Söhne der Erde 23 - Jenseits Von Tausend Sonnen
hatten.
»Wir verstehen«, bestätigte die blecherne Stimme. »Wir werden das Problem lösen, indem wir euch künstliche Pheromone zur Verfügung stellen, die Friedfertigkeit signalisieren. Folgt uns bitte!«
Charru runzelte die Stirn.
Künstliche Pheromone, klang es in ihm nach. Duftstoffe, die Aggressivität und feindliche Gefühle überlagern - und die friedlichen Grauhäutigen täuschen konnten.
Zum zweitenmal stellte sich Charru die Frage, was die Anwesenheit der Enzyklopen auf diesem Planeten wirklich bedeuten mochte.
Er war sehr nachdenklich geworden, als er den Gastgebern über die schwingende Bodenmembran zu einem der Schiffe folgte.
VI.
Das Festmahl vollzog sich in einer Atmosphäre, in der Charru ständig das Gefühl hatte, daß die Gäste beobachtet, ausgehorcht, abgeschätzt wurden.
Die Grauhäutigen ließen sich tatsächlich von den künstlichen Pheromonen täuschen. Ob die Enzyklopen sie ebenfalls benutzten, um ihre wahren Absichten zu verbergen, war mit dem schwach entwickelten menschlichen Geruchssinn nicht festzustellen. Für die Besatzung der »Kadnos« und selbst für die Merkur-Siedler wirkte das unvertraute, feierliche Zeremoniell ohnehin eher beklemmend. Die Terraner waren auf der Erde so oft mit fremden Bräuchen in Berührung gekommen, daß sie sich wesentlich leichter anzupassen vermochten. Dennoch beobachtete Charru den Verlauf des Festmahls mit wachsendem Unbehagen, und die Gesichter seiner Gefährten verrieten, daß es ihnen genauso ging.
Die Herren dieses Planeten, die eigentlichen Gastgeber, agierten als Diener.
Was sie zubereiteten und servierten, wirkte für das Auge wenig befriedigend, doch es entpuppte sich als Folge vielfältiger, raffinierter Köstlichkeiten. Höchster Genuß für die »Allwissenden« - das war spürbar an ihrer Haltung, ihrer Ausdauer, den wohlig-trägen Bewegungen ihrer elastischen Körper, obwohl sich den flachen, eckigen Gesichtern keinerlei Ausdruck entnehmen ließ. Charru erinnerte sich an die Verwunderung, die die Enzyklopen angesichts der Tatsache gezeigt hatten, daß die Menschen gezwungen waren, ihre Hände als Werkzeuge zu benutzen. Mit ihren eigenen verkümmerten Armstümpfen konnten die Fremden aus dem All tatsächlich wenig mehr anfangen, als das Gleichgewicht halten. Sie mußten nicht nur bedient, sondern auch gefüttert werden. Sie dirigierten, auf lautlose Art, ihre Gastgeber wie Sklaven. Und sie dirigierten - das zeigte sich, als sie die Menschen schließlich in eins der Schiffe führten - ihre Geräte und Maschinen allein mit der Kraft ihrer Gehirne, mit energetischen Impulsen, die jeden Handgriff überflüssig machten. Eine phantastische Leistung zweifellos. Eine Leistung, die die »Allwissenden« selbst offenbar als Gipfelpunkt des Fortschritts betrachteten. Und doch hatte dieser Fortschritt sie der Fähigkeit beraubt, unabhängig von Maschinen und technischen Hilfsmitteln zu existieren.
Aber ging es nur um die Abhängigkeit von Maschinen und technischen Hilfsmitteln?
Charru gewann den Eindruck, daß die Fremden aus dem All sehr wohl Hände benötigten - die Hände von Dienern. Sie selbst hatten nicht einmal Finger. Die Armstümpfe waren an den Enden lediglich mit merkwürdigen, fast metallisch schimmernden Öffnungen versehen. Charru überlegte, wozu die dienen mochten, aber er kam nicht dazu, lange darüber nachzudenken.
Selbst die Marsianer erlagen allmählich der Faszination all der neuen Eindrücke.
Durch die Sprach-Decoder teilten die Enzyklopen ihren Gästen mit, daß man gern bereit sei, sie mit der Technik der »Allwissenden« vertraut zu machen. Ein Vorschlag, der den Menschen aus der »Kadnos« nur willkommen sein konnte. Denn noch hatten sie die Hoffnung nicht aufgegeben, daß ihnen die Technologie der Fremden vielleicht dazu verhelfen würde, einen Weg zurück ins Sol-System zu finden.
Ken Jarel und die beiden marsianischen Techniker starteten wieder mit dem Beiboot, weil sie an Bord der »Kadnos« bei der schwierigen Reparatur des Überlicht-Antriebs gebraucht wurden.
Karstein blieb als Wache in der Landefähre, aber er achtete weniger auf das Boot als auf den uranischen Kommandanten, der keinerlei Bereitschaft zeigte, seine Feindseligkeit aufzugeben. Mark Nord, Dane Farr und Maik Varesco folgten der Einladung der Enzyklopen - allerdings ohne allzuviel Hoffnung darauf, daß es ihnen gelingen würde, sich deren völlig fremdartige Technik für ihr eigenes Ziel zunutze zu machen.
Die vier anderen begleiteten die
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