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Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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er ungehalten.
    Ohne sich nach ihr umzusehen, trat er aus dem Haus, unter den Nachthimmel, an dem der Mond hing wie ein von innen ausgeleuchteter Kürbis. Er wusste, dass Florine ihm dichtauf folgte.

     
    Sie glichen großen Katzen, obwohl sie auf zwei Beinen durch die Nacht glitten und nicht auf vieren. Florine zählte vier von ihnen, aber genau wusste sie es nicht, da sie ständig ihre Positionen wechselten. Einmal waren sie neben der Kutsche, kurz darauf liefen sie voran, um nach einiger Zeit wieder zurückzufallen. Vor dem mächtigen Gebäude des Bicêtre teilte sich das Geleit der Vampire auf, um ein Stück dahinter wieder zusammenzufinden. Die Kutsche wurde langsamer und beschrieb einen großen Bogen durch eine Vielzahl an Schlaglöchern, um das Ziel zu umfahren, ehe sie von der anderen Seite darauf zuschaukelte. Der Umweg kostete Zeitund es blieb ungewiss, ob sie tatsächlich auf das richtige Feld zusteuerten. In geringem Abstand zu einer weiten Fläche, auf der sich außer Stoppeln und Erdbrocken nichts befand, zügelte Saint-Germain die Pferde. Darüber schwebte ein orangefarbener Mond.
    Florine musterte Mica, der ihr gegenüber saß. Es war unglaublich, dass er ihr Vater sein sollte. Andererseits gab es keinen Grund, weshalb er so vehement darauf bestehen sollte, wenn er es nicht tatsächlich war. Äußerlich betrachtet konnte er eher ihr Bruder sein, vom Alter her ihr Ur-ur-ur-et-cetera-Großvater. Was daraus entstehen würde, wusste sie nicht, außer dass sie das Kind eines sehr reichen Mannes war. Vom Findelkind zur Tochter des Leibhaftigen, das war ein gewaltiger Aufstieg oder ein furchtbarer Niedergang, je nachdem, von welchem Blickwinkel man es betrachtete.
    »Sind wir hier richtig?«
    »Davon kannst du ausgehen«, entgegnete Mica trocken. »Sie werden jeden Moment auftauchen.«
    Kaum hatte er das gesagt, dröhnten dumpfe Glocken in ihren Ohren. Tiefes Brüllen aus mehreren dämonischen Kehlen. Hastig sah sie sich nach dem Schwert um. Es lag über Micas Knien, seine Hand lag um den Griff, während er selbst zurückgelehnt in den Polstern saß.
    »Du wirst gleich sehen, dass dein Liebhaber unsere Hilfe nicht benötigt.«
    Zunächst sah Florine einen einsamen Reiter, der in gestrecktem Galopp das Feld erreichte. Tief über den Hals des Rappen geduckt, schleuderte Bertrand ein Behältnis von sich, beschrieb einen großen Bogen und verschwand am Ende des Feldes zwischen einer Baumreihe. Er hatte sein Versteck zum richtigen Zeitpunkt erreicht, denn kurz darauf kamen die Namenlosen angerannt. Sie zählte fünf, acht …
    »Es sind neun!«, stieß sie aus und widerstand dem Drang, sich unter dem Kutschenfenster fortzuducken.
    Die Monstren schwärmten über das Feld, waren in der Mitte angelangt und wurden langsamer. Vielleicht ahnten sie die Falle. Die Vampire hatten sich offensichtlich zurückgezogen, und die Werwölfe tauchten nicht auf. Wo blieben sie? Und was würde geschehen, wenn die Namenlosen in Ermangelung anderer Gegner die Kutsche entdeckten?
    »Das Schwert, Mica«, raunte Florine. »Gib es mir!«
    »Was willst du damit? Ihnen ein Bein stellen?«
    Äste brachen, die Baumreihe rauschte und drei riesige Ungetüme brachen aus ihrer Deckung hervor. Anders als die Namenlosen besaßen sie keine Ähnlichkeit mit einem Menschen. Ihnen an Größe gleich, waren ihre Körper langgestreckt, und die breiten Schädel liefen in spitzen Schnauzen aus. Ihr Fell war dunkel und dicht, und zwischen ihren langen Beinen wieselten kleinere Gestalten herum. Eindeutig Wölfe.
    »Was …«
    Die drei übergroßen Wolfsgestalten rasten auf die Namenlosen zu. Diese gelangten auf die Hinterbeine, ihr Röhren brandete in den Nachthimmel hinauf. Sie fielen auf die Vorderpfoten zurück und trabten behäbig auf ihre drei Gegner zu, einen Halbkreis um sie legend. Die Distanz verringerte sich, Erdbrocken flogen auf und Staub sank über die zwölf Ungeheuer und die um vieles kleineren Wölfe.
    »Erkennst du ihn nicht? Er rennt an der Spitze, der Leitwolf, die braune Bestie. Das ist Cassian, dein Cassian, wenn das Licht des Vollmondes ihn trifft.«
    Was sollte diese perfide Einflüsterung? Es konnte nicht Cassian sein. Sie hatte ihn gesehen, den Wolf, und das da auf dem Feld besaß keine Ohren und offensichtlich auch keine Augen, oder beides war zu klein, um es in der Dunkelheit erkennen zu können. Als er das Maul aufriss, schien er aus nichts anderem mehr zu bestehen als einem weit geöffneten Schlund, aus dem lange Zähne ragten.

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