nach unserem eigenen Brauch zu bestatten. Ich mußte meinem sterbenden Vater schwören, seinen Leichnam den Flammen zu übergeben, und die Priester haben dafür meine Schwester auf dem Opferstein ermordet. Es gibt Dinge, die kann man nicht einfach von sich werfen. Und Cris würde uns nie verzeihen.«
    »Ja«, sagte Mark leise. »Ich verstehe ...«
    Aber sein Gesicht drückte Unbehagen aus, als er beobachtete, wie der mächtige Holzstoß aufgeschichtet wurde. Das gleiche Unbehagen, mit dem den Terraner schon der Gedanke an die Organbank in Kadnos erfüllte. Und Unbehagen lag auch in der Haltung der Siedler, während sie den lodernden Holzstoß aus der Ferne beobachteten - eine archaische Szene, geisterhaft in ihrer Düsternis, der Inbegriff barbarischer Wildheit.
    Erst gegen Morgen endete die Totenwache.
    Einem Teil der Siedler hatte das Bewußtsein dessen, was sich in ihrer Mitte abspielte, offenbar den ruhigen Schlaf gekostet. Auch Charru fühlte sich völlig erschöpft, als er Mark Nord und einigen anderen über den Weg lief.
    Ferragon Kanter, der grauhaarige Arzt, warf ihm einen langen Blick zu.
    »Kommen Sie mit«, forderte er. »Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    Charru nickte nur. Kanter ging voran in das kleine Büro des Kliniktraktes. Schweigend schaltete der Arzt das Sichtgerät ein und bediente die Tastatur.
    »Medizinische Daten«, erläuterte er. »Aus der Zeit vor zwanzig Jahren, als wir hier die Siedlung aufbauten. Sehen Sie?«
    »Cora Jarel«, entzifferte Charru. Mit den Zahlen und Fremdwörtern, die unter dem Namen auf dem Monitor erschienen, wußte er nichts anzufangen.
    »Ken Jarels kleine Tochter«, sagte der Arzt. »Auf dem Merkur geboren und damals zwei Jahre alt. Sie stürzte eine Felswand hinunter und erlitt eine doppelseitige Nierenquetschung. Knochenbrüche, Bänderrisse, sogar einen Schädelbruch - das alles ließ sich heilen. Aber gerettet wurde sie nur, weil wir in der Lage waren, ihr eine Niere zu übertragen.«
    Rasch löschte er die Daten und bediente erneut die Tastatur.
    Es gab noch zwei ähnliche Fälle in den drei Jahren, die der Besiedlungsversuch gedauert hatte. Charru hörte schweigend zu.
    »Ich weiß, daß Sie von Ihrem Standpunkt aus recht haben«, sagte er schließlich.
    »Nicht nur von meinem Standpunkt aus. Es ist einfach unvernünftig. Vielleicht kommen Sie schon morgen in die Lage, Ihre Entscheidung zu bereuen.«
    »Haben Sie bereut, daß Sie damals den Merkur nicht aufgeben wollten?«
    »N - nein.«
    Charru lächelte freudlos. »Und war das nicht unvernünftig? Warum haben Sie damals Ihre Entscheidung getroffen? Weil es zweckmäßig war? Oder weil Sie an etwas festhielten, das Ihnen wichtiger erschien als Vernunft und Zweckmäßigkeit?«
    Der Arzt stand immer noch reglos und gedankenverloren vor dem Sichtgerät, als Charru den Kliniktrakt schon wieder verlassen hatte.
    »Cris!«
    Der leise Ruf ließ den Jungen zusammenzucken. Er war zum Bach hinübergegangen, wollte irgendwo zwischen Felsen und Gestrüpp eine Weile allein sein. Die Klimakuppel stand noch - eine stillschweigende Konzession der Merkur-Siedler an die Tradition der Terraner. Cris wandte sich um. Sein Herz zog sich zusammen, während er der schmalen Gestalt mit dem schulterlangen blonden Haar entgegensah.
    »Malin ...«
    »Oh, Cris! Es tut mir so leid!«
    Tränen schimmerten in Malin Kjellands Augen, als sie stehenblieb. Cris schlang die Arme um sie,

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