Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes
ist anders. Wenn er nicht schon krank ist, wird er es bald sein.«
»Er ist erschöpft, hast du daran schon gedacht?«, mischte Ruben sich ein. »Und außerdem ist er frustriert.«
»Ich weiß wie Cassian auf Frustration reagiert, Ruben. Darüber musst du mir keine Vorträge halten.«
Ihre Worte gingen mit einem Heben ihrer überkreuzten Arme einher, was ihre Brüste nahezu gänzlich aus dem Dekollete hob. Das Angebot war unmissverständlich, ebenso wie Rubens stumme Reaktion. Mit zunehmender Ungeduld gewahrte Juvenal den Glanz in den Augen seines Sohnes. Der Blick gehörte einem Wolf, der sich zur Jagd entschieden hatte.
Sarah wandte sich wieder Juvenal zu. »Was wirst du also unternehmen?«
Er blinzelte Sarahs Brüste an. Erwartete sie etwa eine Antwort? Aufgebracht über diese Zumutung blaffte er sie an. »Ich kann ihm schlecht vorschreiben, mit wem oder wie oft er vögelt!«
»Stimmt, obwohl dir das ziemlich spät einfällt«, gab Ruben zum Besten und grinste.
In einer seltenen und für ihren Rang unangebrachten Impertinenz wurde Juvenal von Sarah taxiert. Was dachte sie sich? Sie war keine Alpha und er das Oberhaupt einer Sippe. Exakt daran schien sie ihn wortlos erinnern zu wollen.
»Ruben! Mach dich auf den Weg!«, bellte Juvenal.
»Wohin?«
Vage fuhr Juvenals Hand durch die Luft. »Zu irgendeiner teuren, wohlriechenden Kurtisane. Gibt ja genug davon.«
»Also …«
»Ein Blumenmädchen vom Markt wird es wohl auch tun. Hauptsache, sie gefällt seiner Nase und ist neu für ihn. Auf die Schnelle wirst du leider kein unberührtes Mädchen auftreiben, das würde ihm den meisten Appetit machen.«
Ruben lümmelte sich tiefer in seinen Fauteuil.
»Worauf wartest du noch?«
»Ohne mich.«
Die Weigerung machte Juvenal sprachlos. Seitdem er in Paris war, hielt sich jeder für befugt, seine Geduld zu strapazieren. Kurz überlegte er, ob er seinem Sohn den offenen Widerstand mit einigen Maulschellen vergelten sollte. Die Mühe lohnte nicht.
»Es liegt an dem Mädchen, die mit den rötlichen Haaren«, brachte Sarah sich wieder ein. »Sie musst du holen.«
Sarah wollte Cassian halten, doch vor diesem Wunsch stand die Pflicht einer Rudelwölfin gegenüber ihres Alpha. Ihr eigenes Vergnügen, sogar ihre Vorrangstellung traten dahinter zurück. Das Rudel richtete sich stets auf seinen Leitwolf und sein Wohlbehagen aus, da bildete Sarah keine Ausnahme.
»Ruben! Setz dich in Bewegung!«
»Nein. Du hast gegen das Mädel Stellung bezogen und sie aus dem Haus getrieben, jetzt sieh zu, wie du damit zurande kommst. Sie ist bei Madame Chrysantheme. Ihr Haus ist überall bekannt.«
Er sollte mit einer kleinen Dirne verhandeln, die seinem Sohn den Kopf verdreht hatte? Wie immer es ihr gelungen war, versöhnliche Worte verdiente sie dafür nicht. Da Ruben in den weichen Polstern festgewachsen war und Sarahs blitzende Augen ihn bedrängten, erhob sich Juvenal, nicht ohne sein Elend durch lautes Schnauben kundzutun.
»Wo finde ich dieses Chrysanthemen Haus?«, spie er regelrecht aus.
»In Versailles. Du kannst es nicht verfehlen. Da es derzeit eine Baustelle ist, folgst du einfach dem Lärm.«
Mit diesem unkonkreten Anhaltspunkt versehen, ging Juvenal steifbeinig davon. Er schnaubte weiter, während ein Pferd für ihn gesattelt wurde. Die Hitze flirrte, und er musste mitten hindurch reiten, während Ruben garantiert keine Zeit verlor und sich bereits mit Sarah vergnügte. Ein Schweißtropfen rann über Juvenals Rückgrat. Ehe er in den Sattel stieg, zog er seine Schuhe aus und knöpfte sein Hemd bis zum Nabel auf. Gegen die Windstille half nur eines: ein schneller Galopp. Es war ihm gleichgültig, ob die Bauern auf den Feldern ihn für einen Zigeuner hielten, der nach dem Diebstahl eines kostbaren Rappen auf der Flucht vor seinen Verfolgern war.
Der Rappe stürzte sich zielstrebig auf den Schatten und die Pferdetränke, blind für die Handwerker, die mit Eimern, Kisten und Brettern den Hof kreuzten. Hammerschläge drangen aus dem Hausinneren bis auf die Straße und zu den nachbarlichen Grundstücken. Juvenal wurde von einem Dunst aus Farbe und sehr feinem Staub begrüßt. Anweisungen und Dispute mischten sich in das laute Hämmern. Am liebsten hätte er kehrt gemacht. Ehe er das Haus unverrichteter Dinge verlassen konnte, schmiegte sich eine Frau an seine Seite. Ihre Hand glitt in sein klaffendes Hemd und streichelte über seine schweißfeuchte Brustbehaarung.
»Hübscher, wo kommst du denn so plötzlich
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