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Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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diesem Anblick ihre Abneigung gegen ihn.
    »Mica! Renn so schnell du kannst!«
    Tatsächlich bewegte er sich unglaublich schnell, aber er rannte nicht davon, sondern auf das Ding zu. Etwas sirrte durch die Nachtluft, gefolgt von einem durchdringenden Kreischen, das bis zu den Sternen hinaufstieg. Mica war verschwunden, und das Ungeheuer wirbelte herum. Blitzartig tauchte der Vampir wieder auf. Während sein riesiger Gegner sich drehte und um sich schlug, bewegte er sich wie ein Tänzer, der auf dem Parkett seine Pirouetten drehte. Das Kreischen war die kranke Melodie zu seinem irrlichternden Schwertkampf. Es bohrte sich in Florines Schädel wie zuvor der Holzsplitter in ihre Hand. Immer wieder schlug Mica zu. Sein Gegner stellte sein Gebrüll ein. Geifer floss aus seinem aufgerissenen Maul und Blut aus seinen Wunden.
    Eine Pause trat ein, ein kurzer Augenblick des Stillstands, in dem Mica sein Schwert mit beiden Händen packte, und die lange Klinge auf die Missgeburt zusauste. Diese entging mit einem Satz dem tödlichen Hieb und rannte auf Florine zu. Der leibhaftige Tod, ein rasendes Ungetüm, in dessen weit aufgerissenes Maul sie hineinstürzen würde. Sie rannte auf das Haus zu, stolperte über einen leblosen Körper, den sie übersehen hatte, und schlug zu Boden. Das war das Ende. Sie rollte sich auf den Rücken, um ihm offenen Auges zu begegnen. Ein Wutschrei hallte über den Hof und Mica landete über ihr. Seine Stiefel trafen so hart auf den Boden links und rechts von ihr auf, dass Dreck aufstob. Ein Windstoß drückte sie nieder, zerrte an ihren Haaren und riss den Atem von ihren Lippen. Sie musste die Augen schließen gegen den Staub und die kleinen Sandkörnchen, die ihr Gesicht trafen.
    Dann trat Stille ein. War sie tot? Im Tod gab es bestimmt kein Gebrüll und kein Kreischen und auch keinen Wind aus dem Nichts. Hatte dieser sie vor die Himmelspforte geweht oder vor den Einlass zur Hölle? Wie auch immer, die Gefahr war endgültig vorüber. Ihr Herzschlag pulsierte durch ihren Körper und machte ihr bewusst, dass sie noch am Leben war. Zaghaft öffnete sie ein Auge. Das Erste, was sie sah, war eine zuckende Vorderpranke, aus der lange Krallen ragten. Das Zweite war Mica, der auf der Brust der sterbenden Kreatur stand und sein Schwert hineinbohrte. Er drehte es, zog es wieder heraus, stieß abermals hinein, drehte es … Er gebärdete sich wie ein Irrsinniger inmitten einer Fontäne aus Blut. Es traf auf sein Hemd, floss über seine Hose, spritzte in sein Gesicht, bis in sein Goldhaar hinein.
    »Es ist tot, Mica.«
    Ein letztes Mal zerrte der Vampir seine Klinge hervor, es schmatzte, als sie sich aus dem Fleisch löste. Er sprang von der breiten Brust herab und kam auf sie zu. Sein Atem kam in schnellen Stößen, und seine Augen glühten überirdisch. Florine griff nicht nach der blutverschmierten Hand, die er ihr hinstreckte, um ihr vom Hofpflaster aufzuhelfen. Aus eigener Kraft kam sie auf die Füße und wankte auf den Berg aus Fleisch, Fell und seltsam rosiger Haut zu, die hindurchschimmerte.
    »Was ist das für ein Dämon?«
    »Ein Namenloser. Ich habe dir versprochen, dass ich dich schützen werde, Kind. Nichts wird dir in meiner Nähe etwas anhaben.«
    Ein Namenloser. Das klang einleuchtend. Solche Wesen besaßen keine Namen. Sie wich zurück, prallte gegen Mica und hatte das Gefühl, gegen eine Wand zu laufen. Es erinnerte sie daran, was er selbst war. Ein wandelnder Toter. Ein Vampir, dessen Körperwärme sie unvorbereitet traf und ein Frösteln in ihr auslöste. Hastig entzog sie sich seiner unmittelbaren Nähe.
    »Komm ins Haus, Kind.«
    »Aber was ist mit …? Wir können den Kutscher nicht einfach hier liegen lassen.«
    Über die Beine des Mannes, die unter dem Kutschbock hervorragten, war sie gefallen. Leider hatte der Tod den Falschen ereilt, denn es waren nicht Saint-Germains Beine. Eines der Pferde hatte sich aus seinem Geschirr gerissen und die Flucht ergriffen, das andere lag verendet vor der Kutsche.
    »Ich kümmere mich darum. Es gibt nichts, worüber du dir Gedanken machen müsstest, Kind. Überlasse alles mir.«
    Hier und jetzt nahm sie diesen Vorschlag nur zu gerne an. Einen Bogen um den Namenlosen schlagend, hastete sie auf das Haus zu, in den Schutz seiner dicken, grauen Mauern.

     

7
     
    S
ie waren eine Großfamilie gewesen. Vier Kinder unterschiedlichen Alters, ihre Eltern und eine alte Dame. Letztere war noch am ehesten zu erkennen, trotz des Blutes, das aus den Spitzen ihrer

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