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Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen

Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen

Titel: Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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vielleicht noch einmal gebraucht würde. Jetzt brauchst du ihn, Vater. Charru lebt. Ich will, daß er am Leben bleibt - genau wie alle anderen.«
    Conal Nord nickte langsam.
    Einen Augenblick zögerte er. Dann atmete er tief durch, trat zum Kommunikator und ließ die Finger über das Schaltfeld gleiten.
    Die Laserfunk-Verbindung zur Venus kam schnell zustande. Das Gesicht des stellvertretenden Gouverneurs erschien auf dem Bildschirm.
    »Conal! Ich freue mich, daß Sie...«
    »Können Sie sofort eine Sondersitzung des venusischen Rats einberufen, Glendon?« fiel ihm der Generalgouverneur ins Wort.
    Sein Stellvertreter schluckte. »Selbstverständlich, Conal... «
    »Sehr gut. Die Lage ist folgende... «
    In knappen Worten schilderte Conal Nord die Situation. »Ich halte die Anwendung der Kriegsgesetze auf die merkurischen Rebellen für einen krassen Rechtsbruch«, schloß er. »Es handelt sich nicht um feindliche Angreifer, sondern um Bürger der Vereinigten Planeten. Mein Bruder und seine Freunde sind Venusier, wie Sie wissen. Die Vorfahren der Terraner um Charru von Mornag wurden damals mit Gewalt auf den Mars gebracht und damit praktisch in die Gesellschaft der Vereinigten Planeten eingegliedert, wenn auch unter zweifelhaften Vorzeichen. Ob sie außerhalb des marsianischen Gesetzes stehen oder nicht, maß erst noch geklärt werden. Aber es maß geklärt werden, bevor General Kane die Hälfte eines Volkes ausrottet.«
    Zwei Sekunden lang wurde es still.
    »Ja«, sagte der stellvertretende Gouverneur. »Ich verstehe, Conal.«
    »Das freut mich, Glendon. Was ich jetzt brauche, ist ein offizieller Beschluß des venusischen Rates. Wenn der Rat einstimmig gegen General Kanes Vorgehen protestiert, einen regulären Prozeß gegen die Merkur-Rebellen verlangt und andernfalls Gegenmaßnahmen androht, wäre mir sehr geholfen.«
    Wieder blieb es für ein paar Sekunden still.
    Conal Nord wußte, welchen Rückhalt er auf seinem Heimatplaneten hatte. Die Gefahr, die von einem freien, bewaffneten Merkur ausging, hatte ihn für eine Weile an der völligen Loyalität des Rates zweifeln lassen. Jetzt war diese Gefahr gebannt. Jetzt ging es in den Augen der Venusier nur noch um Leben oder Tod einiger Gefangener, von denen einer der Bruder ihres Generalgouverneurs war. Conal Nord wußte, daß ihm niemand in den Rücken fallen würde.
    »Keine Schwierigkeiten, Gouverneur«, sagte sein Stellvertreter. »Wann brauchen Sie die Entscheidung?«
    »Vorgestern.« Nord lächelte freudlos.
    »Es ist eine Frage von höchstens zwei, drei Stunden. Ich melde mich wieder.«
    Die Verbindung brach ab. Laras Lippen zitterten, als sie ihren Vater ansah.
    »Glaubst du, daß es etwas nützt?« flüsterte sie.
    Conal Nord fuhr sich mit der Hand über die Stirn.
    »Nützen wird es auf jeden Fall etwas«, bestätigte er. »Vergiß nicht, daß das eigentliche Ziel erreicht und der Unsicherheitsfaktor Merkur ausgeschaltet ist. Ob die Rebellen sterben oder am Leben bleiben, spielt für die Bevölkerung jetzt nur noch eine Nebenrolle.«
    Lara zog die Unterlippe zwischen die Zähne.
    Sie spürte, wie die Händchen des kleinen Erlend spielerisch am Stoff ihrer venusischen Tunika zerrten. Verzweifelt fragte sie sich, ob er seinen Vater je kennenlernen würde.
    »Und wenn Jessardin nicht will?« fragte sie. »Glaubst du, daß du ihn zwingen kannst?«
    Nord schwieg einen Moment. Er hätte gern etwas Beruhigendes gesagt, aber er wollte nicht zu viel Hoffnung wecken.
    »Ich weiß es nicht, Lara«, sagte er leise. »Aber ich verspreche dir, daß ich alles tun werde, was in meiner Macht steht. «
    *
    Am Nachmittag verwandelte der Glutball der Sonne die Ebene in einen hitzeflimmernden Backofen.
    Inzwischen hatte auch General Kane Bilanz gezogen. Er war zufrieden. Trotz der anfänglichen Rückschläge hatte er seine Aufgabe voll erfüllt. Die Maßnahmen, die er jetzt noch anordnen mußte, empfand er als unangenehme Pflicht, aber sie waren logische Fortsetzung seiner Aufgabe.
    Für die Menschen, die in kleinen Gruppen, abgeschnitten von ihren Gefährten, in den Zellen der »Sirius« hockten, wurde das Warten zur Qual.
    Camelo beschäftigte sich damit, die zerrissenen Saiten seiner Grasharfe zu reparieren.
    Charru beobachtete ihn und fragte sich, ob sein Blutsbruder wirklich glaubte, das Instrument noch einmal zu brauchen. Jarlon kauerte auf dem Rand einer Andruck-Liege und schlang die Arme um die Knie. Niemand hatte es ihm gesagt, aber er wußte, was den Männern in der

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