Söhne der Erde 26 - Neue Heimat Terra
aufzunehmen. Und doch: Welche Wahl hatte er gehabt, wenn er verhindern wollte, daß die Situation seiner Kontrolle entglitt? Waren sie nicht alle überzeugt gewesen, daß Bar Nergal keinen weiteren Verrat mehr wagen würde, daß er ...
Charru hörte auf zu denken.
Mit einem Handgriff öffnete er das Außenschott der Schleuse. Die Gangway war ausgefahren, und über die Stufen kamen, unsichtbar für die Marsianer, die beiden Männer in ihrer schützenden Vermummung.
Charru, Camelo und Mark erkannten sie erst, als sie die Sichtscheiben ihrer Helme hochschoben.
Jarlon war blaß unter dem dunklen Bronzeton seiner Haut. Erein von Tareth wischte sich den Schweiß von der Stirn. Seine Stimme klang rauh vor Erregung.
»Bar Nergal ist tot«, sagte er knapp. »Wir haben eine Revolte vorgetäuscht, um die Marsianer abzulenken. Aber sie werden das Schiff entdecken, sobald sie dazu kommen, jemanden unter Wahrheitsdrogen zu vernehmen.«
Eine Viertelstunde später kannten Charru und die anderen die ganze Geschichte.
»Wir hatten keine Wahl«, schloß Erein von Tareth. »Bar Nergal muß den Verstand verloren haben. Oder vielleicht hat er sich darauf verlassen, daß es sinnlos für uns sei, ihn umzubringen, weil die Marsianer der Sache so oder so auf den Grund gehen würden. Es war ja auch sinnlos«, setzte er hinzu.
»Ich konnte nicht anders«, sagte Jarlon heiser. »Ich - ich wünschte nur, daß es nicht auf diese Art geschehen wäre. Daß er sich gewehrt hätte, daß er mich nicht gezwungen hätte, seinen Rücken zu treffen.«
Charru legte ihm beschwichtigend die Hand auf die Schulter. »Ich hätte genauso gehandelt. Er mußte damit rechnen. Er mußte wissen, daß er diesmal zu weit ging.«
Jarlon senkte den Kopf. Einen Augenblick herrschte bedrückende Stille.
Charru spürte eine seltsame Leere in sich. Solange er zurückdenken konnte, hatte er den Oberpriester gehaßt. Jetzt, da er nicht mehr lebte, war er plötzlich nur noch ein kläglicher alter Mann, der nicht einmal im Tod begriffen hatte, daß er immer nur die zappelnde Marionette der marsianischen Wissenschaftler war.
»Und jetzt?« fragte Gillon von Tareth, dessen kühle Nüchternheit wieder die Oberhand gewann.
»Wir haben nicht viel Zeit«, sagte Erein. Sein Blick wanderte zu Dane Farr, Mark Nord und den anderen Merkur-Siedlern. »Können wir mit der »Kadnos« einen Angriff abwehren?«
»Auf keinen Fall einen Angriff mit schweren Waffen.« Maik Varesco gab die Antwort, der es am besten wissen mußte.
»Sie werden mit schweren Waffen angreifen«, sagte Gillon überzeugt. »Es sei denn, daß sie die Sache mit dem Zeitfeld einfach nicht glauben. Und das kann ich mir nicht vorstellen. Es ist die einzige plausible Erklärung für die Rätsel, die ihnen das Verschwinden des Schiffs aufgegeben haben muß.«
Charru nickte.
Sekundenlang starrte er ins Leere. Seine Gedanken arbeiteten, suchten fieberhaft nach einem Ausweg. Schließlich wandte er sich an Ktaramon, der schweigend zugehört hatte.
»Gibt es eine Möglichkeit, mit eurem Transmitter den Mars zu erreichen?«
»Nicht für euch, das weißt du. Für uns ja. Wir können überallhin zurückkehren, wo wir einmal waren. Damals haben wir die Basis unter der Sonnenstadt zerstört. Aber in den Jahrhunderten, die wir auf dem Planeten verbrachten, sind noch an anderen Orten Transmitterfelder entstanden.«
Charru nagte an der Unterlippe. »Fest steht, daß wir nach Kadnos müssen. Da wir in einer offenen Auseinandersetzung keine Chance haben, bleibt uns nur der Versuch, mit Jessardin zu verhandeln!«
»Aber wir können nicht ...«, begann Mark Nord.
»Ich weiß, daß wir nicht mit dem Schiff ins innere System durchbrechen können. Im Gegenteil: Selbst wenn wir stillhalten, wird es schwierig genug werden, die Zerstörung der »Kadnos« zu verhindern. Ich sehe nur eine einzige Möglichkeit. Ich werde mich stellen und ...«
»Du bist verrückt«, fuhr sein Bruder auf.
»Denk nach, Jarlon! Sie werden mich nicht einfach umbringen, das weißt du genau. Solange sie mit mir beschäftigt sind, werden sie vermutlich weder das Schiff angreifen noch etwas gegen die Gefangenen im Camp unternehmen. Und es ist die einzige Chance, überhaupt an Jessardin heranzukommen.«
»Das glaubst du!« Jarlon schüttelte heftig den Kopf. »Aber was ist, wenn sie dich unter Wahrheitsdrogen setzen, alle Informationen aus dir herauspressen und dich dann als Geisel benutzen?«
Charru lächelte matt. »Sie werden es versuchen, das ist mir
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