Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
Vom Netzwerk:
die Muskeln dehnte, knisterte es schon wieder. Er zog das kratzige Kissen unter seinem Kopf hervor, schlug die Augen auf und wendete das lädierte Etwas in der Hand. Was war das? Die blauen Bänder, die vor seinen Augen baumelten, verliehen dem Strohteil eine vage Ähnlichkeit mit einem Hut. Achtlos ließ er ihn zu Boden fallen.
    Sonnenlicht fiel ungefiltert durch die Fenster. Da es ihm Kopfschmerzen bereitete, beschattete er die Augen mit der Hand. Erst als die Sonne ihn nicht mehr blendete, bemerkte er die beiden Männer vor seinem Bett. Juvenal und Ruben standen da und lächelten ihn an. Vielmehr wirkte Rubens Grinsen beängstigend trunken, und wann er das letzte breite Lächeln an seinem Vater gesehen hatte, wusste er nicht zu sagen. Offenbar fanden sie Gefallen daran, einen nackten Mann im Schlaf zu beobachten. Ehe Cassian eine passende Bemerkung dazu einfallen wollte, schmetterte Juvenal aus vollen Lungen:
    »Dem Himmel sei Lob und Dank!«
    »Nicht so laut.«
    Lachend trat Juvenal an das Bett und umfasste Cassians Gesicht mit den Händen. »Junge, Junge!«
    Dieser ungewöhnliche und seltene Ausbruch väterlicher Zuneigung erfüllte Cassian mit Skepsis. Er war kein Junge mehr, musste allerdings in der vergangenen Nacht sturzbetrunken gewesen sein, wenn er diesen Eindruck hinterlassen hatte. Wie es aussah hatte er nicht alleine getrunken. Die Matratze senkte sich unter Juvenals Gewicht. Es sah ganz danach aus, als wolle er ihn küssen. Du lieber Himmel! Cassian versteifte sich, als tatsächlich zwei feste Küsse auf seinen Wangen zerplatzten. Zeit sich davon zu erholen blieb ihm nicht. Juvenal zwang ihm eine Umarmung auf und schlug mit der flachen Hand auf seinen Rücken ein. Noch bedenklicher war, dass Ruben sich dazugesellte. Sein großer Bruder wuschelte ihm so heftig über Kopf und Haar, als gelte es hartnäckige Flecken fortzupolieren. Das war genug der Sympathiebekundungen. Er wand sich aus der Umarmung seines Vaters und schlug Rubens Hand beiseite.
    »Was soll das?«
    »So ein Glück! Du hast ein so verfluchtes Glück, Junge. Es stand auf Messers Schneide.«
    Sobald Juvenal von ihm abließ, fiel Cassian haltlos in die Kissen zurück und stierte in den flaschengrünen Brokat des Betthimmels hinauf. In seiner linken Seite setzte ein Pochen ein. Es flackerte bis zu seiner Hüfte hinab. Als er die Hand darüber legte ertastete er Wülste. Über seinen Rippenbögen wölbten sich zwei lange Narben, purpurfarben begannen sie in der Höhe seines Brustkorbs und endeten am Beckenknochen.
    »Was ist geschehen?«
    »Wir sind in die Katakomben gestiegen.« Ruben setzte sich auf die freie Bettkante. »In einem der Gänge kam uns ein Namenloser in die Quere. Du hast ihn getötet.«
    Eine vage Erinnerung an Dunkelheit, den Geruch von feuchtem Erdreich, Knochen im Schein flackernder Fackeln kehrte zurück.
    »Ruben hat ihn getötet. Durch einen Schuss aus nächster Nähe. Unsere ersten Kugeln haben knapp sein Herz verfehlt«, knurrte Juvenal. Seine beschwingte Stimmung war dahin.
    »Cassian hat gekämpft wie es keiner besser könnte und unseren Ahnen Ehre gemacht. Es war großartig. Du warst großartig, Cassian.«
    Zwei Narben waren von diesem großartigen Moment geblieben. Von einem ebenso großartigen Kampf wusste Cassian nichts.
    »Er hat sich in Gefahr gebracht. Es war absolut unnötig. Du hast unüberlegt und impulsiv gehandelt, Cassian. Es fehlte nicht viel und du wärest getötet worden.«
    »Na, ich bin ja noch am Leben.«
    Das war die definitiv falsche Antwort. Unvermittelt schlug Juvenal die Faust in die Matratze. »Sapperlot! Du warst nicht in der Lage, dich zurückzuverwandeln. Hast du eine Ahnung, wie es uns dabei ergangen ist? Ohne diesen beschissenen Hut, an dem du herumgeschnüffelt hast wie ein Idiot, könntest du nicht so großspurig daherreden!«
    »Hör auf rumzubrüllen. Ich habe Kopfschmerzen.«
    »Ich brülle nach Belieben und Bedarf! Es ist nicht im Geringsten amüsant, eines meiner Kinder sterben zu sehen! Ich habe Alba verloren. Ihr wisst beide, was eurer Schwester zugestoßen ist. Ich wünsche keine weiteren Desaster in meiner Sippe!«
    Nach Jahren des Schweigens fiel der Name ihrer Schwester. Alba war zur Bestie geworden, hatte gemordet und sinnlos gewütet, nichts hatte sie aufhalten können. Ihr mörderisches Treiben und ihr Tod, durch Juvenal herbeigeführt, waren ein Tabuthema.
    Niemand sagte etwas, einzig Juvenals schweres Keuchen war zu hören. Er versetzte dem Bettpfosten einen brutalen

Weitere Kostenlose Bücher